The Harlem Blues & Jazz Band - gegründet 1972
Was im alten Jazz von New Orleans die "Preservation Hall Jazz Band" seit 1961 ist, das kann man über den Jazz der 1920-er bis 1950-er Jahre von der "Harlem Blues & Jazz Band" sagen. Man nahm sich dabei mehr die Bands eben aus Harlem und Kansas City zum Vorbild. Es waren fast immer noch ziemlich rüstige alte Herrschaften, die noch den Geist der "alten Zeit" in sich trugen, und sie spielten entsprechend im Stil dieser Zeit. Natürlich kamen immer wieder Musiker der nächsten Generation dazu, so dass alleine dadurch das Programm auch etwas moderner wurde.
Auch wenn man überall als Gründungsjahr 1973 lesen kann, ist das nur bedingt richtig. Der Name wurde bereits 1972 das erste Mal bei zwei Platteneinspielungen des Gründers Clyde Bernhardt verwendet. Auch war das die Ausgangsbesetzung gewesen. Die Band lebt auch 2021 noch, inzwischen natürlich gingen unzählige Musiker durch sie hindurch. Oftmals waren es die Musiker der zweiten oder dritten Reihe, aber die waren immer noch verdammt gut, denn was fast 30 Jahre lang aus den ganzen Bands der USA wanderte, waren nicht nur die ganz großen Stars der Szene, sondern eben auch unzählige tolle Musiker, die mit ebenfalls erstklassigen Bands arbeiteten.
Der Gründer war der doch weitgehend unbekannt gebliebene Clyde Bernhardt gewesen, ein durchaus achtbarer Posaunist und auch Sänger, der sein Handwerk in den Bands von King Oliver, Edgar Hayes (mit einem jungen Kenny Clarke am Schlagzeug), Jay McShann, Cecil Scott, Claude Hopkins, Dud Bascomb und Luis Russell von Grund auf lernte und beherrschte. Auch leitete er immer mal wieder eigene Bands. So kam er über die Jahre 1931 bis 1951 gut hinweg. Von 1952 bis 1970 spielte er dann regelmäßig in der Bigband Joe Garlands (das ist jener Komponist, Arrangeur und Tenorsaxophonist, der den Titel "In the Mood" schrieb).
1972 spielte er bis zum Tode von Bassist und Leiter der "Pionieers of Jazz" in dieser Band mit. Erst der Tod von Alvis (der u.a. mit Duke Ellington, Louis Armstrong und Wilbur de Paris spielte) machte die Gründung der "Harlem Blues & Jazz Band" möglich, denn durch diese Band lernet Bernhardt den Arzt, Jazzmusiker, Mäzen und Jazzfan Dr. Al(bert) Vollmer kennen. Vollmer sorgte für den finanziellen Background und die Engagements, Bernhardt wurde der Leader der Band.
Am 17.Juli 1972 ging mal in New York dann mit einer Band ins Studio um die ersten Einspielungen zu machen. Noch war die Band eine reine Studio-Band, doch der Name wurde dazu eben erstmals erwähnt. 12 Titel hatte man dabei eingespielt, nahezu alle in den 1920-er Jahren entstanden. Darunter waren "I got Rhythm", "After You've Gone", "Royal Garden Blues" und "Georgia on my Mind". Alle Titel hatten Gesang vom Leader selbst, der ein sehr gutes Gespür für die Stücke durch seine Karriere gesammelt hatte.
Die Besetzung lautete damals:
Jack Butler (Trompete) - Clyde Bernhardt (Posaune, Gesang) - Charlie Holmes (Altsax) - Happy Cauldwell (Tenorsax, Klarinette) - Earl Knight (Klavier) - Napoleon "Snags" Allen (Gitarre) - Jimmy Shirley (Fender-Bass) - James Harewood (Drums)
Charlie Holmes (1910-1985) spielte mit den Bands von Cootie Williams, Chick Webb, der "Mills Blue Rhythm Band" und zwei Mal mit Luis Russell (1928-1930, 1932-1940 ; ab 1935 mit Louis Armstrong als großen Star vor der Band), John Kirby, Billy Kyle, Al Sears. Auch er wirkte viele Jahre in der Joe Garland-Bigband mit. 1972-1975 dann war er mit der Harlem Blues& Jazz Band unterwegs.
Happy Cauldwell (1903-1978) war einer der allerersten Jazzmusiker, die auc Tenorsaxophon spielten. Das war bereits vor Coleman Hawkins und Bud Freeman gewesen. Allerdings konnte er noch nicht einen eigenen Sound darauf entwickeln, es klang noch zu sehr nach Klarinettenstil. Er spielte mit Mamie Smith, Jelly Roll Morton, Vernon Andrade (wo auch Bernhardt einige Jahre spielte), Louis Armstrong, Tiny Bradshaw und Eddie Condon. 1970 ging er mit Jimmy Rushing auf eine Tournee.
Napoleon "Snags" Allen (1915*) war einer der ersten Gitarristen, die sich eine elektrisch verstärkte Gitarre zulegten Anfang der 1940-er Jahre. Er spielte mit Roy Eldridge, King Curtis und später viele Jahre lang mit den "the Blenders", Jackie Wilson und den "Supremes" und anderen Gruppen dieser Richtung.
Earl Knight (um 1920-2008) trat mit Lester Young, Eddie Lockjaw Davis, Lonnie Johnson, Lucky Thompson, Oscar Pettiford und mehrfach mit Clyde Bernhardt auf, bevor er 1972 erneut mit Bernhardt bei der Harlem Blues & Jazz band zusammenarbeitete.
Jimmy Shirley (1913-1989) war ursprünglich Gitarrist. Auch er war einer der frühen Vertreter der elektrischen Jazzgitarre. etwa mit Clarence Profit (1938-1941), Artie Shaw (1941), Edmond Hall und Coleman Hawkins (1943), Ella Fitzgerald (1942-1943), Sidney de Paris (1944) und oftmals mit Herman Chittison (1944-1954). 1945 machte er seine erste eigene Platte für die blutjunge Firma "Blue Note". Er wandte sich dann viele Jahre dem Rhythm& Blues zu.
Nach seiner Zeit mit der Harlem Blues & Jazz Band gab es noch Einspielungen mit Johnny Guarnieri (1975) und Stephane Grappelli (1978).
Über Trompeter Jack Butler ist nur wenig bekannt. Er spielte Anfang der 1930-er Jahre mit Bernhardt zusammen in einigen mehr regionalen Bands zusammen. Dort fungierte er als Lead-Trompeter und hin und wieder als Sänger. Auch über Drummer James "Rip" Harewood findet man extrem wenig. Sei es in Büchern, als auch im Netz.
Man kann es nicht anders sagen, aber diese Band war eigentlich eine "Band der Namenlosen" gewesen. 1972 war der Jazz in den USA auch ziemlich out gewesen, selbst in Europa ging das Bandsterben durch die Länder hindurch, aber noch gab es genug Jazzfans, und die Band sollte auch in Europa damals einen wahren Triumphzug hinlegen, was so nicht zu erwarten war.
Als die Band dann 1973 offiziell gegründet wurde, wurden einige Umbesetzungen notwendig. Die erste Platte kam dann unter dem Namen "Clyde Bernhardt/Jay Cole and The Harlem Blues & Jazz Band" heraus. Nun mit der Besetzung
Clyde Bernhardt (Posaune, Voc.) - Dr. Albert Vollmer (Sopransax) - Happy Cauldwell (Tenorsax) - Gene Mikell (Altsax) - Jay Cole (Klavier) - Barbara Dreiwitz (Tuba) - Cozy Cole (Drums) Diese Musiker machten zwei Titel im Studio nur als Anfang. Der bekannteste Musiker war ohne Zweifel der großartige Cozy Cole am Schlageug gewesen, der in den Bands von Cab Calloway und den Louis Armstong All Stars (1949-1954) bekannt wurde. Sein Bruder Reuben Jay Cole spielte Klavier, von der Band Woody Allens kam die junge Tubistin Barabara Dreiwitz dazu. Damit war es keine reine schwarze Band gewesen. Eine Besonderheit, die man bis heute bewahrt hat. Man hat damit auch die Linie fortgeführt, die auch Armstrongs All Stars hatten, die immer beide Haurfarben in der Band hatten. Man muss das durchaus erwähnen, denn in den USA war das noch immer nicht so selbstverständlich gewesen.
Am 10. November 1973 kann man dann von der ersten "festen Besetzung" Sprechen, als man erneut ins Studio ging. Nun lautete die Besetzung wie folgt:
Doc Cheatham (Trompete) - Clyde Bernhardt (Posaune, Voc,) - Charlie Holmes (Altsax) - Jay Cole (Klavier) - Barbara Dreiwitz (Tuba) - Tommy Benford (Drums)
Normal noch mit einem Tenorsaxophonisten und Gitarristen besetzt, aber immerhin stand mal eine echte Band auf der Bühne. Mit dem großartigen Doc Cheatham (1905-1997), der bald von Francis Williams (1910-1983) an Trompete/Flügelhorn ersetzt oder ergänzt wurde, kam nun auch ein Musiker in die Band, der viele Jahre bereits selbst Geschichte als Lead-Trompeter für etwa Cab Calloway schrieb, aber auch mit Eddie Heywood, Wilbur de Paris u.v.a. spielte. Cheatham sollte eine Alterskarriere erleben, die er selbst wohl nie für möglich gehalten hat. Francis Williams spielte mit Fats Waller, Claude Hopkins, Edgar Hayes, Ella Fitzgerald und vor allem 1945-1951 mit der Duke Ellington Band. Nach seiner Zeit mit der Harlem Blues & Jazz Band spielte er noch mit Panama Francis' "Savoy Sultans" von 1979 bis 1983.
Tommy Benford (1905-1994) spielte wie auch Cozy Cole mit Jelly Roll Morton und Louis Armstrong, Edgar Hayes, Fats Waller, Duke Ellington (vier Wochen als Ersatz für Sonny Greer). Ab 1932 war er bis 1941 in Europa aktiv, etwa mit dem Geiger Eddie South 1932-1936 und dem Orchester von Willie Lewis von 1938-1941. Anschließend spielte er mit Noble Sissle, Rex Stewart, Muggsy Spanier, Bob Wilbur, Jimmy Archey, Eddie Barefield, Danny Barker und Ed Hall mehr im Dixieland-Umfeld.
Benford spielte von 1973-1979 mit der Harlem Blues & Jazz Band, als er bereits im Rentenalter war.
Das war der erste Teil der Bandvorstellung.