Gute Gründe für Programmänderungen?

  • Nein. Ich lese aber regelmäßig Programmhefte, und in sehr vielen von denen wird auf die zahlreichen Sponsoren des Festivals bzw. des Konzerts hingewiesen.


    Gut - dann hast Du leider keine Ahnung, wovon Du sprichst (ich selbst kann übrigens meine beiden Fragen mit "ja" beantworten). Sonst wüsstest Du nämlich, wie anfwändig es ist, insbesondere als kleinerer Veranstalter ohne großen Ruhm solche Sponsorengelder einzuwerben und wieviel Klinkenputzerei dafür notwendig ist. Die Vorstellung, dass man da nur eben mal bei irgendwem anrufen müsste, damit die Knete fließt, zeugt leider von einer ziemlichen Unkenntnis der Materie. Gerade bei kleineren Veranstaltern ist es so, dass die regional verfügbaren Sponsoren bereits abgegrast worden sind, und auch die Stadtsparkasse legt dann nicht mal eben aus reiner Nächstenliebe ein paar Tausender drauf.

    Mit der Perspektive des Großstädters hat das übrigens nur bedingt was zu tun - es ist wohl eher die Perspektive des passionierten Elphi-Besuchers, der das auf kleinerer Skala stattfindende Kulturleben in der Stadt nicht mehr vollständig wahrnimmt. In Hamburg gibt es (wie in den meisten größeren Städten) z. B. die "Requiem-Saison" im November oder die Osterzeit mit den diversen Aufführungen von Oratorien und Passionen. Schau' mal, wer da was veranstaltet - das sind häufig kleinere Chöre oder Kantoreien. Wenn die Solisten engagieren oder die Hamburger Camerata: meist Du, dass die dort für lau auftreten? Was meinst Du, wo das Geld dafür herkommt? Neben den (meist sehr moderaten) Eintrittsgeldern sind das häufig Förderungen, für die man alle nur erdenklichen Kontakte abgrasen muss, damit man am Ende mit einer (schwarzen oder roten) "Null" rauskommt. Es ist gerade auch dieses Engagement auf niedrigerer Ebene, das zum Kulturleben einer Großstadt beiträgt, und dort füllt man nicht mal eben mit ein paar Telefonanrufen lange Sponsorenlisten in Programmheften.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Das halte ich für zumindest auf den ersten Blick für rechtswidrig.


    Dann versucht der Kleinveranstalter, gegen diese Anordnung den Rechtsweg einzuschlagen: wie lange dauert das dann? Ist damit das in zwei Wochen angesetzte Konzert mit ursprünglichem Programm zu retten? Und: wer bezahlt den Anwalt dafür?

    Wenn diese behördliche Anordnung aber ganz andere Hintergründe hat (Du schriebst, es könnte eventuell an der Zahl der Toiletten liegen), dann stellt sich allerdings unabhängig von Corona die Frage nach der Konzerttauglichkeit dieses Veranstaltungsorts.


    Wenn man alle Veranstaltungsorte von Konzerten mit limitierter Toiletten-Situation streichen würde, wäre das Kulturleben recht schnell deutlich ärmer. Stichwort Kirchen: dort sind es häufig die zwei bis vier Klos im Gemeindehaus, die dafür herhalten müssen.

    Jenseits der Kirchenmusik kann man dann natürlich konsequent sein und nur perfekt taugliche Orte mieten. Wer zahlt dann die Saalmiete dafür? Lass' mich raten: da ruft man einfach mal die Stadtsparkasse an und legt hinterher einen Zettel ins Programmheft, der darüber informiert, wer die Pinkelpause finanziert hat. ;)

    LG :wink:

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  • Veranstaltungsorte von Konzerten mit limitierter Toiletten-Situation

    Wir bewegen uns hier im Bereich des Spekulativen, da wir die behördlichen Beweggründe für die von uns diskutierte Anordnung (ein Block ohne Pause) nicht kennen. Sollte es wirklich an zu geringen Toilettenkapazitäten liegen, muss sich der Veranstalter allerdings fragen lassen, warum er Christian für ein vollständiges Konzert bucht, obwohl der Veranstaltungsort das zu keinem Zeitpunkt hergegeben hat. Zu wenig Toiletten haben nichts mit Corona zu tun.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Zu wenig Toiletten haben nichts mit Corona zu tun.


    Doch, das können sie durchaus haben. Es kann nämlich Vorschriften geben, dass in "Gruppentoiletten" (Männer/Frauen) nur x Personen gleichzeitig reindürfen. Wenn man normalerweise z. B. 10 Toiletten-Kabinen hat, kann sich die Zahl der gleichzeitig nutzbaren Toiletten-Kabinen durch die Corona-Situation schnell mal auf z. B. 5 reduzieren. Auf diese Weise kann eine unter normalen Umständen vollkommen ausreichende Toiletten-Kapazität durch Corona zum Nadelöhr für eine Veranstaltung werden. Das hängt ggf. davon ab, was die Ausgangszahl gewesen ist und wie die entsprechenden Vorschriften lauten.

    LG :wink:

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  • Das halte ich für zumindest auf den ersten Blick für rechtswidrig. Gerade eine Pause eröffnet doch die Möglichkeit, den Saal intensiv zu lüften und dadurch eine eventuelle Ansteckungsgefahr zu minimieren.

    In meinem Job (da dieser Thread öffentlich mitgelesen werden kann, möchte ich ihn hier nicht nennen, aber Du kennst ihn) kann es auch passieren, dass wir in einer Ansammlung von Menschen zwei Stunden oder länger in einem Raum zusammensitzen. Uns erzählt der Arbeitsmedizinische Dienst, der bei uns die Räume inspiziert hat, dass wir eine Pause machen müssen, damit intensiv gelüftet werden kann. Deshalb kann das, was dort die Behörde verlangt, aus Corona-Sicht nicht zielführend sein.

    Wenn diese behördliche Anordnung aber ganz andere Hintergründe hat (Du schriebst, es könnte eventuell an der Zahl der Toiletten liegen), dann stellt sich allerdings unabhängig von Corona die Frage nach der Konzerttauglichkeit dieses Veranstaltungsorts.

    Der Saal ist ein seit mindestens 30 Jahren sehr etablierter Kammermusiksaal mit unzähligen Konzerten und in normalen Zeiten gut funktionierenden Abläufen. Ob die Anordnung rechtens ist, kann ich nicht beurteilen. Das mit den Toiletten war nur eine Vermutung und nur ein Beispiel, die Größe des Foyers oder Breite der Zugangswege könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Die schönsten Lüftungspausen nützen ja nichts, wenn die Leute dann auf engem Raum vor dem Saaleingang darauf warten, wieder eingelassen zu werden. Ich habe dort zwar schon einmal gespielt, kann mich aber an die konkreten Bedingungen nur noch dunkel und logischerweise nur von der Bühnenseite erinnern. Und natürlich kann es auch sein, dass Vorschriften unlogisch, unwirksam oder sogar kontraproduktiv sind, aber das sollte nach eineinhalb Jahren Pandemieerfahrung ja nun wirklich niemanden mehr überraschen. Das Problem ist: Es bleiben trotzdem Vorschriften.

  • Das mit den Toiletten war nur eine Vermutung und nur ein Beispiel, die Größe des Foyers oder Breite der Zugangswege könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Die schönsten Lüftungspausen nützen ja nichts, wenn die Leute dann auf engem Raum vor dem Saaleingang darauf warten, wieder eingelassen zu werden.

    Dass jemand wie music lover, den ich für nicht ungebildet halten darf, nach der langen Zeit, die wir nun mit Corona leben, nicht selbst darauf kommt, macht mich einigermaßen sprachlos.

    Das ist mein größter Einwand gegen Musik, dass Österreicher darin exzelliert haben.
    (Arno Schmidt: Das steinerne Herz)

  • Das hält mich auch davon ab, die sogenannte Außengastronomie zu besuchen.

    Du isst und trinkst draußen, ok. Dann gehst Du zur Toilette, und vor Dir war ein Infizierter, der 10 Minuten lang sein Aerosol ausgestoßen hat. im Raum.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Nein. Ich lese aber regelmäßig Programmhefte, und in sehr vielen von denen wird auf die zahlreichen Sponsoren des Festivals bzw. des Konzerts hingewiesen. In Baden-Baden, wo ich öfter mal bin, beträgt diese Auflistung manchmal mehrere Seiten des Programmhefts.

    Ist denn ganz sicher ausgeschlossen, dass Herr Kühne nicht ein paar Geldscheine drauflegt bei seinem Sponsering, wenn man ihn freundlich fragt und ihm eine ganz besonders hervorgehobene Nennung seiner Stiftung im Programmheft und auf der Eintrittskarte zusichert?

    Aber vielleicht denke ich da auch wieder zu großstädtisch.

    Warum musste ich hier nur an Marie Antoinette und ihre Fragen denken, warum die Leute nicht einfach Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben?

    Als würde der Klassikveranstalter-Markt nur aus Agenturen bestehen, die in Baden-Baden und der Elphi Konzerte veranstalten...
    Und als wären das die Probleme für Musiker, die mal wieder echte Einnahmen generieren wollen und mal wieder Kontakt mit dem Publikum haben wollen.

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Warum musste ich hier nur an Marie Antoinette und ihre Fragen denken, warum die Leute nicht einfach Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben?

    Als würde der Klassikveranstalter-Markt nur aus Agenturen bestehen, die in Baden-Baden und der Elphi Konzerte veranstalten...


    Meine Rede! Ich will ja überhaupt nicht ausschließen, dass es große Veranstalter gibt, die sich (getrieben von monetären Interessen) in der aktuellen Situation einfach an den bequemsten Weg halten und nicht alles tun, um dem Publikum vorab angekündigte Programme zu präsentieren. Es gibt aber auch mit Sicherheit kleinere Veranstalter, auf die dieser Vorwurf nicht zutrifft und deren planerischer und finanzieller Aktionsradius begrenzt ist.

    Deswegen finde ich es auch wenig plausibel, alle Klassik-Konzerte zu meiden, bis die paar "big shots", an deren Gebaren man sich erzürnt, wieder besser agieren. Weitaus logischer wäre es, Konzerte kleinerer Veranstalter zu besuchen, auch wenn man dort keine Argerich geboten bekommt.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Deswegen finde ich es auch wenig plausibel, alle Klassik-Konzerte zu meiden, bis die paar "big shots", an deren Gebaren man sich erzürnt, wieder besser agieren. Weitaus logischer wäre es, Konzerte kleinerer Veranstalter zu besuchen, auch wenn man dort keine Argerich geboten bekommt.

    Welch "gute Gründe" :D ich habe, keine Klassik-Konzertkarten mehr zu kaufen, weil man ja doch nicht weiß, was einen am Abend dann wirklich erwartet, hat man wieder gestern Abend in Hamburg gesehen. Angekündigt war ein Konzert im Großen Saal der Laeiszhalle mit Cecilia Bartoli, Daniel Barenboim und Martha Argerich. Unter diesen Voraussetzungen kaufte das Publikum seine Karten für 93,50 € (oberste Preiskategorie), und so war es auch noch einen Tag (!) vor dem geplanten Konzert auf der Homepage des Veranstalters angekündigt. Fiel allerdings mal wieder aus wegen ist nicht: Cecilia Bartoli sagte ihre Teilnahme kurzfristig ab.
    https://www.elbphilharmonie.de/de/programm/ma…-festival/17086

    Dass Cecilia Bartoli krank wird, kann passieren. Aber ich bin mir sicher, dass Gesangsliebhaber und Bartoli-Fans, die nur ihretwegen gekommen sind, ihr Eintrittsgeld nicht zurückbekamen. Das ist mir bei diesem Veranstalter (Hamburger Symphoniker) auch so ergangen, als vor etwa drei Jahren Yuja Wang bei einem Konzert mit den Hamburger Symphonikern in der Laeiszhalle absagte und durch einen Einspringer ersetzt wurde. Die erzählen Dir dann etwas von ihren AGB und dass ich Besetzungsänderungen gefälligst hinzunehmen habe. Mir wurde von diesem Veranstalter aber immerhin nur verweigert, meine Karte an der Abendkasse zurückzugeben. Jedoch duldete man es, dass ich andere Leute im Foyer der Laeiszhalle ansprach und ihnen meine Karte (mit gehörigem Preisnachlass) anbot. So bin ich meine 78 Euro-Karte dann schließlich für 25 Euro losgeworden.

    In der Elbphilharmonie ist das leider anders. Wenn ich dort versuche, eine Karte an der Abendkasse zurückzugeben, weil man mal wieder das Programm und/oder die Besetzung geändert hat, zeigt man mir sowieso (bildlich gesprochen) einen Vogel. Das versuche ich schon gar nicht mehr. Wenn man dann aber in seiner Not vor der Abendkasse andere Leute anspricht, ob sie meine Karte übernehmen möchten, kommen die Mitarbeiterinnen der Abendkasse wie Furien angeschossen und vertreiben einen. Das habe ich schon dreimal erlebt.

    Nein, ich habe die Schnauze voll. Ihr könnt das alle natürlich ganz anders sehen und handhaben, aber ich gebe keine 120 Euro mehr aus für ein Konzert, über das ich mich nur ärgere. Weil es nicht so stattfindet, wie es angekündigt wurde, und weil man mir, wenn ich mein Geld zurück haben möchte, mit der größtmöglichen Kundenunfreundlichkeit begegnet.

    Das mit den Konzerten kleinerer, aber kundenfreundlicher agierender Veranstalter ist vielleicht gar keine schlechte Idee, lieber Symbol :cincinbier:

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Lieber Musiclover, ich kann Deinen Ärger ja durchaus nachvollziehen, aber wie viele Konzerte hast Du denn besucht, in denen genau das geboten wurde, was angekündigt war? Ich vermute, es war die deutliche Mehrzahl. Ich gehe sicher seltener ins Konzert als Du, aber wirklich in den allermeisten Fällen habe ich genau das vorgesetzt bekommen, was angekündigt worden war - selbst von der "Problembärin" Argerich.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • ich kann Deinen Ärger ja durchaus nachvollziehen, aber wie viele Konzerte hast Du denn besucht, in denen genau das geboten wurde, was angekündigt war?

    In früheren Zeiten bekam ich in den allermeisten Fällen das geboten, was angekündigt war. Das ist inzwischen aber grundlegend anders. Und das liegt nicht nur an Corona. Wenn Trifonov meint, plötzlich ausschließlich Bach statt Bartók, Copland, Ligeti, Stockhausen und John Adams spielen zu dürfen, hat das nichts mit Corona zu tun.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • In früheren Zeiten bekam ich in den allermeisten Fällen das geboten, was angekündigt war.

    Das habe ich aber aus früheren Zeiten in Hamburg schon noch anders in Erinnerung. Solo-Konzerte mit Argerich, Pollini, Arrau, Segovia, Orchesterkonzert mit Leinsdorf (die fallen mir gerade spontan ein) alle abgesagt, teilweise mehrfach. Aber genauso wie jetzt im Fall Bartoli ist das dann halt so.

    Wenn ein Künstler krank ist, verhindert ist oder aus anderen Gründen nicht kann, ist das ärgerlich oder schade, aber das ist halt Risiko. Aber vielleicht bin ich da durch die Oper auch ganz besonders abgehärtet (der berühmt-berüchtigte 'rote Zettel'). ^^

    Jedenfalls finde ich es völlig ok, dass man dann das Geld für die Karte nicht zurückbekommt. Das Risiko 'kauft' man schließlich gleich mit.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Ich finde, wir sollten in der Diskussion Besetzungsänderungen und Programmänderungen auseinander halten; schließlich macht es einen Unterschied, ob einer der angekündigten KünsterInnen aus welchem Grund auch immer ausfällt und Ersatz beschafft wird, oder ob die angekündigten KünstlerInnen auftreten, aber ein anderes Programm spielen als geplant. Ärgerlich ist beides, aber während bei der Besetzungänderung immer noch "höhere Gewalt" eine Rolle spielt und man immerhin die Musik zu hören bekommt, für die man sich entschieden hat, eine Eintrittskarte zu kaufen, bin ich bei der Programmänderung auch sehr erstaunt, wie nonchalant das hier viele abtun. Es gibt hier doch viele Leute, die sich auf Konzerte vorbereiten, die sich vorher mit der Musik beschäftigen. Ist es euch dann wirklich so egal, ob ihr dann am Abend Bach oder Ligeti zu hören kriegt?

    Den Tipp, auf kleinere Veranstalter zu schauen, kann ich im Übrigen auch total unterstützen: Hier in der "Provinz" tritt zwar nie eine Argerich oder Bartoli auf, aber weder in den Abonnementskonzerten des professionellen Orchesters, noch in denen einer rührigen Philharmonischen Gesellschaft, noch in den Konzerten der Laienchöre und-orchester habe ich es bisher spürbar erlebt, dass ich nicht die Musik gehört habe, für die ich eine Eintrittskarte gekauft habe - allenfalls manchmal in den Kammerkonzerten etwas eigenwilliger Streichquartette o.ä., die mit Last-Minute-Programmänderungen den Veranstalter ins Schwitzen bringen.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Die erzählen Dir dann etwas von ihren AGB und dass ich Besetzungsänderungen gefälligst hinzunehmen habe.

    Unerhört! Die schließen mit Dir einen Vertrag zu klaren Bedingungen und dann verhalten sie sich so, wie sie das im Vertrag mit Dir vereinbart haben?

    Jedem anderen würde ich ja sagen, dass er sich mal die AGB erklären lassen soll ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Jedem anderen würde ich ja sagen, dass er sich mal die AGB erklären lassen soll ...

    AGB-Klauseln unterliegen der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Sie sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

    Du meinst, ich bin bisher viel zu milde mit den Konzertveranstaltern umgegangen, deren AGB-Klauseln den Kunden unangemessen übervorteilen? Du denkst, ich habe viel zu schnell meine 78 Euro-Eintrittskarte für 25 Euro verscherbelt, nur weil die mir was von AGB erzählen? :megalol:

    Aber je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr denke ich, dass das stimmen könnte. Ich habe in meinem Leben bisher zweimal eine Streitigkeit wegen meiner Meinung nach unwirksamer AGB-Klauseln angefangen, und in beiden Fällen war mein Gegenüber nach anfänglicher Überheblichkeit und Siegessicherheit plötzlich soooo klein mit Hut.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Ärgerlich ist beides, aber während bei der Besetzungänderung immer noch "höhere Gewalt" eine Rolle spielt und man immerhin die Musik zu hören bekommt, für die man sich entschieden hat, eine Eintrittskarte zu kaufen, bin ich bei der Programmänderung auch sehr erstaunt, wie nonchalant das hier viele abtun.

    Ich tue beides nicht nonchalant ab, aber "höhere Gewalt" kann auch eine Programmänderung sein. Hier wurden doch, vor allem von music lover, anspruchsvolle Programme abseits ausgetretener Pfade verlangt, was ich gut verstehen kann. Aber solche Programme, vor allem wenn sie im eigenen Repertoire neu sind, bergen immer auch Risiken, und wer will, dass Künstler diese eingehen, muss die Möglichkeit akzeptieren, dass sie daran auch scheitern können, auch bereits im Vorfeld des geplanten Konzertes. Trifonov könnte es sich ja leicht machen und einfach die Kreisleriana und die Chopin-Préludes ankündigen und spielen, das würde das Risiko gegen Null drücken. Wem reicht das? Ich kenne die Gründe für seine Programmänderung nicht, aber möglich ist doch immerhin, dass er während der Vorbereitung des vermutlich lange zuvor, also gewissermaßen "im Kopf" geplanten Konzerts feststellen musste, bei dem vorgesehenen Programm mit Ligeti, Copland usw. seinen persönlichen Ansprüchen nicht gerecht werden zu können. Das kann einfach passieren, und für mich ist es dann zwar keine gute aber immer noch die bessere Entscheidung, das Programm zu ändern als vorhersehbar unter dem eigenen Niveau zu spielen und darauf zu hoffen, dass das schon keiner merken wird. Und mit der "Kunst der Fuge" hat Trifonov zwar einen extremen Programmwechsel vollzogen, ist aber immerhin nicht auf risikolos abzulieferndes Standardrepertoire ausgewichen.
    Eine ganz andere Frage ist, wie sich Veranstalter in einer solchen Situation verhalten sollten. Da würde ich mir bei so gravierenden Änderungen allen juristischen Gegebenheiten zum Trotz schon eine kulante Regelung wünschen und habe sie in den relativ wenigen Fällen (meist Krankheit des vorgesehenen Solisten), an die ich mich erinnern kann, auch immer bekommen. Da finde ich einige Beispiele, die music lover genannt hat, inakzeptabel, AGBs hin oder her. Beim Klavierfestival Ruhr habe ich vor zwei oder drei Jahren mal nachgefragt, was denn eigentlich passiert, wenn ein "teurer" Pianist wie Barenboim (130 Euro für einen Spitzenplatz) ausfällt und dann ein "billigerer" einspringt. Man hat mir versichert, dass man in dem Fall eine zufriedenstellende Lösung finden würde. Es kam nicht dazu, dass ich das überprüfen musste.

  • Hier wurden doch, vor allem von music lover, anspruchsvolle Programme abseits ausgetretener Pfade verlangt, was ich gut verstehen kann.

    Wenn ich Dich, lieber Christian, insoweit ein klein wenig korrigieren darf: Ich verlange anspruchsvolle Programme, wenn sie angekündigt sind. Nur dann. Aber dann möchte ich sie auch hören.

    Beim Klavierfestival Ruhr habe ich vor zwei oder drei Jahren mal nachgefragt, was denn eigentlich passiert, wenn ein "teurer" Pianist wie Barenboim (130 Euro für einen Spitzenplatz) ausfällt und dann ein "billigerer" einspringt. Man hat mir versichert, dass man in dem Fall eine zufriedenstellende Lösung finden würde.

    Das finde ich toll. Bei den Verantwortlichen von ProArte in Hamburg würde man da aber auf Granit beißen. Angekündigt ist Arturo Benedetti Michelangeli, der aber absagt. Als Ersatz spielt Daniela Krzystizkova-Taubenschlag. Das hat man gefälligst zu akzeptieren, siehe AGB.

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  • Bei den Verantwortlichen von ProArte in Hamburg würde man da aber auf Granit beißen. Angekündigt ist Arturo Benedetti Michelangeli, der aber absagt. Als Ersatz spielt Daniela Krzystizkova-Taubenschlag.


    Dies wäre dann allerdings ein eindeutiger Planungsfehler von ProArte, da das Ableben von Arturo Benedetti Michelangeli im Jahr 1995 einen Auftritt in Hamburg im Jahr 2021 unwahrscheinlich machen dürfte. ;)

    Etwas ernsthafter: warum machst Du dieses Startheater von ProArte überhaupt in diesem Ausmaß mit? Es gibt in Hamburg doch auch viele Konzerte mit weniger bekannten Künstlern, die musikalisch nicht unbedingt schlecht sein müssen. Du hast umfassende musikalische Kenntnis und ein sehr gut geschultes Ohr, bist insofern nicht darauf angewiesen, mit Namen protzen zu müssen (im Stil von "ich war am Samstag bei xyz") - warum also den ProArte-Zirkus mit sauteuren Karten und (offensichtlich) wenig rücksichtsvollen Randbedingungen mitmachen?

    LG :wink:

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