Virtueller Flashmob aus dem musikalischen Homeoffice heraus am Ostermorgen mit BWV 4 "Christ lag in Todes Banden"

  • Ich weiß ja nicht wie es euch geht aber angesichts der vielen Berichte über Mediziener und Pflegekräfte, die bis zum Zusammenbruch für uns an der Front kämpfen damit wir gesund bleiben bzw. überleben, ist mir dieses unsinnige kollektive singen und musizieren gründlich vergangen. Ich finde man sollte die Zeit die man jetzt zuviel hat denjenigen schenken, die sie zu wenig haben, z.B. mit Einkaufengehen für das Arztehepaar (bei anderen vielleicht die Krankenschweser / Altenpfleger) von nebenan, damit diese wenn sie irgendwann heimkommen, wenigstens das nötigste zu hause haben. Nur so zum Beispiel.....

    Schöne Grüße

    Palisander

    Wenn man Zeit hat, am Ende des Tages auf dem Balkon zu klatschen, kann man vielleicht auch die paar Minuten erübrigen, um 7.00 Uhr am Sonntag, wenn die Supermärkte ja nun wirklich nicht geöffnet haben, zu singen.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Ich meine im Endeffekt kann dass ja jeder halten wie er / sie es für richtig hält (es soll ja auch Leute geben, die das Horten von Klopapier für sinnvoll halten).
    Ob der Nachbar, der die Nacht zuvor möglicherweise wieder Bereitschaft hatte es wertschätzt am Ostersonntag um 7 Uhr mit Gesang und Getröte geweckt zu werden, wage ich allerdings zu bezweifeln. Vielleicht mal drüber nachdenken.

    Ebenso wie die, die am nächsten Tag Frühschicht haben, sich über das spätabendlich Geklatsche freuen. ;)

    Nein im Ernst, wenn das eine ok ist, ist es das andere auch. Zudem ist es ja nicht so, dass sämtliche Nachbarn nun immer unbedingt Bereitschaftsdienst haben.

    Zudem gibt es bestimmt Schlimmeres, als von einer Bachkantate geweckt zu werden. ^^

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Was denn?

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Ich danke euch allen für diese lebhafte Diskussion! Da es mir vor allem um eine Verbundenheit im Geiste geht, könnte man sich auch in den Sessel setzen und die Kantate 4 von CD oder Youtube-Clip anhören - oder mit Kopfhörer die Partitur verfolgen und dabei summen oder leise singen. Verärgerte Nachbarn hatte ich nicht auf dem Schirm, da ich auf einem alleinstehenden Bauerngehöft lebe!

    Da ich hier einen Impuls gesetzt habe, möchte ich gleich mal dran bleiben und eine andere Idee äußern und eure Meinung dazu hören unter dem Aspekt:
    Blasphemie oder "durchaus denkbar"?

    Die Umwandlung (Kontrafaktur, Parodie, Pasticcio) der Trauerode für Fürstin Christine Eberhardine (BWV 198) "Lass, Fürstin, lass noch einen Strahl" in eine Kantate „Luther auf der Wartburg“ zu dem Zwecke, dass diese wunderbare Musik von Johann Sebastian Bach zu jeder Zeit und an jedem Ort der Welt erklingen kann, besonders im Jubiläumsjahr 2021
    Dieses Werk ist in seiner Orchestrierung so filigran ausgeführt, die Rezitative und Arien sind so bezaubernd komponiert, dass es ein Jammer ist, wenn dieses Werk ganz selten aufgeführt oder eingespielt wird. Ich verfolge nun das Projekt, Ton für Ton (ohne jede Veränderung der musikalischen Substanz) einen alternativen Text zu unterlegen, so dass eine neue, apokryphe Bach-Kantate „Luther auf der Wartburg“ entsteht.
    Nr. 1 Eingangschor: Als im Mai 1521 die Nachricht durch die deutschen Lande ging, dass Martin Luther auf dem Rückweg vom Reichstag zu Worms entführt, vielleicht sogar ermordet worden sei, legte sich eine große Trauer über das Land, genauso wie 200 Jahre später beim Tod der „Betsäule Sachsens“, der Fürstin Christine Eberhardine (sie war bekanntlich den Weg ihres Ehemannes August des Starken nicht mitgegangen, wegen der polnischen Königskrone zum Katholizismus überzutreten). Selbst Albrecht Dürer hat 1521 um den vermeintlich ermordeten Luther getrauert.
    Aus dem „Lass, Fürstin, lass noch einen Strahl…“ bzw. dem „Geh, Jesu, geh zu deiner Pein…“ (Markus-Passion) könnte nun werden: „Weh! Martin! War denn wirklich all’s vergebens, was du für das Evangelio g’tan?“
    Nr. 2 Sopran-Rezitativ: Aus „Dein Sachsen, dein bestürztes Meißen erstarrt bei deiner Königsgruft“ könnte nun werden „Dein Sachsen, dein bestürztes Wittenberg erstarrt bei dieser schlimmen Kund“. Weitere inhaltliche Einarbeitung: doch die Leute wussten nicht, dass Kurfürst Friedrich in Sicherheit den Mönch gebracht.
    Nr. 3 Sopran-Arie: Aus „Verstummt, verstummt, verstummt ihr holden Saiten“ wird „Verstummen, verstecken und leben um der Zukunft willen“. Sinngemäß weiter: „ist besser als zu früher Märtyrer-Tod! Wenngleich auch das Herz von Vater und Mutter dabei bricht.“
    Nr. 4 Alt-Rezitativ:„Der Glocken bebendes Getön soll unsrer trüben Seelen Schrecken durch ihr geschwungnes Erze wecken.“ Daraus wird: „Der Glocken bebendes Getön von Eisenach zur Burg hoch dringet , wo Martin noch mit seinem Schicksal ringet“. Sozusagen Griegs „Morgenstimmung“ (Bachs Musik erinnert daran) beim ersten Aufwachen auf der Wartburg. Die Glocken von St. Georgen sind’s – „Junker Jörg“ will er nun heißen.
    Nr. 5 Alt-Arie: „Wie starb die Heldin so vernügt… Wie mutig hat ihr Geist gerungen…“ Neu: „Wie ist der Held nun missvergnügt“, „muss Bart und lange Haare tragen“, ist eingesperrt im „Reich der Vögel“ (Original Luther). Muss in der Not mit Satan kämpfen…
    Nr. 6 Tenor-Rezitativ: „Ihr Leben ließ die Kunst zu sterben in unverrückter Übung sehn“. Das würde zur erzählenden Handlung umgetextet: Der heimliche Postbote Spalatin bringt die Nachricht aus Wittenberg, dass Bilderstürmer wie Karlstadt und die Schwärmer das begonnene Werk der Reformation durch Radikalismus bedrohen (Spätherbst 1521).
    Nr. 7 Chor-Fuge: „An dir, du Fürbild großer Frauen, an dir, erhabne Königin“. Daraus wird mit kämpferischem Impuls: „Heraus, auf’s Pferd nach Wittenberg!“ „An dir, du Glaubenspflegerin, war dieser Großmut Bild zu schauen“. Nach der Umtextung kann sich jeder Sänger und jede Sängerin mit Luther sagen: „Gott ruft, als Glaubenspfleger nun mutig in den Streit zu treten“!
    Nr. 8 Tenor-Arie: „Der Ewigkeit saphirnes Haus zieht, Fürstin, deine heitern Blicke von unsrer Niedrigkeit zurücke.“ Nach der Umtextung: „Starker Glanz von hundert Sonnen, die wittenbergisch Nachtigall holt sein Werk von der Niedrigkeit zurücke"…
    Nr. 9 Bass-Rezitativ: „Was Wunder ists? Du bist es wert, du Fürbild aller Königinnen…“ Das würde völlig neu als erzählende Handlung getextet: Melanchthon bittet Martinum, das Neue Testament aus dem Griechischen zu übersetzen, schenkt ihm dafür ein Exemplar des Urtextes von Erasmus von Rotterdam. Luther ist bereit und will dabei dem Volk auf’s Maul schauen, in wenigen Wochen ist das Werk vollendet (Januar und Februar 1522). „Die Sprache geht im Freudenkleide, die Zung‘ wird kraftvoll, bilderreich…“
    Nr. 10 Schluss-Chor: „Doch Königin, du stirbest nicht, man weiß, was man an dir besessen, die Nachwelt wird dich nicht vergessen.“ Daraus wird so ungefähr: „Du, Luther, verlässest deine liebe Stadt (Eisenach) mit diesem Testament (1. März 1522)… Die Nachwelt wird dich nicht vergessen, bis dieser Weltbau einst verbrennt. Ihr Dichter (Historiker), schreibt! Wir wollen’s lesen…


    Soweit dieser grobe Entwurf. Für eine Aufführung könnten die originalen Orchester-Noten der Trauerode verwendet werden. Die Stimmen für Chor und Solisten würde ich selbst mit „Capella“ herstellen und zur Verfügung stellen, so dass keine fremden Rechte tangiert würden. Persönlich habe ich keine kommerziellen Interessen. Der ideale Termin einer Uraufführung wäre der 4. Mai 2021, der 500. Jahrestag der Entführung Luthers. Jetzt müsste sich nur noch ein Chor finden, der Interesse an einem solchen Projekt hat (vielleicht weil er erst vor zwei oder drei Jahren die Trauerode aufgeführt hat).

    Wie eingangs gesagt: Blasphemie an Bach oder "durchaus denkbar"? Ich bin gespannt auf eure Meinungen...

    Auf dem Wege durch die Welt wirst auch du stets angebellt. Hör nicht hin, geh ruhig weiter, nimm das Lästern still in Kauf; denn dann hören deine Neider schon von selbst zu Kläffen auf! (Krylow)

  • Ich verfolge nun das Projekt, Ton für Ton (ohne jede Veränderung der musikalischen Substanz) einen alternativen Text zu unterlegen, so dass eine neue, apokryphe Bach-Kantate „Luther auf der Wartburg“ entsteht.

    Interessantes Projekt!

    In seinem alten, aber m. E. immer noch lesenswerten Büchlein über Bachs Weihnachtsoratorium weist Walter Blankenburg nach, dass Bach bei seinem Parodieverfahren eben nicht die Vorlage "Ton für Ton" übernommen hat, sondern subtil auf den anderen Text hin anpasste.

    Darüber hinaus untermauert er die Vermutung, dass Bach bei der Komposition der weltlichen Werke bereits die geistliche Wiederverwendung mitgedacht haben mag.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • <= es gibt aber auch wichtigeres als dieses Forum, sogar eigentlich wichtigeres als die gesammmte Kunstgeschichte vom allerersten Höhlengekrizzel bis zum allerletzten Kkkrachch mit Evan Parker Alex Schlippenbach & Co !!

    nu lasst dem cappallaren Wolfgang halt sein Vergnügen... (+ n e i n: das meine ich nicht die Bohne ironisch!!)

    wir sollten uns so langsam auf einen ziemlich seltsamen Sommer einstellen hat hier irgendwer notiert (finde ich grade nicht) => würde auch sagen, wir sollten hier miteinander und gegenseitig uns an Beiträge gewöhnen können, die manchem (u. evtl. auch der Mehrheit) ziemlich seltsam vorkommen....

    <= wem schadet sowas schon ... und der jeweilige Schreiberling hat mal wieder "einige tote Minuten bewältigt"; ist ja auch was.....

    < < = = just my little Espresso ;)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Zitat

    Zudem gibt es bestimmt Schlimmeres, als von einer Bachkantate geweckt zu werden.

    ja. Wenn jemand dilettantisch allein eine einzelne Stimme aus einem vierstimmigen Bachsatz ohne Begleitung singt...
    Nennt man „Ueben“...
    ;)

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • das Wichtigere...

    Und das ist?

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Musst Du Knulp fragen.

    Also frage ich Knulp.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!