Worin liegt die Bedeutung Beethovens?

  • Darum ging es nicht. Schönberg und Strawinski waren radikal und gleichzeitig höchst traditionsbewusst. Im Grunde gilt das auch für Beethoven. Es gilt aber nicht für Berlioz und Liszt.

    hm ... keine ahnung, ob das stimmt.
    auf jeden fall war pepping traditionsbewusst und cage nicht.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • NB

    Ich denke, das ist wie bei Mendelssohn ziemlich angreifbar, da zu viel Aufmerksamkeit auf die konservativen Werke gelegt wird und die innovativen darob zu wenig Beachtung finden. Derer gibt es auch bei Saint-Saens sehr viele. Man höre mal hier hinein:

    https://www.youtube.com/watch?v=OH2h6kDfYNA


    Les Cloches de Las Palmas

    Der Abstand zu Debussy ist hier ziemlich gering.


    Tatsächlich bin ich jetzt ein klein wenig verblüfft. Ich kannte die Musik nicht. Es ist nicht so schwer, das stilspezifisch Perlende zu hören, wie es auch etwa im dritten oder fünften Klavierkonzert zu vernehmen ist. Aber der Gesamteindruck geht bemerkenswert weit Richtung ... eben ... Debussy [und vielleicht des späten Fauré, aber bei Saint-Saens findet sich der elegische Ton nicht]

    :cincinbier: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • hm ... keine ahnung, ob das stimmt.
    auf jeden fall war pepping traditionsbewusst und cage nicht.

    Egal. Es ging darum, dass "radikal" und "traditionsbewusst" bei den Romantikern des 19. Jahrhunderts im Gegensatz standen, aber nicht bei den Avantgardisten der musikalischen Moderne

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Tatsächlich bin ich jetzt ein klein wenig verblüfft. Ich kannte die Musik nicht. Es ist nicht so schwer, das stilspezifisch Perlende zu hören, wie es auch etwa im dritten oder fünften Klavierkonzert zu vernehmen ist. Aber der Gesamteindruck geht bemerkenswert weit Richtung ... eben ... Debussy [und vielleicht der späte Fauré, aber bei Saint-Saens findet sich der elegische Ton nicht]

    :cincinbier: Wolfgang

    Ja, ziemlich frappierend, nicht?

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Als entscheidendes Werk sehe ich hier die 9. von Beethoven an. Diese führt direkt zur Wagneroper - jedenfalls Wagners eigener Aussage nach. Zwar nahm Mendelssohn diese Struktur auch im Lobgesang auf, doch deutete er sie im traditionellen Sinn um und schrieb ein de facto Sakralwerk bzw. ein Te Deum. Wagner hingegen deutete das Werk wohl authentischer als Verschmelzung aus Musik und Philosophie/Weltanschauung.

    dieser wagnerschen (un)Logik muss man natürlich nicht folgen. Abgesehen davon, dass die 9. strukturell oder musikalisch wenig mit Wagners Opern zu tun hat, spricht fast alles dafür, dass Beethoven eine vokalsinfonie als Ausnahme gesehen hat. Wagner hat zur Stärkung seiner eigentümlichen Ideen einfach den angesehensten Vorgänger beschlagnahmt..

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Du irrst ... ist im zitierten Beitrag mit dabei.


    Rosamunde hat geschrieben, dass ihre Thesen kein (!) Blödsinn seien. Zuvor hat niemand behauptet, dass irgendjemand in diesem Thread "Blödsinn" geschrieben habe. Anders gesagt: die Behauptung vom "Blödsinn" ist nirgendwo formuliert worden.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Rosamunde hat geschrieben, dass ihre Thesen kein (!) Blödsinn seien

    ... und putto hat gewisse Vorbehalte geäußert, diese aber eingeschränkt, indem er Rosamundes "ist kein Blödsinn" bestätigt hat. Jemand anderes spielt da gar keine Rolle.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Wagner hat zur Stärkung seiner eigentümlichen Ideen einfach den angesehensten Vorgänger beschlagnahmt..

    Was ja auch die Bedeutung Beethovens verdeutlicht: Wagner meinte anscheinend irgendwie rechtfertigen zu müssen, dass er zu dem Hauptgenres Beethovens nichts ernstzunehmendes beizutragen hatte - und die Emphase der Instrumentalmusik (und speziell der Symphonie), die Beethoven ja wirklich in große Höhen geführt hatte, irgendwie in seine ganz andersartige Kunst hineinzuholen durch die bekannte Konstruktion...

    Strukturell ist das nichts als eine Behauptung, die ihm vielleicht bei der Inspiration geholfen haben mag... Ob es ernsthaft (innermusikalisch) Bezüge von Beethoven zu Wagner gibt, wäre eine ganz andere Frage... mal davon abgesehen, daß der punktierte 6/8-Rhythmus der "Apotheose des Tanzes" seinen "Schmiede-Akt" im Rheingold trägt...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Inwiefern Wagners Musik - nicht das, was Wagner selbst behauptet hat - sich in irgendeiner Weise auf Beethoven bezieht (abgesehen von der erwähnten "Apotheose des Tanzes"), ist mir gar nicht klar.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Inwiefern Wagners Musik - nicht das, was Wagner selbst behauptet hat - sich in irgendeiner Weise auf Beethoven bezieht (abgesehen von der erwähnten "Apotheose des Tanzes"), ist mir gar nicht klar.

    die Vorstellung, daß Opernmusik einen so "zwingenden" Zusammenhang entwickeln soll wie dies in Sinfonien etc. der Fall ist, ist wohl ohne Beethoven nicht denkbar.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Nun, die überwältigenden Aspekte seiner Musik hat er wohl direkt von Beethoven abgeleitet - Finale der 5. und 9., "Durchbruch" im Fidelio ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Nun, die überwältigenden Aspekte seiner Musik hat er wohl direkt von Beethoven abgeleitet - Finale der 5. und 9., "Durchbruch" im Fidelio ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    Ja genau. Nicht die kompositorischen Details technischer Natur sondern die kompositorische Absicht hat Wagner von Beethoven entlehnt. Die Musik wird zum Vehikel für ein außermusikalisches Ziel oder - im Falle Wagners - für psychologische "Tiefenstudien". Und da wird reichlich mit Überwältigung gearbeitet.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Was wären denn plausible parallele oder analoge Stellen bei Wagner zu den genannten Passagen aus Beethovensinfonien etc. und zwar solche, die sich spezifisch darauf beziehen ließen, nicht auf die Erschaffung des Lichts oder Freischütz oder was weiß ich?

    Da sähe ich ebenfalls eher die recht allgemeine Idee, Oper einem quasisinfonischen zwingenden Zusammenhang zu unterwerfen, als Einfluss.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich bin selbst nicht in der Lage diese auch meine Einschätzung der Bedeutung Beethoven's Musikschaffens so schön darzulegen:

    nicht mehr vorhandenes YT - Video (edit 08.05.2022, Ingo Richter)

    Tja, so kann es mit Links passieren ...

    Weiter oben wird immer wieder im Zusammenhang mit LvB so eine Art Rückgrat der Musikgeschichte angedeutet. Nun für mich sind aus abendländischer Sicht Bach und Beethoven das Fundament der Musikgeschichte.

    Will ich darauf basierend ein Rückgrat der Musikgeschichte aufbauen komme ich aus meiner Sicht auf eine deutliche Kontur bestehend aus einer zeitlichen Abfolge von:

    Johann Sebastian Bach

    Ludwig van Beethoven

    Gustav Mahler

    John Lennon

    Prince Rogers Nelson

    Natürlich muss man um diese Bandscheiben noch einige Stützglieder denken.

    Natürlich liegt nahe bei Mahler noch Richard Wagner, auch ein David Bowie zwischen John Lennon und Prince ist wichtig. Aber auch Claude Debussy, Arnold Schönberg und Lili Boulanger geben zwischen Mahler und Wagner noch ordentlich Halt. Schönberg wirkt dabei noch weiter in die Jetztzeit.

    Natürlich alles sehr subjektiv, aber:

    Als ich die ersten Noten wissentlich von Beethoven (Auftakt Eroica) und Prince (Auftakt Purple Rain) hörte war es um mich für immer geschehen :clap:

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

  • Lieber Ingo, wie würdest Du denn dieses "Rückgrat" begründen, wo ist da ein Zusammenhang, eine Entwicklung? Nelson z. B. ist mir gänzlich unbekannt, und Lennon bringe ich mit Bach, Beethoven und Mahler nicht in eine Reihe.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • (Auftakt Eroica)

    :jaja1: :jaja1:

    .. und dazu hat mein Brägen Alexanders Intro (Eroica) auf Schirm:

    1. Satz Allegro con brio
    Zwei Orchesterschläge statt einer langsamen Einleitung.
    Zeit für DAS Elementarereignis der Symphonien-Geschichte schlechthin.
    Nichts ist danach mehr so wie es vorher war.
    Subjektivität auf die Spitze getrieben, Dimensionen gesprengt

    :jaja1: :jaja1:

    so isses..

    Subjektivität auf die Spitze getrieben, in dem Sinne, dass sie nicht bloß als irgendeine empirisch-einzelne Subjekt-Chose, sondern vor allem als allgemeine Subjektivtät (ohne subjektiv-einzelnes dabei abzukacken) gleichsam ästhetisch rüberkommt: "der Menschheit Stimme" (Leonore, Fidelio)..

    . eine Mucken-Nummer daraus als ein Next-Top-Modell (2. Akt) auf Cat-Walk:

    das Duett Rocco, Leonore ("Nur hurtig fort, nur frisch gegraben") kommt in düster-fiesen Depri-a-Moll rüber .... ja, okay, okay wundert nicht, denn verkleidete Leonore muss bei der Exekutionsvorbereitung mitmalochen.. und sie hat keinen Schimmer, ob ihr Gatte Florestan oder irgend ein anderer Knasti da vor sich hinvegetiert/siecht.... doch Duett macht während Leonorens Ausbruch in C-Dur rüber: "Wer du auch seist, ich will dich retten, Bei Gott! Du sollst kein Opfer sein! Gewiss, ich löse deine Ketten, Ich will, du Armer, dich befrein" ehe es dann wieder in a-Moll abschmiert... dieser Umschlag/Ausbruch verdeutlicht damit Leonores geänderte Motivation:

    Der Knaller, nämlich (ohne h) ist, dass nicht mehr irgend ein äußerer, emprischer Grund funzt (der wäre ihr Ehemann im Knast "Gattenliebe"). Sondern grundsätzliche, prinzipielle Rettung (egal, ob Knasti Unsympathling/Vollhorst ist oder nicht) drängt als unbedingte Forderung sich Leonore auf.

    ..diese Chose mal pathetisch rüberwachsen zu lassen: Sittengesetz (SG) reiner praktischer Vernunft (vor aller Erfahrung) damit allgemeine Subjetivität (was auch als Autonomie, wider eigner Angst, gegen Herrschaft rüberkommt) bestimmt im Duett Leonorens Willen, Entschluss.

    Natürlich alles sehr subjektiv, aber

    um es zu variieren: die Bedeutung von Beethovens Mucke kommt meinen oft subjektiv-einzeln getrimmten Lauscherchen/Brägen in seinem Versuch rüber, allgemeine "Subjektivität auf die Spitze" zu treiben .

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • ... ich mache zeitnah das Thema "Rückgrat der Musikgeschichte - ein Versuch aus abendländischer Sicht" auf.

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

  • Ich bin selbst nicht in der Lage diese auch meine Einschätzung der Bedeutung Beethoven's Musikschaffens so schön darzulegen:

    nicht mehr vorhandenes YT - Video (edit 08.05.2022, Ingo Richter)

    Tja, so kann es mit Links passieren ...

    Weiter oben wird immer wieder im Zusammenhang mit LvB so eine Art Rückgrat der Musikgeschichte angedeutet. Nun für mich sind aus abendländischer Sicht Bach und Beethoven das Fundament der Musikgeschichte.

    Will ich darauf

    weiter damit im eigenen Thread :)

    ... Alle Menschen werden Brüder.
    ... We need 2 come 2gether, come 2gether as one.
    ... Imagine there is no heaven ... above us only sky

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!