Schönberg - späte Tonalität, spät-tonale Werke

  • das Geklimper

    Das klingt sehr abwertend und ich habe das Gefühl, das ist auch so gemeint. Ohne hier Amfortesistik-Forschungen betreiben zu wollen: Wenn er sich einer ›lockeren Ausdrucksweise‹ bedient, kommt das nicht so rüber.

    Das ist mein größter Einwand gegen Musik, dass Österreicher darin exzelliert haben.
    (Arno Schmidt: Das steinerne Herz)

  • Stehe grad auf dem Schlauch: Um welche Schönberg-Werke geht es grad? Klavierstücke op. 33a und 33b? Müßte ich mal wieder hören, weiß nicht, ob hier Schönberg wieder Tonales einfließen läßt. Wie auch immer: Das ist für mich kein "Geklimper".

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Das klingt sehr abwertend und ich habe das Gefühl, das ist auch so gemeint.

    Das ist für mich kein "Geklimper".

    "Geklimper", kommt m.E. oft eine erste – gleichsam „spontane“ - Schicht beim ersten Reinziehn klassischer bzw. zeitgenössischer Moderne rüber.
    Mucke-Reinziehn (generell) ja prozessual, d.h. mehrschichtig und es wär‘ mega-supi, falls Hör-Eindruck nicht bei „Geklimper“ strandet, sondern sich mehr & mehr auffächerte. Zu diesem Zweck wurden dem Dimov-String, einige kürzere Schönberg-Strings als Neo-Appetizer angedockt.

    Mit Schönberg-Mucke (wie mit jeder fetzigen, egal ob Tradition oder Moderne) haben meine Lauscherchen sowieso nicht fertig......

    Stehe grad auf dem Schlauch: Um welche Schönberg-Werke geht es grad? Klavierstücke op. 33a und 33b? Müßte ich mal wieder hören, weiß nicht, ob hier Schönberg wieder Tonales einfließen läßt.

    Bei den ersten beiden Stücken von op. 11 kommt meinen Löffeln solches Feeling rüber (allerding ohne "wieder", weil früher entstanden als op. 33 a+b):
    https://www.youtube.com/watch?v=oChIB6y05-0
    https://www.youtube.com/watch?v=Auf17qG8Nvw

    Absichtlich jedoch zunächst die beiden ersten Strings von op. 11 abgeklemmt, weil Zugang zur sog. atonalen Mucke m.E. am besten funzt durch beherzten Kopfsprung ins kalte "atonale" Wasser quasi als Challenge.

    … müsste mir auch mal bei Gelegenheit wieder Line aus Klaviersuite op. 25 sowie op. 33a +b durchziehn; dabei deine Frage im Brägen …

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • … müsste mir auch mal bei Gelegenheit wieder Line aus Klaviersuite op. 25 sowie op. 33a +b durchziehn; dabei deine Frage im Brägen …

    :top:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Helmut Lachenmann

  • Die Pollini Einspielung von Schönbergs Klavierwerk hab ich irgendwann im Herbst 1988 als LP gekauft, auch damals schon im Wahn, mich mit neuer Musik beschäftigen zu müssen. Hat mich damals nicht gereizt,- und beim heutigen Hören wird es nicht besser. Wenn andere Foristen meinen, bei ihm/ihr wäre das anders, bitte.

  • … müsste mir auch mal bei Gelegenheit wieder Line aus Klaviersuite op. 25 sowie op. 33a +b durchziehn; dabei deine Frage im Brägen …

    Habe ich jetzt gemacht: zweimal das gesamte Schönbergsche Klavierwerk, mit Eduard Steuermann und mit Hardy Rittner: Was op. 33a&b angeht: Eine Rückkehr zur Tonalität höre ich da nicht (das ist ja hier das eigentliche Thema!); das wird auch durch diese Kurzbeschreibung bestätigt: https://www.schoenberg.at/index.php/de/j…-a-33b-19291931.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Helmut Lachenmann

  • Die Pollini Einspielung von Schönbergs Klavierwerk hab ich irgendwann im Herbst 1988 als LP gekauft, auch damals schon im Wahn, mich mit neuer Musik beschäftigen zu müssen. Hat mich damals nicht gereizt,- und beim heutigen Hören wird es nicht besser. Wenn andere Foristen meinen, bei ihm/ihr wäre das anders, bitte.

    Na ja. der Kunst generell ist nicht bloß Schein, sondern auch Wahn beigemixt. Der mega-fetzige Versequäler Rühmkorf brachte das mal (im Gedicht <Hochseil>) treffend auf Punkt:

    … Ich sage: Wer Lyrik schreibt, ist verrückt.
    Wer sie für wahr nimmt, wird es….

    …Ganz unten am Boden gelten wir
    für nicht mehr ganz zurechnungsfähig…. :P :P :thumbup: :thumbup:

    https://www.deutschelyrik.de/hochseil.html

    .. Atonalität von Notenquälereien könnte durchaus auch darauf abzielen „schönen Schein“ von Mucke so richtig – tatort-nick-tschiller-like- die Fresse zu polieren……

    Mit der Pollini-Einspielung hatten meine Löffel lange Zeit gleichfalls Schwierigkeiten. Löffel mochten lange Zeit lieber zupackende Studiokonserve mit Tastenquälerin Pi-Hsien Chen (inklusive Fragmente); bis zufällig Pollini-Livestring vom Gesamtwerk vom 22.08.74. ergattert wurde -> Knaller => seitdem springt Funke auch von Pollinis Studiokonserve rüber…

    Habe ich jetzt gemacht: zweimal das gesamte Schönbergsche Klavierwerk, mit Eduard Steuermann und mit Hardy Rittner: Was op. 33a&b angeht: Eine Rückkehr zur Tonalität höre ich da nicht (das ist ja hier das eigentliche Thema!); das wird auch durch diese Kurzbeschreibung bestätigt: http://schoenberg.at/index.php/de/joo…cke-op-33a-a-33b-19291931.

    Eduard Steuermann

    -> Old School :D

    Hardy Rittner:

    -> HIP HIP… :D
    Wow.. :thumbup:

    Lauscherchen zogen Pollini-Line aus Klaviersuite und op. 33 a+b sich durch => nämlicher Eindruck.. :jaja1:

    Zwecks weiterer Fact Finding Mission könnte man ja mal Kol Nidre op. 39 und/oder Modernen Psalm op. 50 c sich gönnen…

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Schmidt beschreibt, wie Schönberg in den Skizzen zu den Orgelvariationen (es gibt zu keiner Komposition von Schönberg relativ gesehen soviel Skizzen wie zum op. 40) eine Art "Tonalität" entwirft, die an die letzten noch tonal zu bezeichnenden Werke vor dem Übergang zur Atonalität (Kammersinfonien) anknüpft. [...]

    Schönberg stellt systematisch nach bestimmten Prinzipien gebildete Akkkorde und Akkordfortschreitungen zusammen (die sich natürlich zur wirklichen Komposition etwa so verhalten wie Beispiele aus einer Harmonielehre zu einer solchen).

    Ich habe mir die Skizzen für die Variations on a Recitative jetzt mal auf der Schoenberg-Website angeschaut. Sie umfassen 71 Seiten. Auf den Seiten 1 - 52 finden sich weitläufige Skizzen für Rezitativ, Variationen und Cadenza. Seite 53 Mitte bis 71 umfassen die Skizzen für die Fuga, sowie die für den Artikel relevanten Skizzen zum Akkordaufbau (am Anfang von Seite 53), "regelmäßigen" Akkordfortschreitungen (auf Seite 62) und frei gebildeten Akkordfortschreitungen (Seite 67).

    Es erscheint mir evident, dass die Skizzen auf Seite 53 und 62 keine vorgefasste Regel darstellen, sondern von Schoenberg aus dem zuvor komponierten Großteil des Stückes "abgeleitet" sind. Die Skizze auf Seite 67 scheint mir Beweis genug dafür zu sein (siehe unten).

    Der Akkordaufbau schließt das Bauprinzip der herkömmlichen Tonalität nicht gänzlich aus, benutzt also auch aus Terzen aufgebaute Akkorde; darüber hinaus aber entwickelt er einen zweiten Akkordtyp, der auf Übereinanderschichtung reiner Quarten beruht. Diese Quartschichtung muß nicht lückenlos sein; so kombiniert Schönberg einen gegebenen fünftönigen Quartenturm mit jeweils einem sechsten Ton, der eine Lücke in der Fortsetzung der Quartschichtung läßt (also zum Quartenturm {c - f - b - es - as} jeweils hinzutretend ges oder h oder e oder a oder d. Auf diese Weise wird ein Akkordrepertoire aufgebaut, das maßgebend ist für die Akkordbildung in den Orgelvariationen und den diese umgebenden tonalen Kompositionen.

    Das ist die Skizze auf Seite 53 (von mir abgeschrieben, wie auch die folgenden):

    Akkordtyp 1 und 7 sind identisch, Akkordtyp 2 und 5 sowie Akkordtyp 3 und 6 sind exakte (?) Umkehrungen voneinander. Die exakte Umkehrung von Akkordtyp 4 (für die man den Ton E des Quartenakkordes 0 unterhalb des C anstatt oberhalb des Gis anbringen würde) hat Schoenberg nicht skizziert. Allen Akkordtypen ist gemein, dass a) vier Intervalle des Akkordes Quarten sind, und b) das oberste oder unterste Intervall des Akkordes entweder eine Quarte (duch weitere Umkehrung des Akkordes auch: große Septim), ein Tritonus (durch weitere Umkehrung: kleine Septim), eine kleine Terz (durch weitere Umkehrung: eine kleine Sekund) oder eine kleine Sext ist (ergibt in der Umkehrung wieder eine kleine Sext); große Sekund, große Terz, Quint und große Sext sind als oberstes/unterstes Intervall nicht möglich, weil sich dann ein Akkordton wiederholen würde. Da die Akkorde mit oberstem/unterstem Intervall 4/#7, b5/b7 und b3/b2 je den gleichen Tonvorrat haben, ergeben sie zusammen mit b6(/b6) vier sechstönige Akkorde unterschiedlichen Tonvorrats, die alle mindestens vier aufeinanderfolgende Quarten enthalten. Das habe ich in der folgenden Umstellung zu veranschaulichen versucht:

    Schönberg stellt zudem eine Fortschreitungsregel auf. In der herkömmlichen Tonalität beruht die Akkordfortschreitung im Prinzip auf der Quintfortschreitung der Grundtöne. Schönberg dagegen regelt an Stelle dessen die Fortschreitung aller Akkordtöne. Maßgebend dafür wird als Folge der weitestgehenden Chromatisierung des Tonsatzes der Halbton. Das heißt: Die Fortschreitung von einem Akkord zum nächsten erfolgt durch Halbtonfortschreitung im Prinzip aller Akkordtöne. [...]

    Der erste Akkord gehört immer dem Typus der Quartenakkorde an, der zweite ist stets ein Dur- oder Molldreiklang. Die Töne der beiden Akkorde sind je einen Halbton voneinander entfernt. Will man unter Voraussetzung der angegebenen Fortschreitungsregel in einen Dur- bzw. Molldreiklang fortschreiten, so kann der Ausgangsklang maximal sechs verschiedene Tonqualitäten umfassen - das erklärt die Sechstönigkeit der Quartenakkorde.

    Die Quartenakkorde fungieren als Spannungsklänge, die Dreiklänge als Lösung. Die Akkorde sind damit in Hinsicht auf ihre Gewichte, ihre harmonische Funktion qualifiziert.

    Siehe hierzu die Skizze auf Seite 62:

    Wie man sieht, dürfen von den oben gewonnenen sechstönigen Akkorden nur je fünf Töne verwendet werden (von Oktavdopplungen natürlich abgesehen), weil sonst die Fortschreitung in einen reinen Dur-/Mollakkord nicht möglich ist. Ausnahme ist Akkordtyp 2 (nach meiner Zählung), den zabki schon im Eingangsbeitrag als Beispiel gegeben hat, bspw. Fes-B-Es-As-Des-Ges nach D-Moll oder seine Umkehrung B-Es-As-Des-Ges-C nach G-Dur.

    Beide Prinzipien, das des Akkordaufbaues und das der Akkordfortschreitungen werden allerdings nicht völlig exakt verwendet: der Akkordaufbau kennt Abweichungen von Akkordtönen um einen Halbton, die Akkordfortschreitungen Ersetzung eines Halbtonschrittes durch Ganzton- oder Terzschritt. (Das sind keine "Versehen" von Schönberg, der vielmehr die entsprechenden Stellen eigens markiert).

    Vielmehr würde ich sagen, dass es sich für Schoenberg bei den obigen Skizzen gar nicht um Prinzipien im Sinne einer Regel gehandelt hat, wie die Skizze auf Seite 67 zeigt:

    Von den elf Fortschreitungsbeispielen finden sich fünf, in denen der "Spannungsakkord" auf einem der obigen Akkorde basiert (drei davon basieren auf Typ 1, also einem Akkord aus fünf Quarten (wobei der Akkord in einem Beispiel nur fünfstimmig ist); je ein Beispiel basieren auf Typ 2 und Typ 3 (nach meiner Zählung)). Die anderen sechs Beispiele beinhalten im "Spannungsakkord" alle mehr als ein Intervall, das keine Quart ist. Zudem schreiten die Akkordstimmen nur in den ersten beiden Beispielen komplett in Halbtönen fort. Immerhin schreitet in sieben Beispielen nur eine Stimme nicht in einem Halbton weiter; in zwei Beispielen sind es je zwei Stimmen, in einem Beispiel drei. Als Halbtonersatzintervalle kommen hier Prim, große Sekund, kleine Terz und Quart vor.

    Diesen drei im Kompositionsverlauf des Stücks relativ spät entstandenen Skizzen mehr zusprechen zu wollen, als dass Schoenberg sich hier bereits komponierte harmonische Vorgänge im Nachhinein selbst vergegenwärtigt hat, halte ich für unplausibel. :wink:

  • Hallo Melione,

    das ist ja ein super Beitrag!!

    Mir war schon gar nicht präsent, daß man die Skizzen online einsehen kann.

    Ich weiß nicht, wann ich zu einer ausführlicheren Antwort komme, nehme es mir aber fest vor!

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Von den elf Fortschreitungsbeispielen finden sich fünf, in denen der "Spannungsakkord" auf einem der obigen Akkorde basiert (drei davon basieren auf Typ 1, also einem Akkord aus fünf Quarten (wobei der Akkord in einem Beispiel nur fünfstimmig ist); je ein Beispiel basieren auf Typ 2 und Typ 3 (nach meiner Zählung)). Die anderen sechs Beispiele beinhalten im "Spannungsakkord" alle mehr als ein Intervall, das keine Quart ist. Zudem schreiten die Akkordstimmen nur in den ersten beiden Beispielen komplett in Halbtönen fort. Immerhin schreitet in sieben Beispielen nur eine Stimme nicht in einem Halbton weiter; in zwei Beispielen sind es je zwei Stimmen, in einem Beispiel drei. Als Halbtonersatzintervalle kommen hier Prim, große Sekund, kleine Terz und Quart vor.


    Ich kann den Beitrag nicht mehr editieren, aber ich habe mich verzählt. Im obigen Notenbeispiel (die elf Fortschreitungsbeispiele auf Seite 67 der Orgelvariationenskizzen) sind die Spannungskkorde (nach Umkehrung und Transposition) wie folgt aufgebaut:

    Zeile 1:
    Beispiel 1: B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 1 (aber nur fünftönig, also vier aufeinanderfolgende Quarten); drei Stimmen schreiten in Halbtönen fort, eine in der kleinen Terz, eine in der großen Terz
    Beispiel 2: Fes-B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 2; alle sechs Stimmen schreiten in Halbtönen fort
    Beispiel 3: F-B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 1; fünf Halbtonschritte, ein Ganztonschritt
    Beispiel 4: Fes-B-Es-As-Des-G (nur drei aufeinanderfolgende Quarten); fünf Halbtonschritte, ein Ganztonschritt
    Beispiel 5: Ges-B-Es-G-C-E (nur zwei Quarten, aber nicht einmal aufeinanderfolgende); drei Halbtonschritte, zwei Ganztonschritte, ein kleiner Terzschritt

    Zeile 2:
    Beispiel 6 (im Notenbeispiel oben hab ich mich verschrieben - das G müsste ein Ges sein; untransponiert lautet der Akkord also e-gis-cis'-ges'-b'-f''): F-B-E-Gis-Cis-Fis (drei Quarten, aber nur zwei davon aufeinanderfolgend); fünf Halbtonschritte, ein kleiner Terzschritt
    Beispiel 7: G-B-Es-Ges-C-E (nur eine Quarte); fünf Halbtonschritte, ein Ganztonschritt
    Beispiel 8: G-B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 3; vier Halbtonschritte, ein Ganztonschritt, ein kleiner Terzschritt
    Beispiel 9: F-B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 1; vier Halbtonschritte, ein Ganztonschritt, ein Quartschritt
    Beispiel 10: Ges-B-Es-G-C (fünftönig, nur zwei nicht aufeinanderfolgende Quarten); fünf Halbtonschritte, ein Quartschritt
    Beispiel 11: F-B-Es-As-Des-Ges - Akkordtyp 1; fünf Halbtonschritte, eine Stimme bleibt liegen

    Als Regel könnte man daraus ableiten, dass der Spannungsakkord entweder nach Akkordtyp 1, 2, 3 oder 4 aufgebaut sein muss (fünf aufeinanderfolgende Quarten + ein Intervall (b2, b3, 4, b5, b6, b7 oder #7) darüber oder darunter), und/oder fünf von sechs Stimmen in Halbtönen fortschreiten müssen. Einzige Ausnahme von der Regel wäre Beispiel 5 (keines von beidem trifft hier zu). Ich glaube, dass sich Schoenberg dieser Regel nicht unbedingt selber bewusst war.

  • Als Regel könnte man daraus ableiten, dass der Spannungsakkord entweder nach Akkordtyp 1, 2, 3 oder 4 aufgebaut sein muss (fünf aufeinanderfolgende Quarten + ein Intervall (b2, b3, 4, b5, b6, b7 oder #7) darüber oder darunter), und/oder fünf von sechs Stimmen in Halbtönen fortschreiten müssen. Einzige Ausnahme von der Regel wäre Beispiel 5 (keines von beidem trifft hier zu). Ich glaube, dass sich Schoenberg dieser Regel nicht unbedingt selber bewusst war.

    Es zeigt sich, dass es acht Akkordfolgen gibt, auf die beides zutrifft: in denen also ein Akkord mit vier geschichteten Quarten (plus Quart, Tritonus, kleiner Terz oder kleiner Sext darüber oder darunter) über mindestens fünf von sechs Stimmen chromatisch in einen reinen Dur- oder Molldreiklang fortschreitet.

    Für Akkordtyp 4 (der in den Beispielakkordfolgen auf Seite 67 der Variationsskizzen nicht vorkommt) gilt, dass nicht alle drei Töne des Zielakkords in der Oktave verdoppelt werden. Beim Zieldreiklang in Dur kommt dreimal die Quint, beim Zieldreiklang in Moll dreimal der Grundton vor.

    Durch Umtauschung des obersten und untersten Tons ergibt sich in allen acht Fällen ein Spannungsakkord, der aus je zwei um einen Ganzton verschobenen Dreiklängen besteht. Im Fall von Akkordtyp 1 und 2 sind es in beiden "Händen" reine Dur- oder Molldreiklänge: sowohl H-Dur + Cis-Moll als auch H-Moll + Cis-Dur können sich wahlweise nach C-Dur oder C-Moll auflösen; H-Dur + Cis-Dur löst sich nach C-Dur auf; H-Moll + Cis-Moll löst sich nach C-Moll auf.

    :wink:

  • Hab mich noch ein bisschen weiter damit beschäftigt, ich hoffe es langweilt niemanden... Das hätte Schoenberg vielleicht auch noch gefallen:

    Ein achtstimmiger Akkord aus sechs aufeinanderfolgenden Quarten plus kleiner Terz darüber oder darunter kann sich in sieben Halbtonschritten und einem Ganztonschritt in einen Quintsextakkord auflösen, also beispielsweise:

    von D-F-B-Es-As-Des-Ges-Ces
    nach C-E-A-E-G(/A)-C-G-C

    :wink:

  • Ein achtstimmiger Akkord aus sechs aufeinanderfolgenden Quarten plus kleiner Terz darüber oder darunter kann sich in sieben Halbtonschritten und einem Ganztonschritt in einen Sextakkord auflösen

    da sehe ich als Auflösung allerdings einen Quintsextakkord ...

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Mein ich doch ;) Danke. Jedenfalls sind nicht nur Spannungsakkordaufbau (aufeinanderfolgende Quarten + höchstens ein anderes Intervall darüber oder darunter) und Fortschreitungsregel (höchstens eine Stimme nicht-chromatisch) sondern auch das chromatische Total erfüllt. Hätte der olle Schoenberg bestimmt seinen Spaß dran gehabt... :wink:

  • Ein achtstimmiger Akkord aus sechs aufeinanderfolgenden Quarten plus kleiner Terz darüber oder darunter kann sich in sieben Halbtonschritten und einem Ganztonschritt in einen Quintsextakkord auflösen, also beispielsweise:

    von D-F-B-Es-As-Des-Ges-Ces
    nach C-E-A-E-G(/A)-C-G-C


    Ein letztes Notenbeispiel hierzu. ;)

    Nach einigem Experimentieren glaube ich, dass dies (samt Umkehrungen) die einzige Akkordverbindung ist, in der sich ein achttöniger Spannungsakkord mit sechs (oder selbst fünf?) aufeinanderfolgenden Quarten in einen "tonalen" Vierklang auflösen kann; sprich, die das chromatische Total erfüllt. :wink:

  • Hab mich vom Cover irritieren lassen - die Einspielung ist von Martin Schmeding, der nebst Schoenberg-Stücken auf derselben CD auch eine Komposition von Viktor Ullmann eingespielt hat. Hab's letztens nicht so mit den Besetzungen... :versteck1:

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