Mendelssohn Bartholdy – Wie bedeutend war er wirklich?

  • Ich würde eben sagen, dass Mozart und Beethoven "im Durchschnitt" besser sind.

    hm. nach was für Kriterien noch mal? was Mozart, Beethoven, Schubert (und natürlich auch Haydn) leichter zu bewundern macht, scheint mir, daß sie die Formen, an denen sich die späteren "bewähren" sollten, erst mal geschaffen bzw in eine erste Blüte getrieben haben.
    Den Ausdruck "besser" finde ich schwierig, auch wenn ich dem Gefühl dahinter folgen kann - die Aufgabe, vor der jemand tendenziell "klassizistisch" komponierender wie Mendelssohn stand, war einfach 20-30 Jahre nach den letzten Blüten der Wiener Klassik eine andere.
    Aber sie haben sich getraut!
    Andere "Große" haben sich wortreich darum gedrückt, diese Felder nochmal zu beackern und ganz neue für sich geschaffen (Wagner) oder erst nach langem Zögern einen Anschluß gefunden.

    Was man eben daran sieht, dass die Komponisten der ersten Reihe da kaum etwas geschaffen haben. (Was Ursache und was Wirkung war, sei dahingestellt.)

    daß Brahms` Deutsches Requiem als "Oratorium" wahrgenommen wurde, sagt ja auch Wagners Wort von der "Händelperücke". aber eine wirkliche Tradition in der "ersten Reihe" (von heute aus gesehen!) wurde da nicht begründet, dem würde ich zustimmen.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Und Edwin Baumgartner ist besser. Aber Felix Meritis hat auch schöne Beiträge geschrieben. Das ist keineswegs bei allen Forianern so ...

    :D

    Gruß
    MB

    :wink:

    Eigentlich war mein Beitrag ja im Zusammenhang mit zuvor entstandenen Beiträgen zu lesen. Das müsste eigentlich - bei nur einigermaßen gutem Willen - erkennbar sein. Diesen, nämlich den guten Willen, vermisse ich allerdings hin und wieder bei einigen Forianern.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Mendelssohn ist hier mit dem "Elias" und "Paulus" vielleicht sogar noch vergleichsweise eine Ausnahme, die aber, wie man an diesem Thread sieht, durchaus die Regel bestätigt.

    Schumanns "Paradies und Peri" war seinerzeit sein größter Erfolg.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • hm. nach was für Kriterien noch mal? was Mozart, Beethoven, Schubert (und natürlich auch Haydn) leichter zu bewundern macht, scheint mir, daß sie die Formen, an denen sich die späteren "bewähren" sollten, erst mal geschaffen bzw in eine erste Blüte getrieben haben.
    Den Ausdruck "besser" finde ich schwierig, auch wenn ich dem Gefühl dahinter folgen kann - die Aufgabe, vor der jemand tendenziell "klassizistisch" komponierender wie Mendelssohn stand, war einfach 20-30 Jahre nach den letzten Blüten der Wiener Klassik eine andere.
    Aber sie haben sich getraut!
    Andere "Große" haben sich wortreich darum gedrückt, diese Felder nochmal zu beackern und ganz neue für sich geschaffen (Wagner) oder erst nach langem Zögern einen Anschluß gefunden.

    Das sehe ich natürlich auch so, aber es ist schon unfassbar, wie bspw. Mozart über 20 Klavierkonzerte von allerhöchster Qualität schreiben konnte. Dazu noch Unübertroffenes in der Oper, Kammermusik, Symphonie, etc.. Das gilt ähnlich auch für Beethoven und mit Einschränkungen für Haydn.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Diesen, nämlich den guten Willen, vermisse ich allerdings hin und wieder bei einigen Forianern.

    Nun, das "hominibus bonae voluntatis" ist schlicht und einfach eine falsche Übersetzung des ἐν ἀνθρώποις εὐδοκίας.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • hm. nach was für Kriterien noch mal? was Mozart, Beethoven, Schubert (und natürlich auch Haydn) leichter zu bewundern macht, scheint mir, daß sie die Formen, an denen sich die späteren "bewähren" sollten, erst mal geschaffen bzw in eine erste Blüte getrieben haben.


    Das passt aber besser zu Haydn und Mozart als zu Beethoven.

    Zitat

    Den Ausdruck "besser" finde ich schwierig, auch wenn ich dem Gefühl dahinter folgen kann - die Aufgabe, vor der jemand tendenziell "klassizistisch" komponierender wie Mendelssohn stand, war einfach 20-30 Jahre nach den letzten Blüten der Wiener Klassik eine andere.
    Aber sie haben sich getraut!

    Ach, man soll sich nicht so herumdrücken um Qualitätsurteile, die man ohnehin weniger fällt als weitergibt.
    Da ich von Mendelssohn, Schumann und Liszt ohnehin nur wenige Werke kenne, kann ich das mit dem "Durchschnittsniveau" ohnehin nicht nachvollziehen.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • hm. nach was für Kriterien noch mal? was Mozart, Beethoven, Schubert (und natürlich auch Haydn) leichter zu bewundern macht, scheint mir, daß sie die Formen, an denen sich die späteren "bewähren" sollten, erst mal geschaffen bzw in eine erste Blüte getrieben haben.Den Ausdruck "besser" finde ich schwierig, auch wenn ich dem Gefühl dahinter folgen kann - die Aufgabe, vor der jemand tendenziell "klassizistisch" komponierender wie Mendelssohn stand, war einfach 20-30 Jahre nach den letzten Blüten der Wiener Klassik eine andere.
    Aber sie haben sich getraut!
    Andere "Große" haben sich wortreich darum gedrückt, diese Felder nochmal zu beackern und ganz neue für sich geschaffen (Wagner) oder erst nach langem Zögern einen Anschluß gefunden.

    Das ist genau das, was ich meine. Warum müssen denn MB und Schumann unbedingt neue Formen erfinden, um als große Komponisten zu gelten? Die Ausdrucksmöglichkeiten nach Beethoven waren eben noch lange nicht ausgereizt, was doch die Fülle an unterschiedlichen Werken deutlich macht.
    MB und Schumann haben einen ganz eigenen Weg gefunden. Brahms, eine Generation weiter, orientiert sich dann natürlich an Beethoven, aber eben auch an MB und Schumann und bringt wiederum ganz eigenes in seinen Kompositionsstil mit ein. So sind natürlich auch diese beiden wichtig für die nachfolgenden Generationen.

    Vergleiche zwischen Klassikern und Romantikern finde ich einfach sehr schwierig, denn rein vom analytischen Standpunkt kann doch keiner behaupten, Haydn sei beispielsweise harmonisch komplexer als Schumann. Man muss die Komponisten mMn aus ihrer Epoche heraus bewerten.


  • Das passt aber besser zu Haydn und Mozart als zu Beethoven.


    Weiß nicht ...

    ... für Beethoven gilt dies m. E. durchaus. Vielleicht in anderem Sinne - z. B. die "per aspera ad astra"-Dramaturgie. Oder weniger, dass Beethoven eine Form als Quasi-Standard aufstellt. sondern dass er in völliger Freiheit neue Formen schafft, ohne dass diese als Schablone gedacht sind.

    Beethoven war wohl zumindest Vorbild für die Ausweitung der Formen à la op. 59 oder op. 106.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Warum müssen denn MB und Schumann unbedingt neue Formen erfinden, um als große Komponisten zu gelten?

    Vielleicht, weil neue Inhalte auch neuer Formen bedürfen? Schumann hat dies im lyrischen Klavierstück m. E. gezeigt - keine Sonatenhauptsatzform nach Haydnschem Vorbild, nirgends ...

    Brahms, eine Generation weiter, orientiert sich dann natürlich an Beethoven, aber eben auch an MB und Schumann und bringt wiederum ganz eigenes in seinen Kompositionsstil mit ein.

    Das ist jetzt aber so globalgalaktisch formuliert, dass es ebenso unangreifbar wie aussagelos ist, oder?

    Konkret: Wo genau orientiert sich Brahms' Klarinettenquintett an MB? Und seine Klavierstücke op. 116ff an Beethoven?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Das ist jetzt aber so globalgalaktisch formuliert, dass es ebenso unangreifbar wie aussagelos ist, oder?

    In diesem Zusammenhang wäre aber schon interessant zu erwähnen, dass der Bachbezug der von Mendelssohn und auch Schumann in die Kunstmusik gebracht wurde, von Brahms freudig weitergeführt wurde. Ich sehe Brahms sehr wohl in der historistischen Tradition Mendelssohns und Schumanns.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Vergleiche zwischen Klassikern und Romantikern finde ich einfach sehr schwierig, denn rein vom analytischen Standpunkt kann doch keiner behaupten, Haydn sei beispielsweise harmonisch komplexer als Schumann. Man muss die Komponisten mMn aus ihrer Epoche heraus bewerten.

    Naja, die Folgeepoche ist für die Einschätzung ja mindestens so wichtig wie die eigene, was man vor allem bei Beethoven schön sieht. Das heißt natürlich nicht, dass man so tun sollte, als ob die Leute alle gleichzeitig komponiert hätten, was Du mit dem Harmonikdings anzudeuten scheinst.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • In diesem Zusammenhang wäre aber schon interessant zu erwähnen, dass der Bachbezug der von Mendelssohn und auch Schumann in die Kunstmusik gebracht wurde, von Brahms freudig weitergeführt wurde.

    Ja. Das ist ja schnell mal so formuliert. "Bachbezug bei Brahms". Als obs ein Bettbezug im Hotel wäre. Klar. Nochmal konkret gefragt: Wo finde ich den Bachbezug in op. 119, 3? Darauf sollte es doch eine Antwort geben. Jedenfalls, wenn es so klar ist.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Als obs ein Bettbezug im Hotel wäre. Klar. Nochmal konkret gefragt: Wo finde ich den Bachbezug in op. 119, 3?

    Ist es nicht überflüssig, sich ein Werk auszusuchen, das man für frei von Bachbezügen hält, um danach zu fragen? Wie wäre es mit dem Deustchen Requiem, den Motetten oder der Cellosonate op. 38? Aber ist ja egal...

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ja. Das ist ja schnell mal so formuliert. "Bachbezug bei Brahms". Als obs ein Bettbezug im Hotel wäre. Klar. Nochmal konkret gefragt: Wo finde ich den Bachbezug in op. 119, 3? Darauf sollte es doch eine Antwort geben. Jedenfalls, wenn es so klar ist.

    Also, dass man Einflüsse von Schumann bei Brahms findet, davon gehe ich aus, und Verweise zu Bach wohl mehr als bei Schumann.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Vielleicht, weil neue Inhalte auch neuer Formen bedürfen? Schumann hat dies im lyrischen Klavierstück m. E. gezeigt - keine Sonatenhauptsatzform nach Haydnschem Vorbild, nirgends ...

    Wo erfindet denn Brahms in seinen Sinfonien groß angelegt neue Formen? Er nimmt im großen und ganzen die alten Formen und füllt sie mit neuem Inhalt.
    Mendelssohn tut das gleiche. Er verwendet alte Formen, aber bringt auch zeitweise etwas neues mit ein, z.B. das dritte Thema in der Durchführung im 1. Satz seiner "Italienischen", dass dann ungewöhnlicherweise in der Reprise noch einmal plötzlich auftaucht. Er lässt Sätze ohne Unterbrechung ineinander übergehen (Violinkonzert) oder ohne Unterbrechung aufeinander folgen ("Schottische"). Das alles sind kleinere Neuerungen und es ist keineswegs radikal. Aber Brahms war auch nicht radikal. Und er wird viel breiter als großer Komponist anerkannt, als Mendelssohn oder Schumann.

  • Jedenfalls liegt es nicht an der Generation, mit Wagner hat diese ohnehin ihren unanfechtbaren Gott.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!