Silence is sexy
"Silence is sexy" ist das siebte Studioalbum der Neubauten, erschienen 1996, also 15 Jahre nach dem ersten Album. Was mir zuerst auffiel - die Texte entfernen sich immer mehr von den nihilistischen Themen auf "Kollaps", und es geht immer mehr in Richtung, nun ja, Liedermacher. Was aber nict heißt, dass hier mit Akustikgitarre geschrammelt wird. Da haben die Neubauten einiges mehr auf dem Kasten. Vieles ist aber doch vom Tempo zurückgenommen.
Das Album beginnt mit einer Ballade, "Sabrina", sehr zurückgenommen, sowohl textlixh als auch instrumental, mit Streichern als Unterstützung.
Es folgt das Titelstück, das auf den Geräuschen beim Rauchen einer Zigarette basiert. Hier lohnt es sich, das einminütige Schweigen ziemlich am Anfang über Kopfhörer zu hören - da sind die Umgebungsgeräusche bis zum nächsten Zug an der Kippe deutlich aufgenommen. Sehr spannend - da fällt erst auf, was man bei jeder Bewegung für Geräusche produziert. Danach kommen Bass und Perkussion hinzu, sowie später eine ziemlich enervierend gespielte Gitarre. Am Schluss wird er Refrain immer wieder von einem Chor skandiert. Das unterstreicht den Ohrwurm-Charakter des Stücks, obwohl es sich der Chart-Tauglichkeit erfolgreich widerstzt. Der erste Höhepunkt des Albums.
Das folgende "In circles" dient als Zwischenspiel, downtempo mit lärmiger Einlage, bevor es mit einem lebhaften Doppelstück weitergeht. Im ersten Teil kämpft Blixa gegen die Gravitation, mit seinen unnahmahmlichen Wortspielen, danach mit dem "großen Zampano", wobei mich das Gefühl beschleicht, dass es sich hierbei um sein Alter ego handelt. Die metallene Perkussion wird hier von schrägen E-Gitarren und Bläsern begleitet. Der Schrei "Damenwahl" auf der Grenze zwischen beiden Stücken ist allerdings i-wie strange.
"Heaven is of honey" ist wieder ruhiger, mit englischem Text. "Beauty" ist musikalisch ein Drone-Loop, über dem Blixa über die Schönheit sinniert. Melancholie ist das Thema von "Befindlichkeit des Landes", das sich in gemächlichem Tempo mit treibendem Bass ins Ohr bohrt. Ein weiterer, heimlicher Höhepunkt.
Die folgende Sonnenbarke ist mein nächstes Highlight. Der treibende Bass (der sich anscheinend zu einem Markenzeichen der Neubauten entwickelt), steigert die Ballade nach und nach in eine hypnotische Schleife, die durch den Refrain und die Perkussion aufgebaut wird und sich am Schluss sacht auflöst. Dann folgt das nächste Highlight, der Musentango. Ein witziger, intelligenter Text über Gesang und Tanz, höchst amüsant, adäquat musikalisch begleitet.
Als nächstes kommt "Alles". Diesmal wird der Text mehr von der Perkussion gestützt, während der Bass etwas im Hintergrund agiert.
"Redukt" überrascht mit seinem dissonanten, aggresiv 'herausgehauenen' Refrain, während der Text wie soft "nachdenklich" und bildreich ist, eher ruhig in Szene gesetzt, typisch für dieses Album. "Dingsaller" ist ok. Die "Anrufe in Abwesenheit" nerven, weil furchtbare Störsignale von Mobilfunk drauf sind. Hier frage ich mich, warum statt dessen "Total eclipse of the sun" nicht auf dem Album geblieben ist.
Zum Abschluss, auf der zweiten CD, das 18minütige "Pelikanol". Eigentlich nur ein Perkussion-Loop mit kurzem Text. Eigentlich, aber was draus gemacht wird, ist schon groß. Offensichtlich eine Erinnerung von Blixa (Pelikanol war ein Klebstoff, der nach Bittermandel und Marzipan roch), passen Text und Musik dann doch wieder wie Faust auf Auge. Eine Spielwiese, wo Stimme und Perkussion elektronisch erweitert werden, um das Stück vorwärts zu bringen.
Yeah, ein geiles Album.