Sänger - Entdeckungen neuerer Zeit

  • Sänger - Entdeckungen neuerer Zeit

    Liebe alle,

    ich wage nun einmal die Eröffnung eines neuen Fadens, um Aufnahmen mit Sängern vorzustellen, die noch nicht gar so bekannt und arriviert sind, von denen ich aber meine, es könne sich lohnen, ihre Entwicklung aufmerksam zu verfolgen. Ich merkte irgendwann einmal, daß ich den Anschluß an neuere Entwicklungen zu versäumen drohte - da begann ich planvoll nach neuen Stimmen und Gesichtern zu suchen.

    Mein erster Fund ist die "The Path of Life" betitelte Zusammenstellung von Schubert-Liedern des Tenors Ilker Arcayürek, der begleitet wird von Simon Lepper.

    Eine überaus erfreuliche Entdeckung. Arcayürek singt mit hervorragender Textverständlichkeit und intelligenter Gestaltung. Seine Phrasierung ist kultiviert, angenehm zurückhaltend und doch schöne Farben schaffend. Fischerweise, Alinde, Willkommen und Abschied habe ich lange nicht mehr so souverän gestaltet gehört. Einiges begeistert gar: Auf der Bruck (D 853a) ist ein stimmlicher Parforce-Ritt, den Arcayürek mit Mut und Energie auch in den letzten, schwierigen Takten noch gestaltet.
    Die Lieder sind thematisch geordnet: Liebe, Sehnsucht, Streben nach innerem Frieden, Resignation, Erlösung - im 2. Teil wird der Ton verhaltener, konzentrierter. Man hört weiterhin mit großem Gewinn zu, über "Du liebst mich nicht" bis hin zu dem doch versöhnlichen "Des Fischers Liebesglück".

    Also: ein vielversprechender Sänger, von dem man mehr zu hören hofft, wenn das musikalische Leben jetzt doch irgendwann wieder erwacht. Arcayürek hat wohl auch schon einige CDs veröffentlicht und singt sowohl Oper als auch Konzert; möge er den Faden bald wieder aufnehmen können. :top:

    Übrigens ist die CD ausnehmend schön und sorgfältig gestaltet, mit von Richard Stokes verfaßten einführenden Texten zu den einzelnen musikalischen Themenblöcken.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Liedsänger

    Liebe alle,

    diese CD mit balladenhaften Werken von Schubert, Schumann, Jensen und Loewe habe ich erst einmal hören können, aber sie gefiel mir auf Anhieb wirklich sehr gut.

    Konstantin Krimmel ist erst 28 Jahre alt, war als Junge Chorknabe, studierte Gesang in Stuttgart und hat auch schon ein bißchen Oper gesungen. Sein Hauptaugenmerk scheint aber zumindest derzeit auf dem Lied- und Konzertgesang zu liegen - so kann man es dem wikipedia-Eintrag und auch seiner eigenen Seite im Internet entnehmen.

    Ich habe die CD, wie gesagt, erst einmal hören können, aber schon der erste Eindruck ist erfreulich. Krimmel verfügt über eine ausnehmend wohlklingende, schön gerundete und modulationsfähige Stimme, die man wohl am zutreffendsten als Kavalierbariton bezeichnet. Sie klingt schon jetzt -bemerkenswert mit Ende 20!- reif und souverän. Der Sänger gestaltet die pièces de résistance des Balladenrepertoires -Tom der Reimer, Tartarus, Prometheus und die beiden Grenadiere- mit feiner Textverständlichkeit, langem Atem und so vielen Farben, wie eine kultivierte Darstellung es erlaubt. Bezwingend der Schubert'sche Zwerg - mich schauderte bei diesem Drama schon immer, diesmal aber besonders.

    Also: es wird sich lohnen, die Karriere dieses Sängers ein wenig aufmerksamer zu verfolgen.

    Grüße!

    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Marina Rebeka, Sopran

    Ihr Lieben,

    wahrscheinlich kannte nur wieder ich diese bemerkenswerte Sopranistin nicht. Marina Rebeka kommt aus Lettland, singt anscheinend schon eine ganze Weile auf wichtigen Bühnen und hat einige CDs veröffentlicht. Ich lernte sie kennen beim Hören dieser Aufnahme:

    Eine sehr schöne Auswahl des ureigensten Belcantorepertoires: Bellini, Donizetti, Spontini - Norma, Pirata, Maria Stuarda, Anna Bolena, Vestale. Marina Rebeka hat eine ausnehmend modulationsfähige, substanzreiche Stimme, die ahnen läßt, daß die Sängerin sich an der Callas zumindest ein wenig orientiert: so viel Mut zur engagierten Darstellung ist heute selten geworden. Rebeka singt pointiert und meistert alle heiklen und auch für Könnerinnen grausamen Stellen souverän. Wollte man einen Tropfen Wasser in den Wein gießen, müßte man mäkeln, daß Pianissimi (Norma, aber auch Stuarda, Deh tu di un umile preghiera) schon schwebender gesungen wurden, aber das schmälert den sehr schönen Gesamteindruck nicht. Was Rebeka auf jeden Fall auszeichnet, ist die bewundernswerte Technik, die Läufe und Koloraturen absolut natürlich und gewiß hören läßt.

    Also: eine schöne Entdeckung. Marina Rebeka singt im Juli beim Festival in Aix in den Foscari von Verdi; früher hätte man sich überlegt, dorthin zu fahren, um sie mal live zu hören, aber das fällt in diesem Jahr wegen Corona und Ortswechsel aus. Vielleicht im Juli 22 Norma in Barcelona? Ich denke, es würde sich lohnen.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Liebe Honoria,

    Marina Rebeka ist vielleicht die beste Interpretin von Massenets Thais, die derzeit die internationalen Bühnen unsicher macht. Sie hat die Partie als Einspringerin für Sonya Yoncheva konzertant bei den Salzburger Festspielen gesungen (was ein Glück für Salzburg war, wenn man die Interpretationen der beiden Sängerinnen auf YouTube vergleicht...) und jüngst szenisch in Monte Carlo. Die Partie zeichnet sich durch extreme Lagen aus, die Parlandos für einen Sopran ziemlich tief in der unteren Mittellage, aber dann wieder ariose Aufschwünge bis zum d''' und es'''. Marina Rebeka hat sowohl eine warme und durchschlagskräftige Tiefe als auch die nötige leuchtende Höhe, dabei einen schlankeren, lyrischeren Sopran als viele Mitstreiterinnen, was sie für dieses Massenet'sche "idole fragile" prädestiniert. Vielleicht noch nicht das Nonplusultra für diese schwierige Partie (aber wann hat man das schon gehört?), aber jedenfalls eine sehr sehr gute Darstellung.

    Zum Nachhören der Thais aus Monte Carlo:
    Duett 1. Akt: https://www.youtube.com/watch?v=Ubcn6tWlhrU
    Arie 2. Akt: https://www.youtube.com/watch?v=TKUQD3DLvVE
    Duett 2. Akt: https://www.youtube.com/watch?v=L9g_XLMQ-00
    Duett 3. Akt: https://www.youtube.com/watch?v=r_bzNSYwJWA
    Finale 3. Akt: https://www.youtube.com/watch?v=aeV2ozExb5A (mit der Dopplung von Thais' Körper und Thais' Seele eine einfache und plakative, aber ungemein wirkungsvolle und stimmige Inszenierung!)

    Liebe Grüße,

    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Lise Davidsen

    Ihr Lieben,

    diese CD:

    hatte ich mir für dieses Wochenende aufgehoben. Eigentlich hatte ich große Erwartungen, denn die Besprechungen der CD bei Amazon sind überwiegend enthusiastisch. Aber so ganz stimme ich nach dem ersten Hören mit den Autoren nicht überein.

    Zuerst das Positive: Frau Davidsen hat eine volle, substanzreiche Sopranstimme, die so viel Körper hat wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Sie verblendet alle Register vortrefflich, so daß sie auch in der Höhe niemals auch nur ansatzweise schrill wird: da sie vorzugsweise das hochdramatische Repertoire pflegt, ist das eine ziemliche Leistung. Auf der Bühne wird sie so überwältigend wirken, und es ist kein Wunder, daß Bayreuth ruft: so viel Stimme ist auch dort nicht (mehr) selbstverständlich.

    Trotzdem will sich Begeisterung bei mir nicht einstellen, vorerst jedenfalls. Auf der CD singt Lise Davidsen u.a. die Leonoren-Arie, dazu "Ah perfido", Verdi (Pace, Ave Maria) und zum Schluß die Wesendonck-Lieder. Es klingt alles gleich, und es klingt alles so, als verstehe sie nicht wirklich, was sie da singt und als sei sie sie innerlich und auch sonst nicht wirklich beteiligt.
    Bei den Wesendonck-Liedern ist darüber hinaus die Aussprache nicht wirklich erstklassig; es hört sich fremd an. Das wäre nicht schlimm, wenn ein wenig mehr Wille zur Gestaltung hörbar wäre, aber daran fehlt es (man höre, was die auch nicht deutsch als Muttersprache singende Agnes Baltsa aus diesen Liedern machte - Feuer und Flamme...). Diese Lieder vertragen es nicht, daß man sie so unbeteiligt singt.

    Es bleibt der Eindruck einer fast monumentalen Stimme mit großen Anlagen, hinter der ich die mitreißende Künstlerpersönlichkeit noch entdecken muß.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Zitat von Honoria Lucasta

    Trotzdem will sich Begeisterung bei mir nicht einstellen, vorerst jedenfalls. Auf der CD singt Lise Davidsen u.a. die Leonoren-Arie, dazu "Ah perfido", Verdi (Pace, Ave Maria) und zum Schluß die Wesendonck-Lieder. Es klingt alles gleich, und es klingt alles so, als verstehe sie nicht wirklich, was sie da singt und als sei sie sie innerlich und auch sonst nicht wirklich beteiligt.
    Bei den Wesendonck-Liedern ist darüber hinaus die Aussprache nicht wirklich erstklassig; es hört sich fremd an. Das wäre nicht schlimm, wenn ein wenig mehr Wille zur Gestaltung hörbar wäre, aber daran fehlt es (man höre, was die auch nicht deutsch als Muttersprache singende Agnes Baltsa aus diesen Liedern machte - Feuer und Flamme...). Diese Lieder vertragen es nicht, daß man sie so unbeteiligt singt.

    Da stimme ich dir ja sowas von zu liebe Honoris Lucasta, das war auch schon bei der ersten CD so, da hat mich z.B. auch ihr Vibrato noch mehr gestört!
    Du hast auch gerade das herausgepickt was so gar nicht meinen Ohren entspricht, gerade die Leonoren Arie ist schon schwer erträglich!
    Und als großer Liebhaber der Wesendonck-Lieder hatte ich mir schon einiges mehr versprochen.
    Ich dachte nach der ersten CD ich gebe ihr nochmal eine Chance, aber...... :sleeping: vergeblich.

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Ich würde so gerne widersprechen, aber ich befürchte, ich kann es nicht. :versteck1:

    Das wäre nicht schlimm, wenn ein wenig mehr Wille zur Gestaltung hörbar wäre, aber daran fehlt es

    Von ihrer Bayreuther Elisabeth war ich geradezu hemmungslos begeistert, weil endlich einmal wieder ein Sopran mit solch einer Fülle im Klang, mit dieser Mühelosigkeit, der Schönheit des Materials, auch mit einer gewissen großen Geste auftauchte. Danach habe ich mir alle Schnipsel von ihr auf YT angehört, auch weite Teile des Londoner Fidelios. Und wirklich jedes Mal fragte ich mich, obwohl toll gesungen, warum es mich nicht mitgerissen hat. Es ist wohl wirklich der fehlende Ausdruck (gut, die Diktion ist auch nicht immer makellos, aber die war es bei der Jones auch nicht ;) ).

    Es scheint, wie schon gesagt wurde, eine innere Beteiligung zu fehlen. Die Elisabeth mag ein Glücksfall gewesen sein oder es wurde ganz besonders intensiv mit ihr gearbeitet. (Oder ich habe mich unkritisch überwältigen lassen, soll auch vorkommen. :D )

    Trotzdem bleibt sie eine große, große Hoffnung!

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Ich würde so gerne widersprechen, aber ich befürchte, ich kann es nicht.

    Das geht mir ähnlich. Ach, wie schön wäre es doch, endlich die neue Hochdramatische zu entdecken, die dieses schwierige Fach wirklich bewältigen und weiter tragen kann. Und Lise Davidsen ist noch sehr jung, wirkt in Interviews ausgesprochen sympathisch und bodenständig, der würde man es wirklich gönnen.

    Vor ihrem Bayreuther Debüt 2019 wurde sie ja genau so auch schon in den Fokus gestellt und geradezu gehypt als die große Entdeckung in ihrem Fach, als der kommende Star. Entsprechend groß waren die Erwartungen, und beim Hören der Radioübertragung war ich dann doch ein Bisschen ernüchtert. In der Stimme habe ich wenig individuelles Profil gehört, und vor allem fand ich sie trotz ihres jungen Alters teilweise schon ein Bisschen zu schrill und zu dramatisch.

    Aber ich bin da kein Maßstab, der von den Berichterstattern angekündigte Erfolg ist eingetroffen, Publikum und Presse feierten sie als die Entdeckung der Festspiele, für die nächsten Festspiele, die dann letztlich ausgefallen sind, wurde sie als Sieglinde direkt wieder engagiert und auch letztes Jahr beim "Ring", der "nach Corona" in Berlin den Wiederbeginn des Opernlebens markieren sollte, war sie wieder der Star von Publikum und Presse. Nur mir will sich die Begeisterung noch immer nicht ganz erschließen. Eine sehr junge Frau mit einer sehr großen Stimme - ist das alles?


    PS: Liebe Honoria Lucasta, toll, wieder von dir zu lesen und vielen, vielen Dank, dass du die Opern- und Sängersparte hier im Forum mal wieder belebst!!!

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • endlich die neue Hochdramatische zu entdecken

    Es gibt Vergleiche mit Flagstad. Nun ja, Kollo wurde in der Presse auch mal als 'neue Callas' gefeiert. :D Aber sie ist ja nun wirklich noch keine 'Hochdramatische'. Im Moment ist sie immer noch als lyrisch-dramatischer Sopran unterwegs. Aber wir wollen die Medien an dieser Stelle nicht überfordern. :D

    für die nächsten Festspiele, die dann letztlich ausgefallen sind, wurde sie als Sieglinde direkt wieder engagiert

    Ich hatte schon Karten für ihre Sieglinde in Berlin, bin dann aber Corona-bedingt nicht hingefahren. Von daher musste ich mich auf die Aussagen von Besuchern und Presse verlassen. Und ja, die waren eindeutig positiv. Aber vielleicht hängt ihre Qualität auch von den jeweiligen Rollen und einer ausgiebigen Probenarbeit ab.

    PS: Liebe Honoria Lucasta, toll, wieder von dir zu lesen und vielen, vielen Dank, dass du die Opern- und Sängersparte hier im Forum mal wieder belebst!!!

    Das finde ich auch!!! :cincinsekt:

    :wink: Wolfram

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    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Es gibt Vergleiche mit Flagstad. Nun ja, Kollo wurde in der Presse auch mal als 'neue Callas' gefeiert.

    Man kann über Kollo ja sagen, was man will. Den Stolzing oder den Tristan hat er besser gesungen, als Callas das je gekonnt hätte! :D

    Aber sie ist ja nun wirklich noch keine 'Hochdramatische'. Im Moment ist sie immer noch als lyrisch-dramatischer Sopran unterwegs. Aber wir wollen die Medien an dieser Stelle nicht überfordern.

    Zwei Einwände:
    Ich denke nicht, dass die Medien, sie 2019 oder 2020 als neuen hochdramatischen Sopran gesehen haben, sondern dass sie sie als die kommende Hochdramatische ankündigen wollten. In den Berichten spielte ja auch immer eine Rolle, dass sie die ganze schweren Partien - Brünnhilde, Elektra - schon angeboten bekommt, aber noch klug genug ist, erst einmal abzulehnen, um sich Stück für Stück dahin zu entwickeln. Eher also ein: "Das wird mal die neue Hochdramatische, das wird mal die neue Flagstad und Nilsson - und wir haben sie erkannt und es euch gesagt, als sie noch "in der Mache" war!". :D
    Ja, im Moment ist sie immer noch als lyrisch-dramatischer Sopran unterwegs, stimmt. Aber wie geschrieben, fand ich sie als Elisabeth teilweise schon ein Bisschen zu schrill in der oberen Lage und zu dramatisch. Ich erinnere mich allerdings auch an eine Fernsehübertragung der "Ariadne auf Naxos" - die Partie dürfte ja, was die "Schwere" angeht, mit der Elisabeth vergleichbar sein, kreischende Hochdramatische sind sie beide nicht - wo mir das meiner Erinnerung nach nicht so aufgefallen ist.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

    Einmal editiert, zuletzt von Cherubino (28. April 2022 um 22:25)

  • Man kann über Kollo ja sagen, was man will. Den Stolzing oder den Tristan hat er besser gesungen, als Callas das je gekonnt hätte!

    Das weiß ich nicht. Ich such mal die entsprechenden Callas-Aufnahmen heraus, um das zu überprüfen. :D

    Ich denke nicht, dass die Medien, sie 2019 oder 2020 als neuen hochdramatischen Sopran gesehen haben, sondern dass sie sie als die kommende Hochdramatische ankündigen wollten.

    Ok, dann habe ich das falsch verstanden.

    Aber wie geschrieben, fand ich sie als Elisabeth teilweise schon ein Bisschen zu schrill in der oberen Lage und zu dramatisch.

    Das genau habe ich nicht gehört, aber, wie gesagt, vielleicht war ich eh gerade auf Wolke 7. ;)

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

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  • Liebe alle,

    wir kritisieren hier natürlich auf hohem Niveau: eine Stimme wie die von Frau Davidsen ist so außergewöhnlich, daß sie auch gut das Telephonbuch singen könnte, und es wäre immer noch ein starker Eindruck. Aber es fehlt halt -noch?- das, was uns in hörende Extase treibt.

    Könnte es sein, daß Lisa Davidsen vor Wagner/Strauß zu wenig Verdi und Puccini gesungen hat?

    Grüße!

    Honoria Lucasta,

    die tief berührt ist von dem freundlichen Willkommen nach langer Abwesenheit - Dich teure Halle grüß ich wieder und mit ihr alte und neue Korrespondenten. My pleasure. :verbeugung2:

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Keine Ahnung, ob der Sänger nicht vielleicht schon als altbekannt gilt. Für mich ist er eine Entdeckung. Und, mit Abstrichen, wirklich eine!

    Eigentlich kam ich auf ihn, weil er bei uns in Hamburg in der nächsten Saison den Hoffmann in einer Neuinszenierung singt. Daraufhin habe ich mir einige Ausschnitte mit ihm auf YT angehört und muss sagen, dass ich größtenteils wirklich begeistert war.

    https://www.youtube.com/watch?v=Uw8bhAnNObo Werther: Pourquoi me reveiller

    Sehr schöner Stimmsitz, französisch entsprechend leicht nach oben verschoben, also eher mit der Kopf- als mit der Bruststimme verblendet. Voix mixte, aber mit sehr kernigem, männlichen Beiklang, für den Werther sehr gut passend.

    https://www.youtube.com/watch?v=VNI8gzOfpWM Romeo et Juliette: Ah Leve toi soleil

    Hier war ich ein wenig enttäuscht. Die Süße und schwebende Sanftheit fehlte mir in manchen Passagen, also insgesamt zu kernig gesungen. Aber trotzdem ein sehr französischer und sehr männlicher Romeo.

    https://www.youtube.com/watch?v=ZjGBkrFZJrM Manon: Instant charmant

    Es geht immer besser, es gibt immer Aufnahmen mit mehr Süße und mit mehr Beherrschung dieses unirdischen Pianos, dass die Arie auszeichnet. Aber das ist trotzdem schlichtweg toll. Bernheim bringt eine für mich neue Qualität in diese Musik hinein, nämlich eine gewisse Männlichkeit ohne dass er die Qualitäten des französischen Stils außer Acht lassen würde. Das ist insgesamt ein sehr eigener Zugriff, sehr persönlich und auch sehr modern. Und es ist eine Stimme, die einen beschäftigt, von der man mehr hören möchte, die ganz große Hoffnungen in sich birgt. Für mich jedenfalls. ^^

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Lieber Wolfram,

    das ist tatsächlich eine Entdeckung! Ich hatte Bernheim schon auf dieser DVD gesehen und gehört (Tebaldo)

    ,

    wo er organischer Teil eines luxuriösen Ensembles ist; die von Dir genannte CD bietet sicher ein besseres Gesamtbild- bin gespannt, sie mal ganz zu hören. Vom Stimmcharakter scheint mir in den von Dir beigelegten Aufnahmen manchmal etwas Gedda auf, aber die Stimme ist doch eine Idee schlanker und eleganter. Es lohnt sich sicher, ihn weiter zu hören und vielleicht auch einmal zu sehen.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Ich habe gerade eine Entdeckung nicht nur neuerer, sondern sogar neuster Zeit gemacht: Vorgestern habe ich - mit Freunden digital auf Distanz - den Stream einer Hochschulproduktion von Puccinis "La Bohème" aus Düsseldorf gesehen. Ich war auf die jungen Sängerinnen und Sänger gespannt, habe mir aber nicht zu viel erwartet. Was ein Fehler! Das gesangliche Niveau habe ich als außerordentlich hoch empfunden. Richtig begeistert hat mich der Rodolfo, der Tenor Jakob Kleinschrot, 1995 in Würzburg geboren, dort bei den Domsingknaben musikalisch aufgewachsen, jetzt Student von Konrad Jarnot in Düsseldorf (erfährt man beim Googeln). Mein Gott, ist dieser Sänger gut! Ich lag seit dem ersten Akt auf den Knien vor dieser Stimme und war schockverliebt in diesen Tenor!! 🙏 Hört es euch an (ab ungefähr Minute 31):

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    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Oh ja, diese Aufführung ist eine absolute Glanzleistung aller Beteiligten. Ich hab die Bohème ungelogen schon in durchaus renommierten Opernhäusern schlechter gesungen, gespielt, interpretiert und inszeniert gehört als von der Düsseldorfer Musikhochschule. Jakob Kleinschrot hat das aufregendste Stimmmaterial, das stimmt, aber auch die beiden Sopranistinnen sind ganz große Klasse. Alle dürfen sie freilich noch ein bisschen reifen, wobei die frischen und noch nicht ganz fertiggeschliffenen Stimmen gerade in einer Oper wie La Bohème sehr authentisch klingen.

    Liebe Grüße,

    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

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