'Verbotene Spiele'
'Jeux interdits' (Frankreich 1952)
Regie: René Clement
Darsteller: Georges Poujouly, Brigitte Fossey, Jacques Marin, Laurence Badie
Frankreich 1940. Ein Flüchtlingstreck wird von deutschen Flugzeugen beschossen. Die Eltern der kleinen Paulette (Fossey) kommen dabei ums Leben, ebenso wie ihr innig geliebter Hund. Sie selber findet eine vorläufige Heimat bei einer sehr archaisch lebenden Bauernfamilie, deren jüngster Sohn Michel (Poujouly) sich rührend um sie kümmert. Gemeinsam bestatten sie ihren Hund und gründen dann einen geheimen Friedhof für Tiere aller Art. Die dazugehörenden Grabkreuze stiehlt Michel vornehmlich vom Friedhof, wobei er auch das seines jüngst gestorbenen Bruders nicht ausspart. Natürlich kommt das alles heraus und zwar just in dem Moment, in dem Paulette die Familie verlassen muss, weil sie als Waise in die Obhut des Roten Kreuzes übergeben wird. Gegen ihren Willen werden nun beide Kinder getrennt.
1952 war diese Härte dem französischen Publikum wohl nicht zumutbar, weshalb Clement noch eine Rahmenhandlung drehte, die aber dankenswerterweise auf der DVD nur im Bonusmaterial vorhanden ist.
Der Film wurde hochdekoriert, u.a. mit einem extra für ihn und nur einmal vergebenen Spezialpreis der Kritiker in Cannes, mit dem 'Goldenen Löwen' und in Hollywood mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Nun sagen Preise nicht immer etwas aus über die wirkliche Qualität eines Films. Aber in diesem Fall hat er sie alle wohlverdient.
'Verbotene Spiele' ist zunächst einmal eine Abhandlung darüber, wie Kinder versuchen, mit dem sie umgebenden Grauen und mit dem Tod umzugehen und beides zu bewältigen. Es ist aber auch das Porträt einer Familie, die vollständig in ihrer eigenen, bitterarmen Welt lebt, nach eigenen Notwendigkeiten, die sich Gefühle, so wie man sie erwarten würde, schlichtweg nicht leisten kann bzw. sie auch nicht verstehen würde, die aber spontan hilft, weil ein Esser mehr am Tisch nun auch egal ist und weil sie durchaus Mitleid haben. Und so wie die Familie in 'Lockende Versuchung' von William Wyler plötzlich mit dem Krieg konfrontiert wird und ihm gegenüber Stellung beziehen muss, passiert es auch den Dollés. Auch sie leben in einer fast vollständig abgeschotteten Welt, ziehen aber aus der Begegnung mit dem Krieg andere Schlüsse.
Und es ist natürlich die Geschichte der beiden Kinder und einer unendlich zarten Liebesgeschichte.
George Poujouly und Brigitte Fossey (damals 11 und 5 Jahre alt) werden von René Clement wunderbar geführt. Er erspart ihnen nichts, führt sie aber beide zu unglaublich tollen schauspielerischen Leistungen. (Brigitte Fossey erhielt in Venedig übrigens den Darstellerpreis und erinnerte sich später mit großer Dankbarkeit an die Dreharbeiten.) Beide stehen den ganzen Film über im Mittelpunkt und tragen ihn absolut. Ohne sie kann man sich den Film eigentlich nicht vorstellen.
Durch sie und mit ihnen entstand ein zunächst und vordergründig tragischer Film, der allerdings nie, in keiner Sekunde, sentimental ist. Der Schrecken des Krieges ist da, das Leid des Kindes, dann diese Familie, in der der Vater unumschränkter, heftig zuschlagender Herrscher ist und die relativ pragmatisch mit dem Tod des einen Sohnes umgeht, die Trennung von Michel und Paulette. Und natürlich ist man als Zuschauer zutiefst gerührt. Aber man ist gleichzeitig auch glücklich, weil der Film diese unglaublich poetische Strahlkraft hat, weil er in all dem Leid auch immer wieder sehr humorvoll ist, weil diese beginnende Liebe zwischen diesen beiden Kindern von einer ganz tiefen, hoffnungsvollen Zuneigung spricht. Vielleicht ist man auch glücklich, weil die Menschen, die dort dargestellt werden, wirklich Menschen sind. Hart und auch brutal, engstirnig und fehlerhaft. Aber sie sind ehrlich in ihren wirklichen Gefühlen und versuchen auch immer irgendwie das Beste. Trotzdem war die Welt 1940 in Frankreich wahrlich aus den Fugen und die Familie Dollé ist eben auch ein Abbild dieser Welt. Aber in ihr entsteht diese Freundschaft, diese Liebe der beiden Kinder. Und auch wenn sie beide getrennt werden, ist es ein schöner Film, rührend und berührend und voller Liebe.
Wolfram