Anna Fedorova - nur ein YouTube One Hit Wonder?

  • Anna Fedorova - nur ein YouTube One Hit Wonder?

    Eine Live-Aufnahme des Klavierkonzerts Nr. 2 von Sergej Rachmaninow aus dem ehrwürdigen Concertgebouw in Amsterdam wird (Stand jetzt) 29.329.883mal, also fast 30 Millionen (!) mal auf YouTube angeklickt und dürfte damit die weltweit am meisten angesehene Aufführung eines Klavierkonzerts überhaupt sein. Einer dieser Klicks stammt von mir, und zwar heute Abend - durch reinen Zufall. Ich kenne weder die Pianistin noch kenne ich den Dirigenten. Das Orchester, die Nordwestdeutsche Philharmonie aus Herford, ist mir allerdings bekannt, war doch schließlich Andris Nelsons von 2006 bis 2009 der Chefdirigent.

    Was soll ich sagen? Mir gefiel, was ich hörte (trotz kleinerer Fehlgriffe der Pianistin, die der Live-Situation geschuldet sein dürften). Einer Vielzahl von anderen Menschen gefiel es offensichtlich auch, was man an den begeisterten, teilweise hymnischen 11.806 YouTube-Kommentaren erkennen kann (z.B.: "Magnificently hauntingly beautiful!" oder "A couple of weeks ago I was in the Royal Festival Hall listening to the immaculate Daniil Trifonov perform this wonderful concerto. And now another dazzling performance here, in the comfort of my own home."). Und auch das Publikum im Saal war begeistert, denn nach den Schlussakkorden gibt es eine standing ovation.

    Die Rede ist von Anna Fedorova am Klavier und dem Dirigenten Martin Panteleev. In diesem Thread soll es um die Pianistin gehen. Wohlgemerkt: Diese Musikerin ist mir bis heute vollständig unbekannt gewesen, also erwartet bitte nicht allzuviel Hintergrundwissen oder gar eine festgezurrte Meinung von mir über sie. Trotzdem erscheint sie mir einen Thread in unserem Forum wert zu sein. Denn: Sie wurde in unserem Forum bisher kein einziges Mal erwähnt. Nicht in "Eben gehört", nicht in "Ein Klavier, ein Klavier": nirgends. Ich meine, dieser Nichtwahrnehmung sollte man abhelfen.

    Geboren am 27. Februar 1990 in Kiew (Ukraine) als Kind der beiden Konzertpianisten Tatiana Abayeva und Boris Fedorov, entwickelte sie bereits im Alter von zwei Jahren den Wunsch, Pianistin zu werden. Ihr erstes öffentliches Konzert gab sie mit sechs Jahren. Sie studierte am Lysenko Musical College in Kiew (bei ihrem Vater Borys Fedorov), an der Accademia Pianistica in Imola (bei Leonid Margarius) und am Royal College of Music in London (bei Norma Fisher), belegte Meisterkurse bei Menahem Pressler, Alfred Brendel und András Schiff. Die ganz großen Wettbewerbserfolge sehe ich nicht: ein dritter Preis und der Publikumspreis in Lyon 2012, der erste Preis beim Rubinstein Klavierfestival in Lodz 2009 wie auch der erste Preis beim Rubinstein-Gedächtnis-Wettbewerb in Bydgoszcz 2009, dazu noch der Verbier Festival Academy Award.

    Auf der anderen Seite ist Anna Federova bereits über 30mal im Concertgebouw in Amsterdam aufgetreten, was man als junger Pianist erstmal schaffen muss. Ebenso in der Carnegie Hall in New York oder in der Tonhalle Zürich. Auch in der Laeiszhalle in Hamburg (ohne dass ich Notiz davon genommen habe).

    Warum fasziniert das Spiel dieser Pianistin bei Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 Millionen von Menschen? Als ich diesen Thread begann, stand der Zähler der Klicks bei 29.326.163, jetzt steht er schon bei 29.329.883: Also 3.720 Klicks mehr in kürzester Zeit. Die Menschen sind offenbar verrückt nach diesem Video. Hier ist der Link:
    https://www.youtube.com/watch?v=rEGOihjqO9w

    Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 gibt es auch von ihr, mit Klicks ebenfalls im Millionenbereich:
    https://www.youtube.com/watch?v=1TJvJXyWDYw

    Aus dem Concertgebouw in Amsterdam gibt es auch die Paganini-Rhapsodie von Rachmaninow mit ihr
    https://www.youtube.com/watch?v=ppJ5uITLECE
    sowie Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 1
    https://www.youtube.com/watch?v=y6EX3t2Mdnw
    und Chopins Klavierkonzert Nr. 2, ebenfalls mit der Nordwestdeutschen Philharmonie
    https://www.youtube.com/watch?v=r5HBECcWzEM

    Folgende CDs hat Anna Fedorova eingespielt:
                 

    Außerdem gibt es von ihr bei Amazon noch diesen MP3-Download eines Kammermusikabends mit Anastasia Kobekina zu kaufen:
    https://www.amazon.co.uk/Anastasia-Kobe…6691836&sr=8-15

    Jetzt seid Ihr an der Reihe: Gibt es Meinungen zu dieser Pianistin? Ist sie nur ein YouTube One Hit Wonder? Oder wurde sie zu Unrecht in diesem Forum bisher nicht wahrgenommen? Mich jedenfalls lässt ihr Klavierspiel aufhorchen.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Obwohl schon die oben abgebildete Einspielung von Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 mit der Nordwestdeutschen Philharmonie auf dem Markt ist, legt Anna Federova eine weitere Aufnahme des Werks vor, diesmal mit dem Sinfonieorchester St. Gallen, mit dem sie bereits das Klavierkonzert Nr. 1 und die Paganini-Rhapsodie eingespielt hat:

    Bei Amazon liest man, dass auch das Klavierkonzert Nr. 3 folgen wird, womit der Zyklus komplett wäre.

    Ihr YouTube Video mit diesem Werk hat inzwischen über 38 Millionen Aufrufe (der Zählerstand von heute lautet 38.073.790).

    Neu in ihrer Diskografie sind auch diese beiden Alben:

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Derzeit höre ich die oben abgebildete Aufnahme "Four Fantasies", die mit der zweiten Klaviersonate Sriabins beginnt. Beim Hören merkte ich auf, wie ich es altväterlich formulieren möchte. Denn der Klang könnte fantasie-artiger gar nicht sein. Ziemlich beeindruckend. Dachte mir, ich schaue mal, ob Capriccio über die Dame etwas weiß - und siehe da! Keine Ahnung, ob dieser Ton ein Spezifikum Fedorovas ist. In das Shaping Chopin-Album höre ich, neugierg geworden, kurz hinein. Mehr Arrau als Rubinstein. Dunkle Farben. Erdig-samtiger Rotwein statt Champagner. Gefällt mir aber auch. Kein bisschen auftrumpfendes Spiel übrigens auch, mehr zurückgenommen für sich. Sehr sympathisch. Jetzt gucke ich mal ins oben verlinkte Viedo (und achte auf die Zahl der Aufrufe).

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