ZITATERATEN: Konzert und Oper (ohne Komponisten über Komponisten)

  • So wie Cherubino habe ich jetzt den Namen der Sängerin, er soll ihn aber zuerst nennen. Sie ist sicher eine der Vergessenen, war zu ihren Lebzeiten aber berühmt. Ich wäre von selbst auch nie auf sie gekommen.

    Ich wollte ihn nicht nennen, weil ich ihn ja nicht erraten habe, sondern mit einer Mischung aus Listen durchstöbern und Googeln gefunden: Emma Calvé
    Na, wer hat sie schon mal (singen) gehört? :D

    Hier ist ihre Carmen: https://www.youtube.com/watch?v=KEMHiww3JEI

    Und dieser grantige, aber wortgewandte Schimpfstil mit seiner mitunter fragwürdigen Logik erinnert mich an den Dichter und Kritiker, der sich über "My Fair Lady" so aufgeregt hat, statt daß er froh und dankbar gewesen wäre, daß sein "Pygmalion" eine so geniale Veränderung erfahren durfte.

    Guter Gedanke! Ich wollte gerade einwenden: Aber der war doch Engländer! Aber nein... :versteck1:

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Inzwischen hab ich's kontrolliert: Es ist wirklich G.B.S., der irische Dickschädel.

    Ohne Quasimodos Hinweise wäre es nicht gegangen, er sollte also selbst die nächste Nuß offerieren. :D

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Ohne Quasimodos Hinweise wäre es nicht gegangen, er sollte also selbst die nächste Nuß offerieren.

    Ganz deiner Meinung! :D

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Na also, geht doch! :D

    1894 schreibt George Bernard Shaw (A) über Emma Calvé (B) anläßlich ihres Debüts als Carmen (X) am Royal Opera House Covent Garden in London:

    She was a woman whose strange personal appearance recalls Titian's wonderful Virgin of the Assumption at Venice, and who has, in addition to the beauty of aspect, a beauty of action - especially that sort of action which is the thought or conception of the artist made visible̶such as one might expect from Titian's Virgin if the picture were made alive.
    [...]
    This Carmen is a superstitious, pleasure-loving good-for-nothing, caught by the outside of anything glittering, with no power but the power of seduction, which she exercises without sense or decency. There is no suggestion of any fine quality about her, not a spark of honesty, courage, or even of that sort of honour supposed to prevail among thieves. All this is conveyed by Calvé with a positively frightful artistic power of divesting her beauty and grace of the nobility - I had almost written the sanctity - which seems inseparable from them in other parts.
    [...]
    Her death-scene, too, is horribly real. The young lady Carmen is never so effectively alive as when she falls, stage dead, beneath Don José's cruel knfe. But to see Calvé's Carmen changing from a live creature, with properly coordinated movements, into a reeling, staggering, flopping, disorganized thing, and finally tumble down a mere heap of carrion, is to get much the same sensation as might be given by the reality of a brutal murder [...] Nothing would induce me to go again. To me it was a desecration of a great talent. I felt furious with Calvé, as if I had been shown some terrible caricature of Hogarth of the Titian.

    Zitiert nach Henry Pleasants, The Great Singers. From the Dawn of Opera to Our Own Time. London (?) 1967.

    Das andere Zitat stammt aus The Perfect Wagnerite (1898) und bezieht sich auf zeitgenössische Bayreuther Aufführungen. Realistische Kostüme und realistisches Aussehen erwartet Shaw offenbar, realistisches Spiel ist ihm ein Graus. Hätte ich so nicht erwartet.

    Das Zitat über Emma Calvés Stimme stammt von Rodolfo Celletti, zitiert nach dem deutschen Wikipedia-Artikel über Emma Calvé.

    Waldi und Cherubino müssen die Fortsetzung unter sich ausmachen.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Ergänzung:

    Ich finde es außerordentlich interessant, dass zu der Zeit offenbar ein Umbruch in der Ästhetik der Wahrnehmung von Opernaufführungen stattfindet. Was Calvé hier szenisch propagiert, hat ja sein musikalisches Pendant im Aufkommen des Verismo (sicher kein Zufall, dass Calvé ihren ganz großen Durchbruch als Santuzza und Carmen hat). Und was Calvé hier vor 130 Jahren beginnt (und sicher auch andere), das scheint ja bis in die Gegenwart nachzuwirken, wo ein Teil der Zuschauerschaft nunmehr die Abwesenheit von andalusischem Lokalkolorit und streng realistischer Darstellung mit Unverständnis und Ablehnung quittiert und, wie Shaw seinerzeit, aber aus entgegengesetzten Gründen sagt: Nothing would induce me to go again.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Sehe das eben erst;

    Ohne Quasimodos Hinweise wäre es nicht gegangen, er sollte also selbst die nächste Nuß offerieren.

    Nee, nicht schon gleich wieder!

    Waldi und Cherubino müssen die Fortsetzung unter sich ausmachen.

    Wenn ihr nicht mögt, dann vielleicht Tastenrabe; der hatte ja schon schnell "X" erraten.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Nun gut, denn man tau...

    A beschreibt: ..in einer kleinen Stadt Y, wo ich X spielte. Ich reiste mit B. Nach der Probe gingen wir (A und B) mit dem Konzertmeister zurück ins Hotel. Auf meinem Zimmer sagte der Musiker zu mir,"Wollen Sie sich nicht ein bißchen vergnügen?Ich kenne hier ein phantastisches Bordell". Also beschlossen die beiden, da nichts anderes zu tun war, dort hinzugehen.Ich zögerte, weil ich am nächsten Abend X spielen mußte, das ich nicht genügend kannte. Aber ich ging jedenfalls mit. Die Bordellmutter empfing uns, und schon kamen die Mädchen die Treppe herunter, alle ganz nackt..... Die Dame des Hauses kam zu mir. ... Ich erzählte ihr, ich würde am nächsten Tag mit Orchester spielen. Als der Konzertmeister und B zurückkamen, erzählten sie ihr alles über mich und fragten sie, ob sie nicht ins Konzert kommen wolle. "Nein", antwortete sie," ich gehe nie ins Konzert".
    Als ich nun am nächsten Abend spielte, schaute ich in eine der Logen und entdeckte dort alle sechs Damendes Bordells mit ihrer Chefin in der Mitte. Alles schaute hinüber. Jeder wußte, wer sie waren. Es hatte in allen Zeitungen gestanden.


    Wer sind A und B? Um welche Stadt Y handelt es sich? Und welches Werk X wurde gespielt?


    Faites votre jeu! :D

  • ob das Zitat übersetzt oder Original ist...

    Ich kenne es nur auf Deutsch, allerdings ist der Autor (nicht dieselbe Person wie A), aus dessen Buch ich zitiere, Amerikaner und hat das Buch in den U.S.A. herausgebracht ... also ja, es ist übersetzt.
    Vielleicht noch soviel: Liszt und Rubinstein sind schon in die richtige Richtung gedacht ...

  • Ich habe die Anekdote schonmal gehört, dachte aber auch es sei Rubinstein dabei gewesen. Vermutlich aber jedenfalls ein Pianist? Ansonsten gibt es so ähnliche Geschichten auch in Piatigorskys Erinnerungen (auf dt. Mein Cello und ich).

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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