Carl Loewe zum Entdecken – Empfehlungen zum Liedschaffen des pommerschen Balladendichters

  • Carl Loewe zum Entdecken – Empfehlungen zum Liedschaffen des pommerschen Balladendichters

    Carl Loewe? Kennt ihn noch jemand außer den eingefleischten Lied-Liebhabern? Ich selbst kenne ihn nur wenig. Einige Lieder bzw. Balladen, vor allem gesungen aus dem klassischen Balladen-Album von Prey, das war es schon. Unter dem wenigen mir Bekannten befinden sich indes wahre Perlen, die zu entdecken lohnen. Eine nenne ich gleich, andere nennen hoffentlich andere.
    Vielleicht verweilen wir jeweils ein wenig bei dem jeweils genannten Werk und tauschen uns aus, bevor wir zum nächsten übergehen? Wäre schön, muss aber nicht.

    Zum Einstieg: https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Loewe

  • Herr Oluf, op. 2 Nr. 2 (1821)

    „Herr Oluf“ ist in mehrfacher Hinsicht interessant:

    Textlich liegt das Gedicht „Erlkönigs Tochter“ von Herder zugrunde. Es handelt sich um ein dänisches Lied, das Herder übersetzte und das als Volkslied von Brentano/Arnim in „Des Knaben Wunderhorn“ aufgenommen wurde (siehe dazu: https://www.lieder-archiv.de/erlkoenigs_toc…att_500250.html, dort auch der Text; im Dänischen: „Elfenkönig“, es wird zumeist eine Falschübersetzung angenommen). Diesen Stoff aus Herders Gedicht verarbeitete Goethe in seinem bekannten „Erlkönig“ weiter. Der Vergleich von „Erlkönigs Tochter“ mit „Erlkönig“ ist klassischer Schulstoff.
    Musikalisch wirkt das Lied auf mich einfach gestaltet, aber sehr wirkungsvoll.

    Die Webseite „Der Kammermusikführer“ spricht von Archaik und Bedrohlichkeit: (https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/1103:( „Der spezifische Balladenton, wie er sich in der schmucklosen Archaik und düsteren Bedrohlichkeit dieses Erstlingswerks widerspiegelt, bestimmt auch Loewes Auffassung des Erlkönig, die sich von Schuberts Vertonung in charakteristischer Weise, besonders in der Darstellung der Geisterstimme unterscheidet. Herr Oluf ist ein weiteres Musterbeispiel für diese Form musikalischer Schauerromantik.“

    Interpretatorisch ist die Grundentscheidung zu treffen, ob es sich beim Helden um eine depressig-traurige, selbstmörderische Figur oder um ein Opfer dunkler Mächte handelt.

    Aufnahmen kenne ich drei: Prey/Engel 1972, Hampson/Parsons 1989, Neven/Eijsacker 2011.

    Hampson gestaltet musikalisch am intelligentesten und vielseitigsten, beeindruckend. Prey wirkt im Vergleich, wohl auch wegen der schlechteren Tonqualität, beinahe eintönig. Dennoch finde ich bei ihm, und es mag sein, dass sein dunkles Timbre dazu beiträgt, die größte Düsternis. Sehr positiv überrascht war ich von Henk Neven, den ich gar nicht kannte. Jung und frisch, sehr lebendig. Tolle Aufnahme!

  • Vielleicht nicht ganz passend, aber vielleicht trotzdem interessant :

    die Oehms-Einspielung ist ganz neu, sie wird auch bei JPC beworben. Sorry, wenn ich mich da zwischen die Lieder gemogelt habe mit.

    Und bei den Liedern kann auch CPO eine Komplett-Edition anbieten:

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ich sehe, auf Nevens CD ist auch Der Pilgrim vor St Just. Eine großartige Ballade auf einem Text von Platen. Hier übt sich Loewe in ausdrucksstarker Zurückhaltung. Für mich ein absoluter Höhepunkt seiner Liedkunst.
    Ich kenne diese CD nicht aber schon das Vorhandensein dieser Ballade wäre für mich ein Kaufargument.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ein Komplett-Loewe ist etwas für eingefleischte Loewianer. Werde mir wohl zum Geburtstag gönnen (paßt zu meinem Sternzeichen) aber bislang habe ich immer vor dem letzten Click gezögert. Loewe hat großartige Balladen komponiert aber auch viel Nebensächliches und er braucht immer Interpreten, die wissen, wie man die unsichtbare Grenze zum schlechten Geschmack nicht überschreitet. Deshalb begrüße ich diesen Thread, der als Wegweiser durch Loewes Liedschaffen dienen kann.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Carl Loewe habe ich lange nicht mehr gehört. Da ich mich gerade (ebenfalls nach einer langen Pause) für Hugo Wolf begeistere und im Beiheft einer Hugo Wolf CD stand, dass Loewe ein Vorbild für Hugo Wolf war, bin ich wieder neugierig auf Loewe geworden. Ich kannte Loewe nur von einer ausgeliehenen CD mit Hermann Prey (oben abgebildet). Jetzt habe ich mir folgendes gekauft:

    Die Interpretation von Florian Boesch und Roger Vignoles gefällt mir ausgezeichnet. Boeschs Stimme klingt wunderbar voll und natürlich, dabei vernachlässigt er nie die Textausdeutung. Vignoles ist ein ebenbürtiger Begleiter, der sowohl in dramatischen als auch in lyrischen Momenten überzeugt.

    Die Liedauswahl ist auch gut gelungen. Die vier Lieder op. 145 hätte ich zwar nicht unbedingt gebraucht, der Rest ist aber wirklich großartig: sehr lebendig, voller plastischer Ideen, machmal auch von berückender Schlichtheit. Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine meiner Lieblings-CDs wird.

    Viele Grüße

    Pizzicato :wink:

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