FERRABOSCO, JOHNSON, JONSON: Oberon, the Faery Prince

  • FERRABOSCO, JOHNSON, JONSON: Oberon, the Faery Prince

     

    Ben Jonson, Inigo Jones, Alfonso Ferrabosco, Robert Johnson:
    Oberon, the Faery Prince. A Masque of Prince Henries.
    Erstaufführung: 1. Januar 1611
    The Musicians of the Globe
    (Gesang: Libby Crabtree, Julia Gooding, Helen Groves, Meredith Hall, Helen Parker, Paul Agnew, Joseph Cornwell, Simon Davies, Andrew King. Laute: Tom Finucane, Jacob Heringman)
    Philip Pickett
    Aufnahme: All Saints, Tooting, London: 11/1994

    Satyrn: mit seiner Anmut erfüllt er
    Jede Jahreszeit und jeden Ort;
    Wo wohnt die Schönheit, wenn nicht in seinem Antlitz?
    Er ist der Höchste unseres Geschlechts.
    Nicht Pans Vater, der Gott der Beredsamkeit,
    nicht Bacchus, auch wenn er jung noch ist,
    nicht Phöbus, als bekrönt er sang,
    und auch nicht Mars, als seine Rüstung erstmals klang,
    können an diesem Tage ihm als gleich genannt werden.

    Elogen dieser Art hört man(n) gern. Geschmeichelt fühlen konnte sich an dieser Stelle der (Darsteller des) König(s) des Feenreiches Oberon, der im Zentrum der 1610 entstandenen und am Neujahrstag des Jahres 1611 im Londoner Banqueting House aufgeführten Masque „Oberon, the Faery Prince. A Masque of Prince Henries“ von Ben Jonson steht.
    Bei dem Werk handelt es sich um die sechste gemeinsame Arbeit von Ben Jonson und dem berühmten Architekten und Bühnenbildner Inigo Jones für den Hof der Stuarts. Seit der 1605 von Anne von Dänemark beauftragten „Masque of Blackness“ waren die beiden gewissenmaßen das Dreamteam des königlichen Bühnenspektakels und – man darf es ruhig so sagen – mit ihrem Produkt court masque bestens im Geschäft.
    Im Zentrum steht – wie gesagt – Oberon sowie die „heiligen Nächte“ „und strahlenden Zeremonien“ in denen und anlässlich derer er erscheint. Die Handlung der Masque ist schnell erzählt.

    Über einer ebenso dunklen wie zerklüftet-felsigen Gegend steigt der Mond langsam auf. Ein Satyr tritt auf und wundert sich, dass er ganz allein ist und seine Verwandten nicht bereits vor Ort sind. Nachdem er mehrmals in sein Horn gestoßen hat, erscheinen dann endlich weitere seines Geschlechtes. Man fragt sich, ob es nicht irgendwo eine Nymphe gäbe, die man in dieser wunderbaren Nacht freien könnte. Ein Silen erscheint und ruft sie zu Ordnung. Dies sei schließlich eine jener feierlichen Nächte, in der Oberon erscheinen werde. Aber die Satyrn denken weiterhin vornehmlich an die Möglichkeit, sich mit Nymphen vergnügen zu können. Plötzlich öffnen sich die Felsenklüfte und ein „leuchtender und prächtiger Palast“ wird sichtbar. Vor seinem Tor liegen zwei Sylvanen, die schlafen, anstatt Wache zu schieben. Die Satyrn verspotten sie genüsslich, die Sylvanen indes juckt das nicht. Auf die Frage danach, wann sich die Tore öffnen und Oberon nun endlich erscheinen würde, verweisen darauf, dass es erst beim zweiten Hahnenschrei so weit sei. Bis dahin könnten sie schlafend bestens wachen. Nach einem Lied der Satyrn („Now, my cunning Lady, Moon”) ertönt schließlich zweimal der Schrei des „chearful Chanticleere“. Die Tore des Palastes öffnen sich und heraus kommt „das Volk der Feen, manche tragen Instrumente, manche Lichter, andere singen.“ Im hinteren Bereich ist Oberon auf einem Streitwagen zu erkennen. Dieser wird von zwei weißen Bären unter den Klängen festlicher Musik nach vorne gezogen. Alle loben und preisen den Faery King. Feen und Satyrn singen und tanzen. Schließlich steigt Oberon herab und tanzt zusammen mit seinen Rittern den „first Maque Dance“. Es folgt ein Lied, dann der zweite Masque-Tanz und dann eine reichhaltige Anzahl unterschiedlicher Tänze: „Scot Measures“, Couranten, Galliarden usw.“ Schließlich erscheint Phosphorus, „the Day-star“ und mahnt, dass die Vergnügungen sich nun so langsam dem Ende nähern müssten. Der dritte Masque-Tanz wird getanzt und schließlich verschwinden alle.

    Dieses festlich-bewegte Spektakulum war letztlich, die Sylvanen sagen es ganz deutlich, „A Night of Homage to the British Court“ und eine Feier zu Ehren des Hauses Stuart im Allgemeinen und des Thronfolgers, des Prince of Wales Henry Frederick im Speziellen. Um diese Feier so prachtvoll wie möglich zu gestalten, hatte sich Inigo Jones enorm angestrengt und verschwenderische Kostüme und Bühnenbilder entworfen, die man bei Interesse leicht ergooglen kann (z.B. mittels der Suchbegriffe Inigo Jones Oberon). Wie man heute anhand von erhaltener Buchführung teilweise nachvollziehen kann, war das Ganze eine durchaus kostspielige Angelegenheit. Allein die Kostüme verschlangen eine Summe von umgerechnet fast 200.000 Pfund. Über die restlichen Kosten hat sich der Mantel der Geschichte gnädig gelegt. Jones und Jonson erhielten die damals durchaus noch stattliche Summe von 40 Pfund, was heute gut 5.000 Pfund entspricht. Alfonso Ferrabosco II. bekam für die von ihm komponierten Musikstücke 2.500 Pfund, was Robert Johnson bekam, wissen wir leider nicht. Was wir indes wissen ist, dass nur sehr wenig von Ferraboscos und Johnsons Musik die Wirren der Jahrhunderte überstanden hat.

    Und dennoch kann man heute den „Oberon“ nicht nur lesen (z.B. HIER), man kann nicht nur Bühnenbild und Kostüme bestaunen, man kann „The Masque of Oberon“, wie die entsprechende CD-Produktion heißt, auch hören. Der englische Musikwissenschaftler, Cembalist und Dirigent Peter Holman nämlich hat sich Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts daran gemacht, das existierende Material zu sichten, zu edieren und eine aufführbare Version zu erstellen: „Wie viele andere höfische Masques auch, ist uns Oberon nur fragmentarisch überliefert; ohne ausführliche Rekonstruktion ist er unaufführbar. Drei der Gesangsnummern sind uns original überliefert. Einige andere habe ich ergänzt, indem ich den Oberon-Text auf andere Lieder von Ferrabosco und Johnson übertrug, obwohl ich die Chöre ganz neu komponieren musste, da nicht ein einziger für auch nur eine jakobinische höfische Masque noch existiert.“ (Peter Holman: Eine Reise ins Land der Feen. Begleittext zur CD: Ben Jonson’s The Masque of Oberon. Philips 446 217-2, 1994. 1 CD. S. 10)

    Das Ergebnis kann sich nach meinem bescheidenen Dafürhalten sehr gut hören lassen. Holmans enorme Erfahrung mit der Musik der Renaissance wird u.a. dadurch deutlich, dass man nicht eine Sekunde lang den Eindruck hat, dass hier auch nur irgendetwas rekonstruiert werden musste. Authentischer kann auch originale Musik der englischen Renaissance kaum klingen. Philip Pickett und seine Musicians of the Globe sind in jeder Hinsicht ideale Partner für die Klangwerdung dieses fulminanten Spektakels. Für mich bleiben an dieser Stelle keine Wünsche offen.

    :wink: Agravain

  • Diejenigen, die Interesse daran und Zeit dafür haben, sich einmal eine moderne Aufführung dieser Masque anzusehen, haben via YouTube die Gelegenheit dazu.
    Hier kann man sich eine Produktion des Department of Music der Case Western Reserve University aus dem Jahr 1993 ansehen. Ist - finde ich - ganz vergnüglich.

    https://www.youtube.com/watch?v=rs0Z3jbPAPc:

    Oberon, The Faery Prince: A Masque of Prince Henries, 1611
    by Ben Jonson
    Original Music by Alfonso Ferrabosco Jr., Robert Johnson, et al.

    Stage Direction: Barrie Rutter
    Choreography and Dance Direction: Ken Pierce
    Music Direction: David Douglass

    :wink: Agravain

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