Die langen Schatten der Vergangenheit: Bogensee (III)
Zufälligerweise stießen wir auf unseren 'Wanderungen durch die Mark Brandenburg' vor einiger Zeit auf einen riesigen Gebäudekomplex im Stil des sozialistischen Realismus am Bogensee. Einst als FDJ-Kaderschmiede geplant und erbaut, diente er später als eine Art Hochschule für Studenten aus aller Welt. Nach der Wende bezogen ihn verschiedene Firmen, nun steht er allerdings schon längere Zeit verlassen und wohl auch langsam verfallend in einem Waldgebiet in der Nähe des Bogensees nördlich von Berlin herum. In einer angrenzenden Villa errichtete die FDJ durch das Betreiben von Erich Honecker zunächst einen Kindergarten, dann gab es dort einen Konsum, später einen Friseur und nun steht das Gebäude leer. Pikant wird das alles, wenn man weiß, dass es sich bei der Villa um die ehemalige Behausung von Joseph Goebbels handelt.
Diese ist in einer Mischung aus 'völkisch' verstandenen Landhausstil und Nazi-Architektur gehalten, bietet immer noch die berühmten versenkbaren Fenster im ehemaligen Wohnzimmer, allerdings nicht mehr den Blick auf den See, der völlig zugewachsen ist.
Hier treffen also bauliche Zeugnisse der beiden 'großen' Diktaturen des 20. Jhrdts. direkt aufeinander. Beide Komplexe sind in einem baulich (noch) hervorragenden Zustand, benötigen also keinerlei Sicherungsarbeiten. Das Land Berlin als Eigentümer bietet das gesamte Areal zum Verkauf an, was ich aufgrund der besonderen historischen Bedeutung schon für problematisch halte. Eigentlich ist eine mögliche künftige Nutzung relativ klar erkennbar. Es schreit geradezu nach einem Dokumentationszentrum beider Diktaturen. Gerade auch die Goebbels-Villa sollte dringend wieder in der entsprechenden Form zugänglich gemacht werden, weil sich hier die 'Banalität des Bösen' direkt vorführen ließe, scheint es mir doch eine der wenigen erhaltenen Privatwohnungen der obersten Nazi-Riege zu sein. Aber seit Jahren passiert nichts. Nun war es nicht so bei unserem Besuch, dass sich Horden von Nazis ein Stelldichein dort gaben, aber man weiß ja nie. Bevor Nazis oder auch Stalinisten diesen Ort für sich okkupieren, sollte doch der demokratische Staat einschreiten.
Es ist ein Ort, den wir nicht negieren können. Wir haben uns ihm zu stellen und könnten das eigentlich auch mit Gewinn, wenn das Land Berlin mal ein bisschen Geld in die Hand nehmen würde.
Auf youtube gibt es eine ganze Reihe von Videos zu diesem Bereich und man muss schon ziemlich aufpassen, dass man nicht Videos von irgendwelchen obskuren Typen verlinkt. Ich glaube, dieses ist relativ 'normal' (bis auf die unsägliche Musik ).
https://www.youtube.com/watch?v=0mGXi6xvt4c
Wolfram