Intonation im Orchester
Die folgenden Beiträge stammen ursprünglich aus dem Faden zum Absoluthören und wurden hierhin als eigener Thread ausgelagert. Braccio
Saiteninstrumente reagieren übrigens genau entgegengesetzt. Stahl deht sich bei Temperaturerhöhung aus, dadurch wird der Ton der (fest eingespannten) Saite tiefer, wenn auch der Effekt bei weitem nicht so stark ist wie bei den Blasinstrumenten. Ein Klavier hat mithin keine Chance gegen sich erwärmende Blasinstrumente. Die Streicher haben das sehr wohl. Sie können im Verlauf eines Konzerts immer wieder nachstimmen. Vielleicht kann Rosamunde etwas dazu sagen, in welchem Umfang das gemacht wird.
Ich weiss nur, dass unsere 1. Oboen immer streng nach Stimmgerät das a angaben. Welche Hz das waren, weiss ich leider nicht. Ich glaube wir haben auch nach den Pausen so nachgestimmt, immer mit Oboen a nach dem Stimmgerät. Rutschen konnte die Stimmung deshalb nur zwischendurch.
Dass die Bläser höher werden und die Streicher tiefer, müsste ja theoretisch zu grossen Intonationsproblemen führen. Ich selber habe das nie bemerkt und glaube deshalb, dass dieser Effekt selbst bei einem 2-stündigen Wagner-Aufzug immer noch minimal ist. (Ich fand im Gegenteil immer seltsam, dass sich meine Bratsche nie wirklich verstimmte . Ein Phänomen. )
Aber wer weiss.....
Ich nehme an, dass die Möglichkeit jedes Instrumentes (im Orchester), sich ohne Nachstimmen anzupassen, ausreicht, um die Intonation insgesamt sauber zu halten.
Dazu fällt mir noch etwas anderes ein:
Ich vermute, dass der grosse Streicher- und auch Chormischklang, bei dem eben nicht alle Individuen ganz genau identische Hz intonieren, lebendiger und vieldimensionaler klingt, als wenn alle ganz identisch dieselben Hz intonieren. Zu sehr abweichen darf es natürlich nicht, aber eben minimal. Vielleicht genau soviel, wie es während einer Aufführung dann auch durch das unterschiedliche Aufwärmen der Instrumente geschieht.
Streicher könnten theoretisch zwischendurch richtig nachstimmen, während andere spielen, aber das wäre natürlich schwierig. Auf der Bühne würde man es gar nicht versuchen. Im Graben schon.
Man kann als Geiger und Bratscher eine kleine aber wirkungsvolle Berichtigung machen, indem man im Wirbelkasten (direkt an der Schwelle zum Griffbrett) mit dem Zeigefinger der linken Hand auf eine Saite drückt. Dadurch wird diese höher. Man kann das gut während des Spiels tun, auch auf der Bühne, und damit das normale Verlängern der Saite und Verstimmen nach unten zwischendurch schnell berichtigen.
Ich habe aber kein wirkliches Problem in Erinnerung in Sachen Stimmung.
Nur einmal sang eine Sopranistin sehr unsauber während einer Aufnahmewoche und war selber darüber sehr entsetzt. Ich glaube es gab sogar Tränen. Aber sie konnte es einfach in der Woche nicht. Und ich glaube sogar, dass deshalb die Aufnahmen abgebrochen wurden und es nie zu der Einspielung kam. Aber das hat ja nichts mit Instrumenten-Stimmung zu tun.