ZITATERATEN: Konzert und Oper (ohne Komponisten über Komponisten)

  • Ich wusste bis heute nicht, dass sich Schiller auch zur Musik geäußert hat. Aber viel dürfte ich da eh nicht verpasst haben...

    klar, das fand ich ganz reizvoll für ein Rätsel, als ich auf die Briefstellen stieß.

    MGGalt weist auf den 22. Brief aus den Briefen Ueber die ästhetischen Erziehung des Menschen hin, in dem die Musik im Zusammenhang mit anderen Künsten Erwähnung findet:

    Zitat

    Da in der Wirklichkeit keine rein ästhetische Wirkung anzutreffen ist (denn der Mensch kann nie aus der Abhängigkeit der Kräfte treten), so kann die Vortrefflichkeit eines Kunstwerks bloß in seiner größern Annäherung zu jenem Ideale ästhetischer Reinigkeit bestehen, und bei aller Freiheit, zu der man es steigern mag, werden wir es doch immer in einer besondern Stimmung und mit einer eigentümlichen Richtung verlassen. Je allgemeiner nun die Stimmung und je weniger eingeschränkt die Richtung ist, welche unserm Gemüth durch eine bestimmte Gattung der Künste und durch ein bestimmtes Produkt aus derselben gegeben wird, desto edler ist jene Gattung, und desto vortrefflicher ein solches Produkt. Man kann dies mit Werken aus verschiedenen Künsten und mit verschiedenen Werken der nämlichen Kunst versuchen. Wir verlassen eine schöne Musik mit reger Empfindung, ein schönes Gedicht mit belebter Einbildungskraft, ein schönes Bildwerk und Gebäude mit aufgewecktem Verstand; wer uns aber unmittelbar nach einem hohen musikalischen Genuß zu abgezogenem Denken einladen, unmittelbar nach einem hohen poetischen Genuß in einem abgemessenen Geschäft des gemeinen Lebens gebrauchen, unmittelbar nach Betrachtung schöner Malereien und Bildhauerwerke unsre Einbildungskraft erhitzen und unser Gefühl überraschen wollte, der würde seine Zeit nicht gut wählen. Die Ursache ist, weil auch die geistreichste Musik durch ihre Materie noch immer in einer größern Affinität zu den Sinnen steht, als die wahre ästhetische Freiheit duldet, weil auch das glücklichste Gedicht von dem willkürlichen und zufälligen Spiele der Imagination, als seines Mediums, noch immer mehr participiert, als die innere Nothwendigkeit des wahrhaft Schönen verstattet, weil auch das trefflichste Bildwerk, und dieses vielleicht am meisten, durch die Bestimmtheit seines Begriffs an die ernste Wissenschaft grenzt. Indessen verlieren sich diese besondern Affinitäten mit jedem höhern Grade, den ein Werk aus diesen drei Kunstgattungen erreicht, und es ist eine nothwendige und natürliche Folge ihrer Vollendung, daß, ohne Verrückung ihrer objektiven Grenzen, die verschiedenen Künste in ihrer Wirkung auf das Gemüth einander immer ähnlicher werden. Die Musik in ihrer höchsten Veredlung muß Gestalt werden und mit der ruhigen Macht der Antike auf uns wirken; die bildende Kunst in ihrer höchsten Vollendung muß Musik werden und uns durch unmittelbare sinnliche Gegenwart rühren; die Poesie in ihrer vollkommensten Ausbildung muß uns, wie die Tonkunst, mächtig fassen, zugleich aber, wie die Plastik, mit ruhiger Klarheit umgeben. Darin eben zeigt sich der vollkommene Styl in jeglicher Kunst, daß er die specifischen Schranken derselben zu entfernen weiß, ohne doch ihre specifischen Vorzüge mit aufzuheben, und durch eine weise Benutzung ihrer Eigentümlichkeit ihr einen mehr allgemeinen Charakter ertheilt.

    https://www.projekt-gutenberg.org/schiller/aesterz/aesterz4.html

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Neues Spiel, neues Glück.

    A schreibt in seinem einst Aufsehen erregenden Buch X, das auch einen Essay zu B enthält:

    "Was hohl ist, darauf läßt sich gut pfeifen. So hält es auch B mit sich und dem seinen, er versuchte schon viel. Leere trommelt betörend auf sich selbst, bekleidet sich auch, zieht Altes an, wird maskenhaft und tönt derart. Der Klang war erst süß glitzernd, dann schmelzend und heiter verwirrt, bis ein Riß geschah. Er geschah Y in Z; nirgends wurde dieses Jahr so zerfallen, so einsam und wichtig irr notiert. B aber ist die Maske, welche immer anders kann. Nichts hängt in seinem Spiel zusammen; eine treulose Musik, eben dadurch heute auch ehrlich. Der Klang ist jedesmal anders und, während sein Stück noch spielt, schon nicht mehr ganz bei ihm."

    Wer sind A und B?
    Was ist Y?
    Was sind die Werke X und Z?

    Viel Vergnügen!

    :wink: Agravain

  • B ist sicher Elgar. Die Charakterisierung seiner Musik ist perfekt. :versteck1:

    Schreibe ich nur, um meine Ahnungslosigkeit zu dokumentieren.

    :|

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Aber mindestens ein Sir ist hoffentlich dabei. Sonst bin ich enttäuscht.

    :/

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Gut, ich bin tapfer und tippe bei A auf Sir Theodor W. Adorno. Dem nehme ich den Sir natürlich gleich wieder weg. Jedenfalls klingt das Zitat so dialektisch ("treulos ... dadurch ... ehrlich" und "während sein Stück noch spielt, schon nicht mehr ganz bei ihm"). Essays über Komponisten hat er auch geschrieben.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • A = Bloch (also der Ernst) ?

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Also X = Geist der Utopie?

    (ist solange her, daß ich da reingeschaut habe, daß ich nicht mehr weiß, wie das aufgebaut ist. Aber Musik kommt maßgeblich drin vor).

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • ich probiers gleich weiter, mehr als schiefgehen kann es nicht:

    B = Strawinsky

    Y = 1913
    Z = Sacre du printemps

    Der Klang war erst süß glitzernd, dann schmelzend und heiter verwirrt

    das könnte zu Feuervogel und Petruschka passen.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • zabki: Der ist es (also der Ernst).

    Eine kurze Zwischenfrage: Ernst Bloch hat ja in der Nachkriegszeit eine ganze Zeit lang die Programmhefttexte für die Bayreuther Festspiele geschrieben. Weiß jemand, ob es diese Texte über Wagners Opern inzwischen auch als Buchausgabe zu bekommen gibt?

    Zum Rätsel: Mein erster Gedanke war Richard Strauss, um den es da gehen könnte, "der Klang war erst süß glitzernd, dann schmelzend und heiter verwirrt, bis ein Riß geschah" - wobei man den Riß bei Strauss und im "Rosenkavalier" ja eigentlich eher andersherum sieht. Aber immerhin hat er sich auch von klangprächtigen spätromantischen Anfängen bis zur "Elektra" gearbeitet.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Das passt aber beides leider nicht.

    dann könnte

    Y = 1918

    Z = Histoire du soldat

    sein?

    so zerfallen, so einsam und wichtig irr

    würde wohl wirklich besser zur Histoire als zum Sacre passen, nur die Vorgeschichte schiene etwas verkürzt

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Das ist in der Tat beides korrekt!

    Der Übersichtlichkeit halber hier das Rätsel inklu der bisherigen Lösungen:

    Ernst Bloch schreibt in seinem einst Aufsehen erregenden Buch X, das auch einen Essay zu Strawinsky enthält:

    "Was hohl ist, darauf läßt sich gut pfeifen. So hält es auch Stravinskij mit sich und dem seinen, er versuchte schon viel. Leere trommelt betörend auf sich selbst, bekleidet sich auch, zieht Altes an, wird maskenhaft und tönt derart. Der Klang war erst süß glitzernd, dann schmelzend und heiter verwirrt, bis ein Riß geschah. Er geschah 1918 in der Geschichte vom Soldaten; nirgends wurde dieses Jahr so zerfallen, so einsam und wichtig irr notiert. Stravinskij aber ist die Maske, welche immer anders kann. Nichts hängt in seinem Spiel zusammen; eine treulose Musik, eben dadurch heute auch ehrlich. Der Klang ist jedesmal anders und, während sein Stück noch spielt, schon nicht mehr ganz bei ihm."

    Nun noch der Titel des Buches und die Sache ist geritzt!

    :wink: Agravain

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