ZITATERATEN: Konzert und Oper (ohne Komponisten über Komponisten)

  • Das sind mir zuviele Grinsesmileys. :D

    Vielleicht ist G niemand anderes als "der Meister" himself, der in Tietjens Fantasie blitzeschleudernd aus Walhall Furtwängler in die Schranken weisen wird?

    :wink:

    .

  • Vielleicht ist G niemand anderes als "der Meister" himself, der in Tietjens Fantasie blitzeschleudernd aus Walhall Furtwängler in die Schranken weisen wird?

    So ist es! :D

    Der allmächtige Heinz, vorübergehend seiner Allmacht enthoben, ergeht sich hier in einer kleinen Allmachtsfantasie ;( . Er betrieb zu der Zeit eine regelrechte Hetzkampagne gegen Leider, die auf seinem heiligen Stuhl an der Berliner Staatsoper Platz genommen hatte; möglicherweise auch, weil Leider nicht bereit war, ihm in seinem Entnazifierungsverfahren eine Entlastung zu erteilen (was sie immerhin für keine andere als Winifred Wagner getan hatte). Tietjen an Winifred Wagner:

    Frau Leider stellt Dir eine eine großartige, vollkommen wahrheitsgemäße Entlastung zur Verfügung [...] und gegen mich hat sie in großer Niedertracht und außerdem Vernichtungswillen gearbeitet [...] Und nun haben die beiden auch noch den Furtwängler an sich gerissen, der im Herbst hier mit Frida als Regisseurin den Tristan macht mit meiner Originalbesetzung."

    Das gesamte Zitat:

    Heinz Tietjen schreibt an Emil Preetorius:

    "Wie jämmerlich das Verhalten von Furtwängler. 20 volle Jahre durften wir beide alles, was er dirigierte, auf der Bühne in die Tat umsetzen, und nun hat er zum ersten Mal nach dem Kriege ohne uns Beide den Tristan gemacht mit Frida Leider als Regisseur und Schenck von Trapp als Bühnenbildner. Beider wurden in der ganzen Berliner Presse verrissen. Ich schicke ihnen einliegend 5 solcher Auslassungen. Aber Furtwängler hat ja niemals die Bühne interessiert, und so wird er auch jetzt nicht gemerkt haben, dass wir Beide sein tatsächlich hohes musikalisches Niveau vervollständigten, zu einer Einheit, die einmal war. Dass er der Leider und dem Deman am 11. Dezember 46 in die Finger lief und diese ihn nicht mehr losließen, wird mal sein eigener Schaden sein, denn Richard Wagner wird ihm schon beim Ring, den nur Sie und ich ihm in der Urform des Ring-Schöpfers zelebrierten, die Antwort erteilen, denn es sind außer Ihnen und mir keine da, die durch Forschen und Wissen, vom Können der Heutigen ganz abgesehen, doch wohl ziemlich dicht an die Verwirklichung des wirklichen Willens des Meisters herangekommen sind [...] Furtwängler müsste wissen, wie der Deman und die Leider in den Jahren 36-37 über seinen Ring in Bayreuth sich das Maul zerrissen: keinen trockenen Faden haben sie an seinem Dirigieren gelassen, dafür sind etliche Zeugen da. Aber außer ihnen ist ja keiner auf der Welt da, auf den er hört."

    (Beide Zitate nach Eva Rieger: Frida Leider. Sängerin im Zwiespalt ihrer Zeit. Hildesheim 2016.)

    Die Äußerungen Leiders über Furtwänglers Bayreuther Ring sind nach Meinung ihrer Biografin frei erfunden. Tietjen war als Intrigant und Opportunist mindestens so erstklassig wie als Dirigent, Regisseur und Theaterleiter.

    Der Bühnenbildner jener Berliner Tristan-Produktion war Lothar Schenck von Trapp. Den musste ich mir auch erstmal ergooglen: u.a. wurden seine Bühnenentwürfe und Bühnenmalereien 1934 bei einer Ausstellung des Museum of Modern Art in New York gezeigt. S. z. B. hier. Jene Tristan-Inszenierung von 1947 antizipierte nach Aussage von Jürgen Kesting mit ihren Lichteffekten die Bayreuther Inszenierungen Wieland Wagners (dem Leider übrigens ebenfalls eine Entlastung verweigerte); woher Kesting das hat, erzählt er leider nicht.

    ***

    Braccio hat den ersten Keil eingeschlagen, aber Zwielicht hat die schwierigeren Sachen herausbekommen. Er war ja sowieso dran ...

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Sehr interessant, danke! Ich wusste nicht, dass Furtwängler schon 1947 wieder den Tristan an der Berliner Staatsoper (bzw. wohl im Ausweichquartier des Admiralspalastes in der Friedrichstraße) dirigiert hat, zumal in der Regie von Frida Leider.

    Bei Youtube habe ich zumindest den "Liebestod" in einem Mitschnitt einer Aufführung dieser Serie gefunden (https://www.youtube.com/watch?v=x9m-lQeSz_s) - Erna Schlüter singt etwas angestrengt die Isolde, Furtwänglers Klang- und Tempodramaturgie ähnelt hier ziemlich derjenigen in seiner Studioaufnahme (z.B. https://www.youtube.com/watch?v=1FwhIQYxkk8 - natürlich viel besserer Klang).

    Das nächste Rätsel folgt spätestens morgen.

    :wink:

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  • Neues Rätsel

    Fast wie bei Agravains letztem Rätsel geht es auch hier um einen jungen Dirigenten, der die Beredtheit des Taktstocks bei einem erfahrenen und berühmten Kollegen bewundert.


    A erzählt im Rückblick:

    B dirigierte Freiluftkonzerte im weißen Smoking, sehr elegant. Ebenso elegant war seine Dirigiertechnik, ich habe nur so gestaunt. Für den Anfang von Strauss' "Tod und Verklärung" hielt er den Takstock mit zwei Fingern am dicken Ende und ließ die Spitze fallen, ganz ohne Impuls. Die erste Synkope war wirklich wie ein aussetzender Herzschlag. Für die einzige Unterrichtsstunde meines Lebens im Dirigieren ging ich zu ihm ins Hotel und fragte, wie man Stücke anfängt, die keine "Eins" zu Anfang haben, wie "Don Juan" von Strauss, oder die Fünfte von Beethoven. Er gab mir komplizierte Erklärungen (zum Beispiel die Fünfte in Vierteln anzufangen!), die er sicher nie praktiziert hatte und die mir wenig nützten.

    Wer sind die Dirigenten A und B?

    :wink:

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  • Und der elegante B im weißen Smoking = Leonard Bernstein?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Autodidakt A = Pierre Boulez?

    Nein, A hat ebenso wie B und im Gegensatz zu Boulez meistens mit Taktstock dirigiert.

    Und der elegante B im weißen Smoking = Leonard Bernstein?

    Könnte man sich gut vorstellen, aber nein - B ist älter als Bernstein.

    (Ich weiß auch nicht, ob Bernstein je Tod und Verklärung dirigiert hat - im Gegensatz zu Don Juan, Till, Zarathustra und Don Quixote.)

    :wink:

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  • Noch ein Schuss ins Blaue: Irgendwie bringen mich die "Freiluftkonzerte" auf südliche Gefilde! Argentinien vielleicht?

    A = Michael Gielen?
    Für B käme dann Fritz Busch in Frage. Oder Erich Kleiber.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Argentinien vielleicht?

    :thumbup:

    A = Michael Gielen?

    Die Kombi "Argentinien" und "junger Dirigent" trifft aber auch auf Daniel Barenboim oder Carlos Kleiber zu. :D

    Nein, es stimmt: Michael Gielen. :jaja1:

    Für B käme dann Fritz Busch in Frage. Oder Erich Kleiber.

    Beide (zumindest zeitweise) in Argentinien ansässig und außerdem wichtige Richard-Strauss-Dirigenten. Letzteres war B auch, aber Gielen besuchte ihn in Buenos Aires im Hotel.

    :wink:

    .

  • Waren die denn auch beide Autodidakten?

    Als Dirigenten schon, soviel ich weiß. Jedenfalls haben alle drei keinen regulären Dirigierunterricht an einer Hochschule oder Akademie gehabt (was damals sicher auch seltener vorkam als heute). Barenboim war ausgebildeter Pianist und ist erst viel später zum Dirigieren gekommen, Gielen und C. Kleiber haben beide Klavier und Musiktheorie in Buenos Aires studiert - und Kleiber sen. hat, soweit ich mich an meine Lektüre der C. Kleiber-Biographie von Werner erinnere, seinem Filius niemals Unterricht erteilt.

    :wink:

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  • Er hat meines Wissens zumindest in Buenos Aires dirigiert.
    Und ein bedeutender Strauss-Dirigent war er auch ...

    Stimmt. Leider aber ist B nicht Reiner.

    Da Gielen "Eleganz" als Merkmal von B hervorhebt: ich finde, dass man das B's Dirigaten, gerade auch seinen Strauss-Dirigaten schon manchmal anhört.

    :wink:

    .

  • Dann schieße ich ob der „Eleganz“ noch einmal ins Blaue: War es etwa der Meister aus Anif? Will sagen: His HvKness? :/
    Der hat doch in den späten 40ern eine Südamerikatournee gemacht. Oder war es in den 50ern?

    :wink: Agravain

  • War es etwa der Meister aus Anif? Will sagen: His HvKness?

    Auch ein wichtiger Strauss-Dirigent! Der war ja später in den 50ern Gielens Chef an der Wiener Staatsoper. Und er hat auch in den späten 40ern in Buenos Aires gastiert. Darüber berichtet Gielen: ...Herbert von Karajan, der ein paar Konzerte hinflegelte und das alles gar nicht ernst nahm: In einer Probe saß er auf einem niedrigen Schemel und streckte die Beine weit von sich... An seinen Freund Rudolf Gamsjäger, den Direktor des Musikvereins und späteren Opernintendanten in Wien, schrieb er eine Postkarte mit der Ansicht des großen Obelisken auf der Straße des 9. Juli und dem Text: "Buenos Aires: a Negerdorf".

    Aber, um es kurz zu machen ;) : HvK ist auch nicht B.

    :wink:

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  • Aber, um es kurz zu machen ;) : HvK ist auch nicht B.

    Och, menno.
    Da gibt es noch Verschiedene, die ich hier auflisten könnte, schließlich haben die meisten Dirigenten auch Argentinien bereist. Mehrere fallen mir neben Bertl in Punkto „Eleganz“ noch ein. Davon nutzte einer aber in der Regel kein Baton. Hm.
    Eine Frage also, bevor ich mein letztes Feuer verschieße: Stammten Gielen und B aus derselben Stadt?

    :wink: Agravain

  • Nein, leider auch nicht Kempe.

    Es ist einer der Dirigenten, die in Strauss' späteren Jahren (grob gesagt seit den 20ern/30ern) besonders eng mit ihm zusammengearbeitet haben. Da würde ich ihn neben Fritz Busch und einem noch nicht genannten Herrn, mit dem ich aber "Eleganz" eher nicht verbinde, als den wichtigsten bezeichnen.

    :wink:

    .

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