Krystian Zimerman im Konzerthaus Dortmund
Gestern war ich zum ersten Mal seit Monaten wieder in einem größeren Konzert, und zwar im Konzerthaus Dortmund bei Krystian Zimerman und dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno. Auf dem Programm standen vor der Pause Beethovens Klavierkonzert Nr. 2, B-Dur und die Fünf Sätze für Streichorchester op. 5 von Anton Webern. Nach der Pause folgte Beethovens Klavierkonzert Nr. 1, C-Dur.
Krystian Zimerman zählt für mich seit Jahrzehnten zu den höchstens drei oder vier allerbesten Pianisten weltweit. Atemberaubende Klarheit, kluge und zugleich leidenschaftliche Gestaltung, pianistische Perfektion usw.: Kaum ein Pianist konnte da über all die Jahre mithalten. Seine Aufnahmen z.B. der Brahms-Konzerte, der Debussy-Préludes, der Liszt-Sonate, der Chopin-Konzerte (vor allem die frühere Einspielung mit Guilini), der Chopin-Balladen und viele mehr haben zu recht legendären Ruf. .
Meine Erwartungen waren also hoch. Und wurden extrem enttäuscht: Vom ersten Klaviereinsatz des B-Dur-Konzertes an hörte ich unklaren Klang, rhythmische Instabilität, hingewischte, im Pedal ertränkte Passagen, sogar ungewöhnlich viele falsche Töne. Vor allem aber spielte Zimerman mit einer für mich unangenehmen Lässigkeit, quasi ohne Hingabe oder erkennbares Bemühen um Ausdruck. Es wirkte einfach so, als langweile er sich und wollte möglichst schnell fertig werden. Bei fast allen Klavierpassagen zog er das Tempo gegenüber dem Orchester an, welches dadurch auch selbst starke Zusammenspielprobleme bekam. Beide Konzerte nudelte er lieblos, uninteressiert und schlampig (nach Noten spielend) runter, vor allem das B-Dur-Konzert hatte er anscheinend auch einfach nicht genügend vorbereitet. Zwischendurch gab es einzelne Stellen (und mit dem Largo aus dem C-Dur-Konzert auch einen ganzen Satz), bei denen mal seine frühere Klasse aufblitzte, aber insgesamt gesehen war das ehrlich gesagt ein trauriger Abend. Ich war ziemlich schockiert, weil ich so etwas nie und nimmer erwartet hätte, und ich frage mich seither, ob ihn die Stücke einfach nicht mehr wirklich interessieren, ob er Probleme mit Orchester bzw. Dirigenten hatte (was aber keine Erklärung für seine eigene Instabilität wäre), oder ob er einfach einen extrem schlechten Tag hatte. Seine herausragende Stärke war immer diese großartige artikulierte Klarheit seines Spiels, aber davon war gestern fast nichts mehr zu hören. Ohne seinen großen Namen wäre ich achselzuckend in der Pause gegangen. In den gleichwohl starken Beifall mischten sich auch ein oder zwei Buhrufe (nicht von mir). Zimerman wird am selben Ort auch noch die drei anderen Beethoven-Konzerte spielen (am 3. und 25.10.).