Nikolai Lugansky

  • Nikolai Lugansky

    Heute war ich spontan im Konzert und habe den Pianisten Nikolai Lugansky mit dem 3. Klavierkonzert von Rachmaninow kennengelernt. Ich und auch die Besucher in meiner Nähe waren danach begeistert, da hat für mich/uns alles gepasst. Technisch absolut sicher, und auch sonst alles bestens. Laut und kräftig gespielt, aber das ist diesem Stück ja angemessen.

    Zu meiner Überraschung wurde er erst hier 38mal erwähnt (die Suchfunktion liefert für Lugansky 34 Ergebnisse und für Luganski 4), durchaus kontroversiell. Daraus ein paar Zitate:

    Das Pianofestival Lille ging gestern abend mit einem fulminanten Rachmaninov Klavierkonzert Nr. 3 mit Nikolai Lugansky und dem Orchestre National de Lille unter Jean-Claude Casadesus zu Ende. Lugansky ist ohne Zweifel ein Ausnahmepianist und hat den Saal mit über 2000 Zuhörern zum Toben

    Dann die totale Enttäuschung: das 5. Beethoven-Konzert, das von Lugansky schwammig, unartikuliert und verweichlicht gespielt wurde.

    Höre gerade die 1. Sonate [von Rachmaninow, Anm.]: Das ist pianistisch und gestalterisch absolut delikat. Lugansky liebt die große Geste, er klingt "maskulin", ist deshalb im Lento zwar emotional aber niemals sentimental. Luganskys Klavierspiel ist so transparent und klar, so funkelnd und tiefgründig, dass man es nur lieben kann. Er baut die Sonate sehr klug auf, er hat den Blick für das große Ganze. Und im letzten Satz ist er auch herrlich rhythmisch prägnant.

    Enttäuschend war Nikolai Luganski, der zwar in pianistischer Perfektion Debussy Suite bergamasque, Chopin Barcarolle und etliche Preludes von Rachmaninoff gespielt hat aber mit einer selten erlebten Kühle nicht den Hauch eines Gefühls bei mir hervorgerufen hat . Zudem fand ich seinen Debussy , insbesondere das berühmte Clair de lune stilistisch zu unfranzösisch, zu romantisch.


    Auf Youtube gibt es einige Clips. Zudem ist er u.a. auf folgenden Aufnahmen verewigt:


    Schließlich noch wenige biographische Informationen:

    Nikolai Lugansky (Николай Львович Луганский) wurde am 26. April 1972 in Moskau geboren und erhielt seit seinem 6. Lebensjahr Klavierunterricht. Er studierte in Moskau und schnitt bei einigen Wettbewerben gut ab, unter anderem gewann* er 1994 den 10. Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau.

    Er arbeitet regelmäßig mit namhaften Dirigenten zusammen und gastiert in zahlreichen Konzertsälen (25. Nov. 2002 Debüt in bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, aber schon am 24. August 1994 Debüt im Wiener Musikverein im Rahmen des KlangBogen-Festivals) und bei einigen Festivals. Sein Repertoire enthält über 40 Klavierkonzerte verschiedener Epochen, außerdem tritt er auch in der Kammermusik auf.

    Heute unterrichtet er am Moskauer Konservatoium und ist außerdem künstlerischer Leiter des Rachmaninow-Festivals in Tambow. 2013 erhielt der den Titel "Volkskünstler Russlands".


    Eure Meinungen über diesen Pianisten würden mich sehr interessieren.


    *... Lugansky erhielt den zweiten Preis, da die ersten Preise in diesem Jahr nicht vergeben wurden. Begründung der Jury, die aus ehemaligen Preisträgern bestand: Die aktuellen Teilnehmer hätten nicht das Niveau der früheren. Naja...

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Spontan kann ich nicht viel beitragen - auch die ihm gewidmete CD aus der folgenden Sammung betreffend, die ich aber nicht im Ohr habe. Zu den großen Pianisten der Gegenwart wird man ihn aber allein schon von daher zählen dürfen - und ich wüsste zumindest nichts Gegenteiliges beizutragen.

    (Die Box enthält viel Interessantes, gar nicht so viel, das man bereits anderweitig besitzen dürfte (1) oder das überhaupt anderweitig erhältlich ist, allerdings auch manch Extremes oder (für mich) eher Fragwürdiges.)

    (1) Anderweitig besitze ich nur einige der Richter-Nummern. Ihm gelten berechtigterweise gleich drei Scheiben.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • unter anderem gewann er 1994 den 10. Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau

    Das ist so nicht richtig. Beim 10. Tschaikowsky-Wettbewerb 1994 wurde - ebenso wie zuvor 1982 und danach 2007 - ein Erster Preis nicht vergeben. Es gab also keinen Gewinner dieses Wettbewerbs. Nikolai Lugansky erhielt den 2. Preis.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Andererseits mag die Verleihung eines "2. Preises", wenn ein "1. Preis" nicht vergebn wird, soll ja bisweilen vorkommen, durchaus als "Gewinn" eines Wettbewerbs angesehen werden können, jedenfalls im Verhältnis zu den Mitkonkurrent*innen.

  • Danke, Wolfgang, für die Ergänzung und die Nennung der CD! Wenn er tatsächlich einer der bedeutendsten Pianisten der Gegenwart ist, dann umso besser, dass er jetzt einen eigenen Thread bekommen hat, und ich freue mich auch, dass ich ihn gestern hören konnte!
    Sollte er Dir in Zukunft mal unterkommen, würde ich mich freuen, wenn Du Deinen Eindruck (egal wie er ist) hier posten kannst :)

    Das ist so nicht richtig. Beim 10. Tschaikowsky-Wettbewerb 1994 wurde - ebenso wie zuvor 1982 und danach 2007 - ein Erster Preis nicht vergeben. Es gab also keinen Gewinner dieses Wettbewerbs. Nikolai Lugansky erhielt den 2. Preis.

    Das finde ich nicht. Wenn in einer Schulklasse die beste Mathematikschularbeit ein Zweier ist und es keinen Einser gibt, gibt es trotzdem einen Klassenbesten, nämlich den mit dem Zweier. Außerdem steht auf Wikipedia zu diesem Wettbewerb:
    1994 vergab die Jury, bestehend aus ehemaligen Preisträgern des Wettbewerbs in den Sparten Klavier, Violine und Violoncello keine ersten Preise mit der Begründung, die Teilnehmer hätten insgesamt nicht das Niveau ehemaliger Kandidaten.
    Was soll man denn dazu noch sagen, außer: "Solche Selbstbeweihräucher!"
    Trotzdem: Danke für die Ergänzung, und ich werde jetzt gleich meinen Ausgangsbeitrag edieren und die Angabe konkretisieren, damit es zu keinen Missverständnissen kommt.

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