John Ford - Irland im Blut
Orson Welles auf die Frage, welche Regisseure ihn beeinflusst haben: 'Die alten Meister. Und damit meine ich John Ford, John Ford und John Ford.'
Geboren 01.02.1894 in Maine, gestorben 31.08.1973 in Kaliforniern.
Ford war das zehnte Kind irischer Einwanderer, kam schon sehr früh (1913) nach Hollywood und wirkte zunächst in Filmen seines Bruders Francis mit. Ab 1917 dann erste Regiearbeiten, 1966 drehte er seinen letzten Film.
Ford gewann viermal den Oscar als bester Regisseur und zweimal für den besten Dokumentarfilm, allerdings nie für einen Western, einem Genre, mit dem er heutzutage wohl am meisten identifiziert wird.
Neben dem bereits erwähnten Welles, zählen und zählten sich auch Scorsese oder Kurosawa zu seinen Bewunderern, einzelne Filme auch von Schrader, Wenders, Milius, Leone, Coppola, Lucas, Lean Aldrich. Godard sagte mal, er könne den 'Schwarzen Falke' nie sehen, ohne zu heulen.
Was genau macht Ford nun zu so einer Größe?
Um das zu beantworten, muss man wohl noch einmal auf seine Herkunft hinweisen. Ford war irischer Abstammung. Und so finden sich in allen seinen Filmen Merkmale, die man allgemein mit Irland in Verbindung bringt. Alkohol, vordergründig starke Männer, Frauen, denen zwar oftmals eine Beschäftigung im Haushalt zugewiesen wird (also traditionelles Rollenschema), die aber trotzdem 'den Laden schmeißen', Musik, Lieder, Sentimentalität, Humor.
All das findet sich eigentlich immer in einem typischen Ford-Film, wobei es bei gut 140 Filmen auch Ausnahmen gibt. Aber zudem findet man immer eine oftmals überwältigende Bildgestaltung, eine durchdachte Komposition. die für die jeweilige Situation absolut richtig erscheint und die gleichzeitig das Geschehen dramatisch und inhaltlich überhöht. Dann war Ford (und ich rede hier nur von seinen Meisterwerken) ein absoluter Könner darin, diese Mixtur aus dem oben Erwähnten und der Dramaturgie der Handlung zu vollbringen. Jedes Teil davon erscheint immer am richtigen Ort zur richtigen Zeit und steht trotzdem im Dienste des Ganzen. Dann konnte Ford einfach eine Geschichte erzählen, was auch nicht immer selbstverständlich ist. Aber was für mich in seinen großen Filme eigentlich immer im Vordergrund steht, ist, dass er inklusive seiner vordergründig einfachen Bildkompositionen, seiner spannenden Geschichten, seiner unauffälligen Schauspielerführung hinter dem Dargestellten immer große Themen entwickelt.
'Vordergründig einfach', 'unauffällig', ich könnte auch noch stringent, logisch, konsequent, selbstverständlich usw. hinzufügen, was die filmische Dramaturgie angeht. Aber so einfach ist die Sache nicht. Sieht man einen Ford-Film, spürt man, dass man etwas Besonderes zu sehen bekommt. Man spürt es, obwohl es zunächst ein Mainstream-Produkt zu sein scheint. Aber lässt man sich nur ein wenig näher auf die Filme ein, erkennt man sofort die unterschiedlichen Bedeutungsschichten, die absolut richtige Komposition, die perfekte Dramaturgie. Ford-Filme haben Wärme, Humor, Gefühl, aber dahinter haben sie auch den klaren Blick und die Analyse.
Obwohl in Hollywood nie preisgekrönt sind es wohl seine Western, die filmhistorisch seinen wichtigsten Beitrag bilden. Was ungerecht ist, da man dabei so grandiose Filme wie 'Der Verräter', 'Schlagende Wetter', 'Früchte des Zorns' oder 'Der Sieger' unterschlägt. Aber gerade den Western hat er wie kein anderer geprägt. Schon 1924 dreht er mit 'Das eiserne Pferd' eine überlangen Western, der den Bau der Eisenbahnlinie durch die USA thematisiert und dabei eigentlich alle klassische Themen des Genres vorführt. Aber vor allem 1939 gelingt ihm mit 'Ringo' ein Film, der den Western erstmalig wirklich aus dem B-Movie-Bereich herausholt. Vordergründig eine spannenden Handlung erzählend, untersucht er dabei das Verhalten von Menschen, die zufällig auf engstem Raum einer anonymen Gefahr ausgesetzt werden. Und diese Aufladung des klassischen Western mit existenziellen Fragestellungen gibt es in seinen großen Beiträgen zum Genre eigentlich immer. Zu beobachten ist dabei allerdings eine immer stärker werdende Kritik seinerseits am amerikanischen 'Narrativ' vom anständigen Weißen und mordenden Ureinwohner, eine Legende, die er selber einst mit aufgebaut hatte. Zwischen 'Das eiserne Pferd' und 'Cheyenne' liegen diesbezüglich Welten, wobei 'Der schwarze Falke' oder 'Liberty Valance' Zwischenstationen darstellen.
Ford liebt es übrigens, sich mit einer 'Family' zu umgeben, mit immer gleichen Darsteller und Filmleuten. So einfach kam man nicht in diese hinein, musste man wohl schon ein ganz bestimmter Typ von Mann (oder auch Frau) sein. John Wayne ist da natürlich an erster Stelle zu nennen, aber auch Henry Fonda, Harry Carey und Harry Carey jr., Ben Johnson, Victor McLaglen, Ward Bond gehörten z.B. dazu, aber auch Maureen O'Hara, Linda Darnell oder Jeanette Nolan. Und...und...und...
Welche Filmempfehlungen?
Bei den Nichtwestern: Der Verräter, Schlagende Wetter, Früchte des Zorns, Der lange Weg nach Cardiff, Das letzte Hurra.
Bei den Western wird die Liste länger:
Das eiserne Pferd, Ringo, Der junge Mr. Lincoln, Trommeln am Mohawk, Faustrecht der Prärie, Spuren im Sand, die Kavallerie-Trilogie, Zwei ritten zusammen, Der Mann der Liberty Valance erschoss, Cheyenne. Auch sein Beitrag für 'Das war der wilde Westen' ist sehenswert, aber vor allem wohl: Der schwarze Falke!!!!
Für mich der beste Western überhaupt, weil er a) viele Legenden zerstört (und John Wayne macht da wunderbar mit), weil er b) grandios inszeniert ist, weil er c) Weiß und Rot gleichsetzt und weil er d) eine große Abhandlung über Gesellschaftswerdung und Freiheit ist. Und auch hier hat Ford einmal mehr demonstriert, dass der Western in seinen besten Momenten weit, weit mehr ist als nur amerikanische Folklore, als eine mehr oder weniger spannende Geschichte, sondern geradezu die Wucht einer griechischen Tragödie haben kann.
Wolfram