So sympathisch mir die Suche nach der einen, für mich richtigen Aufnahme auch ist, so verfehlt halte ich sie andererseits dann doch.
Das Cellokonzert von Schumann ist eines der zentralen Werke der Gattung und wurde von jedem Großen der Cellosolisten eingespielt. Vom schon sehr alten Casals gibt es eine für Liebhaber durchaus eindrucksvolle schroff-dramatische Aufnahme. Piatigorsky, Starker, Gendron, Tortelier etc.: Allen kann man mit Gewinn zuhören. Rostropovich ist ein Gigant, auch beim Cellokonzert und ich halte seine Aufnahme mit Bernsteinfür großartig. Sie ist aber auch ein wenig bigger than life und wirkt in ihren Ansatz womöglich nicht mehr für jeden Hörer zeitgemäß. Mir ist das völlig egal. Kunst zum Niederknien. Es veranlasst mich aber, darauf hinzuweisen, dass das Konzert sehr unterschiedlich verstanden bzw. gespielt oder gehört werden kann:
Der Mensch in der Natur kann ein romantischgeprägter Ansatz sein. Hier befindet der Mensch sich einerseits in der schönen Natur, kämpft er aber auch leidenschaftlich gegen Schicksalsgewalten an. Andererseits schreibt Schumann in einem Brief: „Auch dieses Concert ist ein durchaus heiteres Stück.“ Darauf bezugnehmend ist bei Konold (Konzertführer Romantik) zu lesen: „Schumanns Hinweis auf den heiteren Charakter seines Cellokonzerts wird bis heute von den meisten Interpreten durch verschleppte Tempi und sentimentales Rubato ad absurbum geführt, ebenso die formale Anlage nicht verstanden.“
Die oben erwähnte Aufnahme von Alban Gerhardt ist cellistisch ein Traum. Rein technisch spielt Gerhardt für meine Ohrennahe an der Perfektion, weshalb es für mich unter diesem Aspekt ein Genuss ist, Gerhardt zuzuhören. Nur tue ich mich schwer zu sagen, was Gerhardt ausdrücken will. Ein wirklicher Eindruck stellt sich nicht ein. Kämpferisch ist es nicht, heiter aber auch nicht. Insgesamt gesehen daher ein zwiespältiger Eindruck. Der Vergleich mit Casals ist hochinteressant. Casals geht es nicht mehr um Technik, sondern um Dringlicheres - so höre ich es. Gerhardt hingegen geht dem, was hinter den Noten ist, aus dem Weg. Völlig legitim und auf seine Artbewundernswert. Es kommt eben darauf an, was man sucht.
Auf ähnlicher Linie übrigens ein Live-Auftritt von Müller-Schott in Hamburg vor vielen Jahren: Technisch bewundernswert, aber kein Wille, aufs Ganze zu gehen. Da stellt sich schon die allgemeine Frage: Weshalb trauen sich Manche heute nicht mehr, romantische Werkeromantisch, d. h. leidenschaftlich zu spielen? Seine Aufnahme gefällt mir übrigens gut.
Maisky unter Bernstein geht für meine Ohren andererseits zu weit. Extrem romantische, breite Soße. Von Heiterkeit ist nichts zu spüren. Höre ich danach Gerhardt, fühle ich mich wie befreit.
Von den moderneren Aufnahmen finde ich die von Mörk phänomenal. Für meinen Geschmack trifft er die goldene Mitte und seinen Celloton mochte ich schon immer. Coin/Herreweghe empfehle ich zudem sehr gern. Schließlich habe ich die Aufnahme von Altstaedt in guter Erinnerung. Die habe ich aber nur einmal gehört.
Sol Gabettas Celloaufnahmen mag ich insgesamt schon, im Vergleich gibt es aber stets welche, die mir mehr liegen. Auch bei Schumann springt der Funke nicht über.
Die zuletzt verlinkte Aufnahme von Hornung bei Youtube ist von der ersten Liga ein gutes Stück entfernt, meine auch ich. Das Cello klingt merkwürdig gedeckt. Weiß nicht, ob das an der Aufnahmetechnik liegt oder am Cello. Das Orchester spielt ebenfalls nicht ganz vorn mit.