Auftaktig / ganztaktig / nachtaktig - Grenzfälle und Zweifelsfälle in Kompositionen und Interpretationen

  • Auftaktig / ganztaktig / nachtaktig - Grenzfälle und Zweifelsfälle in Kompositionen und Interpretationen

    Dieser Thread entspann sich aus Betrachtungen zu Beethovens Streichquintett C-Dur op 29, Finale.
    Die ersten Beiträge beziehen sich noch auf diesen Satz, insbesondere die Durchführung, die man hier mit Noten anhören kann. Das Finale startet bei 22:55, die Durchführung bei 26:34

    Mein Interesse gilt schon immer dem oft irritierenden Phänomen, dass eine Stelle auftaktig notiert ist aber leicht als ganztaktig - also "falsch" - gehört werden kann (Brahms 3. Sinfonie, 1. Satz ist voll davon), und ebenso solchen Beispielen, die ganztaktig notiert sind aber leicht als auftaktig "missverstanden" werden können, von Hörern wie Interpreten. Dazu gibt es zahllose Beispiele von Janacek, von denen ich plane einige im weiteren Verlauf vorzustellen.
    In der Hoffnung dass dieser Thread spannend wird und bleibt...
    Khampan
    -------------------------------------------------------------

    Ich spreche ins Unreine: Was mir auffällt, ist dass das musikalische (motivische?) Interesse in diesem Satz (ausschliesslich?) im Auftakt besteht. In der Durchführung wird mit dieser Idee dann genau durch die Verschiebungen und Verwirrungen, die Du beschrieben hast, rumgespielt und sie dadurch weiter verstärkt. Der Auftakt wird dann auch rhythmisch, nicht nur motivisch, zum Schwerpunkt. Wie ist es harmonisch?

    zunächst mal: die Figur aus 6 Sechzehnteln würde ich nicht als Auftakt bezeichnen. Erstens bildet sie einen ganzen :D halben Takt, und zweitens erscheint sie zuerst in Takt 2, nicht als Auftakt zu Takt 1. Ich bin da recht streng, denn das ist ziemlich genau das Verfahren, das beispielsweise auch Janacek anwendet, wenn er scheinbar Auftakte verwendet. Auch da sind es keine Auftakte, weil sie nicht vor dem Schwerpunkt (des Beginns einer Phrase) stehen, sondern danach, also entweder am Ende von Takt 1 oder Takt 2, wie hier im Fall des Quintetts. Der Schwerpunkt ist ganz eindeutig die 1 des ersten Takts.
    Was genau das Hauptthema ist, mag ich gar nicht analysieren. Gut passend finde ich deine Bezeichnung "Idee" für die stürmische 6/8-Bewegung mit den aufblitzenden halbtaktigen Sechzehnteln, die auch mal zu einem längeren mehrtaktigen Wirbelwind aneinandergereiht werden.
    In der Durchführung zerstückelt Beethoven, wie für ihn typisch, diese Idee aus der Exposition. Nicht nur die Sechzehntel-Halbtakte tauchen auf, auch Achtel-Ganztakte erscheinen jeweils am Ende einer Phrase. Die Verschiebungen und Verwirrungen kommen durch die hinzukommenden beiden Elemente (Nr. 2+3 in meinem letzten Post) zustande, und zwar indem sie neue Motive und neue Rhythmen einführen. Die Scherzoso-Einschübe am Ende der Durchführung und nach der Reprise sind weitere Elemente, die den formalen und motivischen "Overkill" dieses Satzes zementieren.
    "Ihr wollt was einfaches in C-Dur haben? Da habt ihr!"... könnte sich Beethoven gedacht haben :)

    Harmonisch tut sich zwar auch einiges, ich könnte aber nicht ohne weitere Vergleiche sagen, ob es so ungewöhnlich zugeht. Auffallend ist die zweimalige harmonische Rückung um einen Halbton nach oben (nach Des-Dur in der Reprise!), die ich eher aus den Spätwerken kenne, z.B. 8. Sinfonie Finale.
    :wink: Khampan

  • Auch da sind es keine Auftakte, weil sie nicht vor dem Schwerpunkt (des Beginns einer Phrase) stehen, sondern danach, also entweder am Ende von Takt 1 oder Takt 2, wie hier im Fall des Quintetts. Der Schwerpunkt ist ganz eindeutig die 1 des ersten Takts.

    Das von Dir Beschriebene bezeichnet man m. W. als Nachtaktigkeit, bzw als nachtaktigen Einsatz.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • zunächst mal: die Figur aus 6 Sechzehnteln würde ich nicht als Auftakt bezeichnen. Erstens bildet sie einen ganzen halben Takt, und zweitens erscheint sie zuerst in Takt 2, nicht als Auftakt zu Takt 1.

    Das von Dir Beschriebene bezeichnet man m. W. als Nachtaktigkeit, bzw als nachtaktigen Einsatz.

    also ....egal, wie sie genannt werden, diese Figuren stehen auf der 2, also auf der schwachen Taktzeit. Theoretisch sind sie also nicht der Schwerpunkt selbst. Da sind wir uns wohl einig.
    Aber, auf dem theoretischen Schwerpunkt passiert motivisch und rhythmisch nichts interessantes, sondern es passiert eben auf der theoretisch unbetonten Taktzeit.
    Das Interesse liegt deshalb einerseits auf den unbetonten Taktzeiten.

    Aber natürlich leiten diese Figuren dennoch (!) von der unbetonten Taktzeit auf die betonte hin, fungieren also als "Auftakt" oder Ähnliches zur nächsten 1. Sie tun es harmonisch. (Jetzt bitte nicht Haare spalten, wie man sowas nennt.) Der Gegensatz von rhythmischem und motivischem Interesse zur Richtung der Harmonie bringt ja gerade die Verwirrung in das Stück. Das eine ist auf der unbetonten, das andere auf der betonten Taktzeit.

    Ausserdem: In schnellem Tempo kann ein halber, unbetonter Takt, wie ein Auftakt wirken. Wenn Du das Presto in 1 nehmen würdest, dann wären es doch Auftakte.

    Interessant ist, dass der Satz mit einer notierten Betonung auf der 1 anfängt, also die 1 stark etabliert werden soll, dann aber sofort das Spiel mit dem Verschieben des "musikalischen Interesses" beginnt. Denn, wie gesagt, auf der 1 passiert im weiteren Verlauf des Satzes nicht viel. Das Ohr beginnt ziemlich schnell, die unbetonte Taktzeit als ebenso wichtig aufzufassen. Die beiden Taktzeiten werden dadurch mindestens ebenbürtig. Schau mal die Fermatentakte an, da ist die Betonung sogar auf der Synkope.

    Ausserdem gibt es dennoch viele, auch wirkliche Auftakte. Ich meine überhaupt, nicht nur am Anfang.
    Nur in den Triolen zuerst nicht, obwohl es hier bezeichnenderweise es auch nur harmonisch eine betonte 1 gibt, denn Rhythmus und Motiv sind durchgängig ebenbürtig auf beide Taktzeiten verteilt. Aber sehr bald gibt es auch hier Synkopen und Verschiebungen, die denselben Effekt haben, nämlich das Interesse von der 1 hinwegzunehmen.

    Es kommt aber bei all dem sehr darauf an, wie es gespielt wird. Mir fällt auf, dass bei dem YT Beispiel versucht wird, krampfhaft die theoretisch betonte Taktzeit zu betonen und das Spiel mit den Verschiebungen, welches Beethoven so schön komponiert hat zu vertuschen. Ganz verfehlt meine ich.

    Wir hatten and der Guildhall eine Kammermusik-Lehrerin namens Edith Vogel https://en.wikipedia.org/wiki/Edith_Vogel , die hat uns immer ausgeschimpft, wenn wir betonte Taktzeiten zu sehr betont haben, besonders wenn es auftaktige Figuren gab. Sie sagte man muss bei solchen auftaktigen Figuren den Auftakt zumindest gedacht im Geiste betonen oder als wichtiger empfinden. Sonst wird es zum langweiligen Marsch und der Charakter der Musik geht verloren.

    Aber das sind nur meine eigenen Ideen - ich würde aus diesem Satz, wenn ich ihn spielen würde, einen ziemlich jecke, rhythmisch freche und unkonventionelle Sache machen.

    EDIT: übrigens sollte man sich als Interpret auch immer genau überlegen, ob man in Sachen Harmonie die Dissonanz oder deren Auflösung betont oder besser gesagt, darauf zuspielt. Es ist nichts langweiliger, als immer zu allen Zeiten die Auflösung , noch dazu wenn sie sich auf einer betonten Taktzeit befindet, als wichtiger hervorzuheben.

  • Aber natürlich leiten diese Figuren dennoch (!) von der unbetonten Taktzeit auf die betonte hin, fungieren also als "Auftakt" oder Ähnliches zur nächsten 1.

    Als Auftakt bezeichnet man es aber nur dann, wenn die Figur
    auf den betonten Volltakt hinführt, der am Beginn der Phrase liegt,

    Nachtaktige Einsätze kommen übrigens in der Popmusik häufig vor (mE häufiger als im Klassikbereich), aktuelles Beispiel: "Don't run and hide" von Ane Brun (etwa der Gesangseinsatz gleich am Anfang): https://www.youtube.com/watch?v=hGgIOQ2m8YA

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • zunächst mal: die Figur aus 6 Sechzehnteln würde ich nicht als Auftakt bezeichnen. Erstens bildet sie einen ganzen halben Takt, und zweitens erscheint sie zuerst in Takt 2, nicht als Auftakt zu Takt 1. Ich bin da recht streng, denn das ist ziemlich genau das Verfahren, das beispielsweise auch Janacek anwendet, wenn er scheinbar Auftakte verwendet. Auch da sind es keine Auftakte, weil sie nicht vor dem Schwerpunkt (des Beginns einer Phrase) stehen, sondern danach, also entweder am Ende von Takt 1 oder Takt 2, wie hier im Fall des Quintetts. Der Schwerpunkt ist ganz eindeutig die 1 des ersten Takts.

    Als Auftakt bezeichnet man es aber nur dann, wenn die Figur
    auf den betonten Volltakt hinführt, der am Beginn der Phrase liegt,


    diese Definition von "Auftakt" wäre mir neu. Dann könnten also nur "Phrasen" auftaktig sein. Ich kenne es eigentlich so (wie Rosamunde offenbar auch), daß ebenso einzelne Motive auftaktig sein können.

    Ungeachtet dessen ist es sicher eine sehr interessante Beobachtung, daß im Quintettfinale das auftaktige Motiv nicht schon zum eindeutig gekennzeichneten Beginn der Phrase erscheint.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Der Ausdruck "nachtaktig" war mir neu, man lernt nie aus. Das Beispiel aus der Popmusik überzeugt, da wird überhaupt gerne bewusst neben dem Takt gesungen (auch dazu gäbe es Beispiele bei Beethoven, z.B. in der Cavatina von op. 130).
    Lustige Ergebnisse bringt die Googlesuche zu "nachtaktig" mangels ausreichender Beispiele aus der Musik. Sogar echt nachtaktige Tiere werden vorgestellt :ohnmacht1:

    Ungeachtet dessen ist es sicher eine sehr interessante Beobachtung, daß im Quintettfinale das auftaktige Motiv nicht schon zum eindeutig gekennzeichneten Beginn der Phrase erscheint.

    eben. Besonders in der Durchführung bekommt dieses Motiv dadurch, dass es immer auf der zweiten Takthälfte erscheint (phasenweise in jedem Takt) so etwas wie eine Hervorhebung des schwachen Taktteils, verstärkt noch durch den gleichzeitigen punktierten Rhythmus des Marschthemas.
    Ein Effekt, der sich etwa mit den penetranten Synkopen im Finale der 7. Sinfonie vergleichen lässt.

    Übrigens plädiere ich dafür, dass die letzten Beiträge ab #139 in einen neuen Thread überführt werden. Da könnte ich mich dann auch über Janaceks Nicht-Auftakte auslassen etc.
    Thema:
    auftaktig / ganztaktig / nachtaktig - Grenzfälle und Zweifelsfälle in Kompositionen und Interpretationen
    :wink: Khampan

  • dass die letzten Beiträge ab #139 in einen neuen Thread überführt werden. Da könnte ich mich dann auch über Janaceks Nicht-Auftakte auslassen etc.

    ja bitte, unbedingt.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Gerne verschieben wir :) Vorschläge wohin am besten? Einen neuen Thread, oder einen bestehenden. Falls es ein neuer sein sollte, nehmen wir gerne Vorschläge für Titel entgegen :D

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Falls es ein neuer sein sollte, nehmen wir gerne Vorschläge für Titel entgegen

    Khampan machte schon einen Vorschlag, dem ich mich gern anschließe:

    Thema:
    auftaktig / ganztaktig / nachtaktig - Grenzfälle und Zweifelsfälle in Kompositionen und Interpretationen

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Übrigens plädiere ich dafür, dass die letzten Beiträge ab #139 in einen neuen Thread überführt werden. Da könnte ich mich dann auch über Janaceks Nicht-Auftakte auslassen etc.


    Ja, in Janaceks 2. Streichquartett gibt es im letzten Satz auch ein "nachtaktig" einsetzendes Hauptthema:

    https://www.youtube.com/watch?v=FOSFulkl4o0#t=18m20s

    Der Ausdruck "nachtaktig" war mir neu, man lernt nie aus.


    Ich weiss, ehrlich gesagt auch nicht, inwieweit der Begriff der "Nachtaktigkeit" musikwissenschaftlich etabliert ist. Ich habe ihn aber zumindest schonmal gehört und er kam mir einleuchtend vor.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Ich weiss, ehrlich gesagt auch nicht, inwieweit der Begriff der "Nachtaktigkeit" musikwissenschaftlich etabliert ist. Ich habe ihn aber zumindest schonmal gehört und er kam mir einleuchtend vor.

    wir etablieren ihn einfach mit dem neuen Thread :D
    Unsicher bin ich mir höchstens bei "ganztaktig". Besser "volltaktig"? Steht bei Wikipedia einigen Webseiten als Gegensatz zu auftaktig.
    Ich hab mich eventuell zu sehr von "ganztaktig dirigieren" beeinflussen lassen.

  • Dann könnten also nur "Phrasen" auftaktig sein. Ich kenne es eigentlich so (wie Rosamunde offenbar auch), daß ebenso einzelne Motive auftaktig sein können.

    Soweit ich mich erinnere wurde in Proben der Ausdruck "upbeat" sowohl für den Anfang eines Stückes benutzt , als "das Stück fängt mit Auftakt an", wie auch wenn man mitten drin eine auftaktige Figur beschreiben will.

    Und selbstverständlich wird sie nur deshalb als "auftaktig" benannt, weil sie auf die 1 des nächsten Taktes hinführt. Es wurde also gesagt "we start with the upbeat to bar 55". Vielleicht tut man das ja im Deutschen nicht.....

    Es ist dabei auch ganz egal, ob es sich um den Anfang einer Phrase oder einfach nur ein einzige Figur, die man benennen möchte, handelt.


    Sogar echt nachtaktige Tiere werden vorgestellt

    :megalol:

  • Soweit ich mich erinnere wurde in Proben der Ausdruck "upbeat" sowohl für den Anfang eines Stückes benutzt , als "das Stück fängt mit Auftakt an", wie auch wenn man mitten drin eine auftaktige Figur beschreiben will.

    so streng wie zabki würde ich das nicht sagen, aber gemeint ist wohl, dass man nicht jedes x-beliebige Motiv, das als Begleitfloskel mitten im Takt beginnt und über den nächsten Taktstrich geht, schon als auftaktig bezeichnen sollte.
    Natürlich kann ein vom auftaktigen Hauptthema abgeleitetes Motiv auftaktig sein.
    Die Grenzen sind sicher fließend, deshalb gibt es ja diesen Thread :)

    Und selbstverständlich wird sie nur deshalb als "auftaktig" benannt, weil sie auf die 1 des nächsten Taktes hinführt. Es wurde also gesagt "we start with the upbeat to bar 55". Vielleicht tut man das ja im Deutschen nicht.....

    tut man hier auch. "Wir starten Takt 55 mit Auftakt", oder "Auftakt zu 55". Falls der Auftakt einen halben Takt lang ist, aber besser "Takt 54 zweite Hälfte".
    (jetzt weiß ich endlich wie man das auf englisch sagt :herrje1: )

  • dass man nicht jedes x-beliebige Motiv, das als Begleitfloskel mitten im Takt beginnt und über den nächsten Taktstrich geht, schon als auftaktig bezeichnen sollte.

    ok, ich wusste nur nicht, wie ich dieses Phenomen, welches den letzten Satz nicht in der Begleitung, sondern in der Hauptstimme, so dominiert, in dem Quintett nennen sollte. Aber wir sind uns ja einig, dass die unbetonte Taktzeit zum Haupt-Interesse wird. Und dann auch die Floskeln, die zwischen die Schläge fallen, aber auf eine Schlag hinleiten.

    Ich würde sie nun nach dem, was hier dazu gesagt wurde, als vortaktig und nachtaktig benennen. Stimmt das?

    Mir fällt gerade ein, dass man auf Englisch "offbeat" dazu sagt, also wohl "nachtaktig" , wenn es zwischen den Schlägen einsetzt. Oder auch "after the beat", je nach Zusammenhang
    Vortaktig bleibt "upbeat", egal wo.
    Dann gibt es noch "before the beat" . Soll wohl ausdrücken, dass etwas auf einen Schlag in der Mitte des Taktes hinleitet.


    tut man hier auch. "Wir starten Takt 55 mit Auftakt", oder "Auftakt zu 55". Falls der Auftakt einen halben Takt lang ist, aber besser "Takt 54 zweite Hälfte".


    :top:

  • Vortaktig bleibt "upbeat"

    auftaktig...
    wir wollen ja nicht noch ein neues Wort einführen :P
    Mit dem quasi synonymen "ganztaktig" und "volltaktig" ist's schon kompliziert genug, abgesehen davon dass man ständig aufpassen muss, sich nicht zu verraten verschreiben. Ich zähle mich zwar zu den Nachtaktiven, bin aber ansonsten ein Fan von Ganztaktigkeit, wenn nicht zwingend Auftakte gefordert sind :D

    Spannender als die Benennung finde ich, wie konkret gespielt wird. Es gibt viele Beispiele, wo sowohl auf- als auch ganztaktige Spielweise möglich sind. Für Notenbeispielen bitte ich um etwas Geduld.
    Zum Einstieg könnt ihr schon mal versuchen, das Lied* "Sah ein Knab ein Röslein stehn" dahingehend zu analysieren. Welche Töne/Silben sind zweifelsfrei / optional / auf keinen Fall auftaktig?
    Wer's gleich komplizierter haben will, kann das mal mit dem 2. Satz von KV 488 versuchen.

    Ich denke man kann daran erkennen, wo Interpretationen ansetzen. Patentrezepte gibt es nicht, nach meinem Eindruck sehr wohl aber Modeströmungen. Das ist das was mich vor allem an dem Thema interessiert.

    :wink: Khampan

    *EDIT: ich meinte das Volkslied (im 6/8-Takt), nicht Schuberts "Heidenröslein (2/4-Takt). Sorry für die Unklarheit.

  • Als Auftakt bezeichnet man es aber nur dann, wenn die Figur
    auf den betonten Volltakt hinführt, der am Beginn der Phrase liegt,

    Das verstehe ich nicht. Gehört denn dann der Auftakt nicht zur "Phrase"?
    (Ansonsten kann ja der betonte "Volltakt" nicht der "Beginn" der Phrase sein.

    Ja, in Janaceks 2. Streichquartett gibt es im letzten Satz auch ein "nachtaktig" einsetzendes Hauptthema:

    http://youtube.com/watch?v=FOSFulkl4o0#t=18m20s

    Das ist ein Beispiel, das mir den Sinn des Wortes "nachtaktig" deutlich macht. Danke!
    Beim Beethoven-Beispiel finde ich ihn nicht so schlüssig, da die fragliche Figur in der Mitte des Taktes anhebt und direkt in die betonte Eins führt und auch mit ihr endet. Aber angesichts der Tatsache, daß sie der ersten betonten Eins FOLGT, kann man sie wohl schon "nachtaktig" nennen...

    Wie wären denn vor diesem Hintergrund die ersten Takte der g-moll-Symphonie von Mozart zu bewerten? Gefühlt ein quasi verlängerter Auftakt, im Kontext des Beginns mit G-moll-Akkord auf der Eins, dem die Figur nachschlägt, dann wohl auch ein "Nachtakt"? Aber empfindet man das so? (als der Eins FOLGENDES?) Oder nicht doch eher als verlängerten Auftakt?

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Mit nachtaktig soll nur gemeint sein, dass die "Begleitung" vorher einsetzt? Das ist doch in vieler volkstümlicher oder Tanzmusik sehr weit verbreitet und kaum etwas besonderes, oder?
    Und bei entsprechenden Themen auch in der Wiener Klassik bzw. hat es sich da auch auf nicht volkstümliche Stücke wie Mozarts g-moll-Sinfonie ausgedehnt. Ein anderes Bsp. wäre das nachkomponierte Finale von Beethovens op.130. Aber es gibt, wenn es wirklich so weit verstanden wird, zahlreiche, allein unter Seitenthemen Haydns, zB Sinfonie 100 T 127, anderthalb Takte Begleitung bevor die Melodie (auftaktig) einsetzt.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Wie wären denn vor diesem Hintergrund die ersten Takte der g-moll-Symphonie von Mozart zu bewerten? Gefühlt ein quasi verlängerter Auftakt, im Kontext des Beginns mit G-moll-Akkord auf der Eins, dem die Figur nachschlägt, dann wohl auch ein "Nachtakt"? Aber empfindet man das so? (als der Eins FOLGENDES?) Oder nicht doch eher als verlängerten Auftakt?


    Ein sehr gutes Beispiel. Der Witz ist meines Erachtens, dass beides möglich ist, und eine ziemlich unterschiedliche Empfindung der Phrasen ausdrückt/hervorruft.

    Für mein Empfinden logisch ist es, Takt 3 nicht als Schwerpunkt zu spielen, sondern erst Takt 5. Danach wäre das Anfangsmotiv kein verlängerter Auftakt, sondern eindeutig nachtaktig (nach dem Schwerpunkt auf Takt 1, der durch die Begleitung naheliegt).

    Es geht aber auch anders herum: Schwerpunkt auf Takt 3 stärker als auf Takt 1 (Anfangsmotiv als verlängerter Auftakt interpretiert), der nächste Schwerpunkt wäre Takt 7, oder auch schon Takt 5 - das ganze wirkt auf mich zerzaust und weder mit den Begleitstimmen noch mit der harmonischen Entwicklung im Einklang. Aber möglich, und Mozart bringt ab Takt 9 sogar unregelmäßige Perioden, zu denen das Durcheinander wieder gewissermaßen passen würde. Wer das Nervöse hervorheben will, kann das so tun, mein Geschmack ist es nicht (zumal der Anfang genau 8 Takte umfasst, also hier noch relativ konventionell bleibt)

    Eine weitere Interpretationsmöglichkeit wäre, ganz ohne eindeutige Schwerpunkte zu arbeiten und die Musik schweben zu lassen. Alles legitime Lösungen einer gar nicht so einfachen Fragestellung.

    :wink: Khampan

  • Der Witz ist meines Erachtens, dass beides möglich ist, und eine ziemlich unterschiedliche Empfindung der Phrasen ausdrückt/hervorruft.

    Ich denke man kann daran erkennen, wo Interpretationen ansetzen.

    eben....die Terminologie ist nur wichtig, wenn man sich verbal über ein Stück verständigen will, wie wir es hier wollen. Ansonsten kommt es nur darauf an, was man mit der Musik macht. Allerdings hilft ein gewisser theoretischer Durchblick manchen Musikern, um ein Werk besser zu verstehen. Andere brauchen die Theorie nicht und empfinden solche Dinge instinktiv. Denn was ein Offbeat in der Musik "macht" , was ein Auftakt oder ein Nachtakt oder eine Syonkope usw in der Musik "macht" ist sehr gut instinktmässig zu verstehen, weil man als Musiker eine rhythmische Sache einfach kapiert. Rhythmus kann und muss man letztlich körperlich empfinden und dann so spielen. Da gibt es aber dann auch meist mehrere Möglichkeiten, wie Du sagst.

    Das haben wir ja schonmal anderswo ausführlichst diskutiert :D .


    abgesehen davon dass man ständig aufpassen muss, sich nicht zu verraten verschreiben

    so kleinbürgerlich wäre hier (sicher) niemand, dass er die Form vor den Inhalt stellen würde :saint:

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