"De-Monumentalisierung"
Man kann das kritisch sehen, wenn man will, aber heute stehen vielen Menschen "Monumenten" oder "Titanen" eher skeptisch gegenüber und ich finde, das hört man auch.
An dieser Stelle wird es halt politisch oder zeitgeschichtlich oder wie immer man das nennen will.
Von 1933-45 hat man halt auch Musik vor den Karren der Propaganda gestellt.
Liszts gewaltige Apotheose aus "Les Préludes" begleitete die Sondermeldungen aus dem Russland-Feldzug, Themen von Bruckner eigneten sich gut als Fanfaren für andere Meldungen, auch die Musik Wagners wurde hoch geschätzt.
Wie nun damit umgehen nach 1945? Dazu kam ja der Wegfall der Heldenkultur (die nur in einigen Klassikforen mit Idolen einzelner Forianer weiter gelebt wird ), der Wegfall der Narrative von Lichtgestalten.
Das alles war verdächtig.
Entschlackung war angesagt. Karajan war mit seinen (damals) sehr geradlinigen Interpretationen gerade der richtige, um den Furtwängler-Kult abzulösen. Boulez lieferte später durchsichtige Klänge in Parsifal und Ring anstelle von Bombast. Wand ließ noch später mit sehr entfetteten Bruckner-Wiedergaben aufhorchen.
(Rosbaud und andere, die das schon früher bewerkstelligten, hatten dafür irgendwie nicht die Lobby.)
Alles das wurde von einschlägiger Seite sehr begrüßt. Rein musikalisch sicher auch zu Recht - legitime Sichtweisen, die ebenso zufriedenstellen können wie die monumentalisierenden Wiedergaben eines Knappertsbusch.
Die Entmonumentalisierung hatte ihre Zeit.
Aberaberaber - auch sie ist ein zeitgeschichtlich bedingtes Phänomen, das man mittlerweile längst wieder hinterfragen darf. Fehlen bei Boulez' Wagner-Wiedergaben und bei Wands Bruckner nicht eigentlich Dimensionen, welche die Komponisten klar nachweisbar wünschten und ihre Werke genau darauf hin konzipierten? Strebten sie nicht genau das Monumentale, das Überwältigende explizit an? Man kann das Freilegen der Form durch Wand begrüßen. Man darf aber auch sagen, was er dafür geopfert hat.
Bin gespannt, wo es hingeht.
Gruß
MB