Maria Callas - La Divina
Zwar gibt es schon zwei Threads zu Maria Callas, aber beide befassen sich mit Ausgaben ihrer Gesangshinterlassenschaft. Was ich hier eher anstrebe, ist der Versuch einer kritischen Würdigung ihrer Gesamtleistung, ihrer Bedeutung innerhalb des Genres 'Oper' und auch darüber hinaus.
Zunächst einmal die knappen Fakten.
* 2.12.1923 in New York - + 16.9.1977 in Paris.
Geboren als zweites Kind griechischer Einwanderer in New York. Die Mutter geht mit den beiden Töchtern nach der Scheidung 1937 zurück nach Athen. Dort erhält Callas ab 1938 Gesangsunterricht bei Elvira de Hidalgo. 1941 dann dort ihr Bühnendebüt in 'Bocaccio' von Franz von Suppé. Nach dem Krieg versucht sie in den USA Fuß zu fassen, scheitert und geht dann nach Italien. Erste Auftritte in Verona, Heirat mit dem Industriellen Meneghini, Sensation in Venedig als sie kurz hintereinander die 'Walküre' und die Elvira in 'I Puritani' sang. Auftritte in mittleren Opernhäusern in Italien bevor sie 1951 ihr offizielles Debut an der Scala gab. Davor allerdings schon erste Aufnahmen für die Cetra und Auftritte in Südamerika. Ab 1953 dann Vertrag mit der EMI, erste Recital- und Gesamtaufnahmen. Steile Karriere in Italien und an den großen Opernhäusern der Welt. 1954/55 Abmagerungskur. 1955 bedeutende Auftritte an der Scala und Berlin. Mindestens in den späten 50iger Jahren deutliche Verfallserscheinungen in der Stimme. Begegnung mit Onassis und Beginn eines Verhältnisses. Bruch mit der MET, der Scala, Ehescheidung. Übersiedelung nach Paris, weitere Aufnahmen mit immer prekärer werdender Stimme. 1964/65 letzte Auftritte als Tosca und Norma. 1973/74 Welttournee mit Giuseppe di Stefano, 1977 Tod in Paris.
Die Callas verfügte zu ihren Glanzzeiten über eine Dreioktaven-Stimme, beherrschte v.a. das Repertoire der großen romantischen, italienischen Oper, sang mit einer einzigartigen Ausdrucksfähigkeit.
Dies sind Fakten. Alles andere ist Legende, Verehrung, vielleicht auch Verzerrung.
Die Callas ist vielleicht, neben Caruso, die Opernlegende des letzten Jahrhunderts, schlechthin die Diva. Ihr Ruhm reicht, reichte weit über die Opernbühne hinaus. Ihre Aufnahmen werde selbst heute noch in diversen Zusammenstellungen immer wieder aufgelegt, ihr Gesang verzückt, verstört immer noch Opernhörer. Wenn man Opern liebt, kommt man an ihr nicht vorbei. Man liebt sie oder man lehnt sie ab, aber sie lässt einen wohl kaum kalt.
Für mich ist sie diejenige, der ich meinen Eintritt in die Welt der Oper und damit auch in den Kosmos der klassischen Musik verdanke. 1977, an ihrem Todestag, hörte ich sie zum ersten Mal in den 'Heute-Nachrichten' des ZDF und war wie vom Donner gerührt. Pop, Rock, Blues, Punk - das war damals meine Welt. Und dann plötzlich diese Stimme! Das traf bis ins Innerste. Was ich zunächst einmal aufnahm, war die unendliche Schönheit dieser Stimme und deshalb verstand ich die sogenannte 'Callas-Debatte' später überhaupt nicht, eben diese Diskussion, die um die Defekte des schieren Materials ging.
Das kam erst später und natürlich höre ich das jetzt auch. Aber es hat mich nie gestört. Was mich immer getroffen hat, war, dass da jemand mit Wahrhaftigkeit sang, keine Rollen darstellte, sondern diese war und lebte, dass absolute Ehrlichkeit und Authentizität auch eine Schönheit in sich tragen kann.
Ich poste jetzt zunächst einmal keine Aufnahmen, sondern möchte viel lieber eure Einschätzung erfahren. Was haltet ihr von Callas, welche Bedeutung misst ihr ihr bei? Ist sie verdient Legende oder nicht und warum? Ist alles um sie herum übertrieben oder eben auch nicht? Hat sie vielleicht eine Bedeutung über Oper hinaus? Woher kommt anhaltende Ruhm?
Wolfram