• müsste dieser String sein:
    http://youtube.com/watch?v=CY6ZiU2suV4

    sehr schön, danke für den link, lieber Amfortas.

    In der Schule war er nicht sehr präsent, im Gegensatz zu - natürlich - Goethe und Schiller.

    war bei mir auch so, also, um genau zu sein, kam er gar nicht vor - das mag anderswo anders gewesen sein...

    Minderheitenprogramm,

    wie in meinem Umfeld das ganze "klassische Zeugs" damals...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • wie in meinem Umfeld das ganze "klassische Zeugs" damals...

    Sowieso! Deshalb meinte ich ja, das wäre keineswegs eine Aussage zur Qualität. Dichtkunst wird immer nur einen relativ kleinen Kreis an Liebhabern haben. Mein Vater ist ein riesiger Lyrikfan und liest jeden Abend vor dem Schlafengehen entweder Trakl oder Eichendorff. Ich hingegen habe da kaum ein Sensorium dafür entwickelt (außer es ertönt Musik dazu).

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Irgendwo hat wer die These vertreten, dass mensch mit der H.-Beschäftigung besser wartet, bis (i) keine heranwachsenden Kinder mehr an der Backe (ii) nicht mehr im Erwerbsleben stehend <= könnte was dran sein...

    oder eben schon vorher... obwohl ich den Verdacht habe, als Jugendlicher doch nicht allzuviel verstanden zu haben von den Inhalten, eher fasziniert war von dem "hohen Ton" und rhythmischen Sprache, die mich damals zur Nachahmung inspiriert hat.

    Die verlinkte Doku (auf youtube heisst es allerdings SWR statt arte...) fand ich sehr erhellend, was den Zusammenhang der hochtönenden Utopien, der realpolitischen Lage und H.s Scheitern mit seinem Lebensentwurf mitten darin angeht.
    auch die nicht ganz eindeutige Geschichte seines "Wahnsinns", der einerseits angesichts (zu?) hochgespannter Ideen als schlüssig rüberkommt, aber eben auch als eine Zuflucht vor schlimmerer Verfolgung erscheint.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Wer zur Frage "wie könnte Hölderlin vorgetragen werden" eine Extremposition kennenlernen möchte, dem möchte ich eine Hörspielfassung von Jean Marie Straub und Daniélle Huillet des Empedokles empfehlen:

    https://www.youtube.com/watch?v=8rNc7CE78Wg

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • nun gut: das ist nur ein Teil von Hölderlins Dramenfragment, von Straub/Huillet 1989 unter dem Titel Schwarze Sünde "in bewegte Bilder gesetzt" => https://www.youtube.com/watch?v=2ziuGqOToAI <= warum sie die Tonspur davon noch einmal als (sogenanntes!) Hörspiel veröffentlicht haben, erschliesst sich mir nicht! >ohne die dazugehörige Optik (Landschaft, Kostüme etc.) kann es nur dröge wirken; anders gesagt: manche "Weltfremdheit" von Straub/Huillet ist mir durchaus sympathisch - anderes (eben z. B. die Idee zu dieser "Hörspielfassung") lasst sich m. E. nur noch mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen!<

    Schwarze Sünde ist "nur" der lange Nachtrag zum eigentlichen (gut 2stündigen) Tod des Empedokles Film**, der 2, 3 Jahre zuvor mit den gleichen Darstellern (u. noch einigen anderen) gedreht worden war => https://www.youtube.com/watch?v=ZStHAdfdNyY ...

    **diese 127min - ich bin tatsächlich einer der Narren, die sie sich als DVD angeschafft und es nicht bereut haben :) - sollte man sich m. E. schon vergegenwärtigen, um Straub/Huillets "Umgang mit Hölderlin" wirklich beurteilen zu können! Selbst hab' ich da 'ne Schwäche für - allerdings auch Verständnis für alle, die sich da nach und nach ausklinken!!

    :wink:

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Tja, Hölderlin …

    Er hat den Ruf eines lyrischen Heiligen. Diverse schöne Gedichte gibt es, keine Frage. Aber Hölderlin verstehen?

    Die Rückkehr des Menschen zur ursprünglichen Einheit mit der Natur in einer freien Gesellschaft sei das Große Thema Hölderlins gewesen, heißt es in Rötzers Literaturgeschichte. Und: „Der revolutionär-utopische Charakter der Dichtung Hölderlins ist überschattet von der resignativen Einsicht in die realen Verhältnisse zu Ausgang des 18. Jahrhunderts. Für sich selbst zog er sich auf den prophetischen Auftrag des Dichters zurück und setzte gegen das Chaos der politischen Wirklichkeit die formale Strenge seiner Dichtung, die am antik-klassischen Vorbild geschult war.“ (Hans Gerd Rötzer, Geschichte der deutschen Literatur, 2. Aufl. 2004, C. C. Buchners Verlag, S. 150 und 153).

    Das finde ich sehr treffend gesagt. Zu ergänzen wäre der philosophische Aspekt, die geistige Heimat im Frühidealismus..

    Das Streben nach Hölderlins Lyrik geht oft einher mit dem nach höheren lyrischen Weihen. Mörike, Eichendorff etc. sind romantische Vertraute, Goethe zumal, Hölderlin aber steht hinter dem Vorhang, der zur Seite gezogen werden muss, ist lyrisches Hochreck. Einige Gedichte erschließen sich schnell. Andere bleiben unverständlich.

    Persönlich geht mir die strenge Ausrichtung am griechischen Ideal auf den Keks. Ich versuche, darüber hinwegzusehen. Ist halt ein Epochending. Das Naturnahe spricht an, immer. Hier singt er mit anderen ein gemeinsames, Zustimmung findendes Lied.

    Erst als ich vor einiger Zeit die bei Junius erschienen Einführung zu Hölderlin las, wurde mir bewusst, wie hochgradig philosophisch seine Lyrik auch ist. Und hier, das muss ich sagen, hatte ich wenig Muße ihm zu folgen. Seine philosophische Heimat, das Umfeld mit Schelling, die Vereinigungsidee blieb mir fremd, überspitzte Kant-Folgerung, überwundener Irrweg.

    So habe ich Hölderlin erst einmal wieder weggelegt. Sein Gedichtband liegt in der Nähe. Ab und an greife ich nach ihm und lese ich darin, aber die Lust, mich näher mit ihm zu beschäftigen, ist dahin.

  • auf yt gibts offenbar eine ganze Menge Hölderlinlesungen.

    Habe mal eine kleine, ganz zufällige Auswahl mir angehört und mit völlig unsystematischen Anmerkungen versehen.


    https://www.youtube.com/watch?v=YuOORBKoPCY
    Abendphantasie
    Christian Brückner
    sachlich- antipathetischer Grundton, aber immer wieder Heraushebungen.
    etwas zu bemüht sinngemäß zu differenzieren

    https://www.youtube.com/watch?v=aAwM_t7pBC0
    Vom Abgrund nämlich
    Bruno Ganz
    Versstruktur deutlich mitgesprochen
    rotes Tuch für mich. so unsäglich seriös-subtil-edel-sinnig-erlesen-vornehm.

    https://www.youtube.com/watch?v=DIgYOoj9MwI
    Der Wanderer
    Benjamin Krämer-Jensten
    understatement, tiefe relativ schnelle Sprechweise

    https://www.youtube.com/watch?v=kS_XMqpXgIM
    Patmos
    Martin Ploderer
    Ähnlich Krämer-Jensten
    noch stärker antipathetisch, gewollte Belanglosigkeit

    https://www.youtube.com/watch?v=sCFOzGBCeK0
    Die Eichbäume
    Fritz Stavenhagen
    betulich-gestelzt

    https://www.youtube.com/watch?v=7_1aOkHi7VA
    An die Parzen
    Lutz Görner
    pathetisch-anbiedernd

    https://www.youtube.com/watch?v=D6WYrHrEvio
    Der Jüngling an die klugen Ratgeber
    Roger Willemsen
    Gefällt mir recht gut. Ziemlich schnell gesprochen, was mir normaler weise widerstrebt (anders als in der Musik), aber hier gut zum Gedicht paßt und nichts von wuschig oder pladderig hat, sondern jugendliche Energie ausdrückt

    https://www.youtube.com/watch?v=X3EBz6NmPEs
    Ermunterung (u.v.a.m.)
    Martin Heidegger.
    Nicht so schlimm wie befürchtet.
    Sicher, altes Pathos, "hoher Ton" etwas angestrengt.
    Aber nicht unbegrenzt, "badet" nicht im Pathos. Auch nicht weichgespült.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • auf yt gibts offenbar eine ganze Menge Hölderlinlesungen.

    Oh danke für die Hinweise, lieber zabki! Werde mich da demnächst mal durchhören.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Zog mir wieder mal 1. Akt von Wagners Götterhämmerung (Zagrosek/Konwitschny) rein.

    Richtig cool die Szene von Siegfried mit Steckenpferd.
    https://www.youtube.com/watch?v=3noV5SD4Uwc
    0:39

    Dabei steckte mein Brägen mir Hölderlins Versequälerei <An die Deutschen >; Beginn der unkompletten Long-Version:

    Spottet nimmer des Kinds, wenn noch das alberne
    Auf dem Rosse von Holz herrlich und viel sich dünkt,
    O ihr Guten! auch wir sind
    Tatenarm und gedankenvoll!

    .........

    Ob Peter Konwitschny dabei auch diese Anfangsstrophe auf Schirm hatte ? Okay, zuzutrauen wär ihm diese Anspielung; wobei Siegfried tatenreich und gedankenarm funzt....

    Hölderlns früher verzapfte Short-Version klappt bloß mit Schaukelpferd:

    Spottet ja nicht des Kinds, wenn es mit Peitsch' und Sporn
    Auf dem Rosse von Holz mutig und groß sich dünkt,
    Denn, ihr Deutschen, auch ihr seid
    Tatenarm und gedankenvoll.

    ........

    Vermutlich wird Peter Konwitschny diese Lästerung nicht büßen wollen… :thumbup: :P

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

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