Ives, Charles Edward: Die Symphonien – Chaos als Fest

  • RE: Die Bernstein-Aufnahmen der Sinfonie Nr.2

    Hallo Gurnemanz,

    ich halte die beiden Bernstein-Aufnahmen, trotz eventuell berechtiger, belangloser Eingriffe Bernsteins für die autentischsten Aufnahmen. Er kannte Ives persönlich.

    Ich habe jetzt beide Bernstein-Aufnahmen miteinander verglichen und muß sagen, dass auch die CBS-Aufnahme von 1958 wirklich sehr gut klingt, eine hervorragende Stereobalance hat und Deinen Ausführungen entspricht. Ich habe die SONY-CD in der hervorragenden ROYAL EDITION der Bernstein-Aufnahmen, die mit ihrem 20Bit-Remastering hervorragend klingen und meine alte CBS-LP klar in die Ecke drängen. Ich kann gut verstehen, dass Du wegen deiner Bernstein - Prägung die MTT-Aufnahme beim Hören als lahm und leidenschaftslos empfandest. Mag sie auch der Critical-Edition entsprechen - aber was nützt diese Edition, wenn bei der Aufnahme emotional nicht das rüber kommt, was Lenny bietet ?

    Aber es kommt noch dicker mit den Bernstein-Aufnahmen: Ich habe zuerst die abgebildete CBS-Aufnahme von 1958 gehört, empfand sie als sehr gut. Besonders im ersten Satz gefiel mir die Stereobalance - zuerst hört man die Streicher nur rechts, dann gesellen sich links weitere Orchesterfarben hinzu ..... Insgesamt empfand ich aber im Gegensatz zu Dir, die ältere 1958er Aufnahme als wesentlich kultivierter und braver (freilich nicht im Vergleich zu anderen Dirigenten), weil ich ja wie gesagt von der neueren DG-Aufnahme geprägt war.


    SONY, CBS 1958, ADD


    :!: Es ist bekannt, das Bernstein in seinen späteren DG-Aufnahmen viele Werke extremisiert hat. Welchem Werk könnte das besser bekommen als Ives Sinfonie Nr.2 ? Nach dem Vergleich dieser DG-Aufnahme, hier auch mit den New Yorker PH, kann ich Deine Ausführungen, dass "Lennies 58er in der Tat frischer klingt , vor allem frecher, teilweise witzig, ein Überzeugungstäter, der mit Lust an die Sache geht" nicht mehr nachvollziehen. Ich finde gerade das er in der DG-Aufnahme noch beherzter zur Sache geht, den Spielwitz voll (aber angemessen) übertreibt, wovon besonders die Sätze 2 und 5 zeugen. Die Schluß-Dissonanz ist bei beiden Bernstein-Aufnahmen gegeben, aber man höre diese übertriebene Ironie in der DG-Aufnahme, das man fast lauthals lachen könnte - Klasse. Dagegen hört sich die Dissonanz in der 1958er-CBS-Aufnahme beinahe Tonal an; von anderen Aufnahmen ganz zu schweigen. Sie dauert auch länger als eine Achtelnote und wird effektvoll ausgespielt - Super !


    Hallo Frank,

    :thumbup: Du hast mit deiner abgebildeten Bernstein-DG-Aufnahme den genialen Einstieg für die Sinfonie Nr.2 gewählt.

    8+) Aber ich kann Dir jetzt schon voraussagen, das Du Deinen Wunsch nach einer Vergleicheinspielung im Prinzip als unnötige Ausgabe ansehen wirst, weil andere Aufnahmen langweiliger wirken. Du bist jetzt quasi von Bernstein´s DG-Aufnahme vorgeprägt - was gut ist. So witzig überladen, vollgepackt mit emotionalem Inhalt dieses Vollblutmusikers Bernstein, wirst Du diese Sinfonie Nr.2 nie wieder auf dem gesamten CD-Markt finden. Eine Wahnsinnsaufnahme - besser und mit mehr Hörspaß geht nicht .... man merkt, das Bernstein seinen alten Interpreationsansatz deutlich überdacht hat: Da geht noch mehr - wie das DG-Dokument deutlich zeigt .....

    Die DG-Aufnahme ist zudem eine Live-Aufnahme (was man aber nicht hört; der Schlußapplaus ist auch gecancelt, so wie bei DG üblich - gut so), aber nicht mal sben so live dahingespielt, sondern eine wohldurchdachte und sehr gut einstudierte Aufführung - die jeder Studioaufnahme das Wasser reichen kann.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Die Bernstein-Aufnahmen der Sinfonie Nr.2

    Zitat

    "Aber ich kann Dir jetzt schon voraussagen, das Du Deinen Wunsch nach einer Vergleicheinspielung im Prinzip als unnötige Ausgabe ansehen wirst, weil andere Aufnahmen langweiliger wirken.

    Hallo Teleton,
    eine Alternative zu Bernstein würde auch mich sehr interessieren. Das erste Hören von Ives' 2. Sinfonie ist mir unvergesslich: die Übertragung eines (HR?) Sinfoniekonzertes aus der Alten Oper Frankfurt, die ich auf Kassette aufgenommen und monate-/jahrelang immer wieder hörte, bis sich das Band in meinem Kinderkassettenrekorder verwickelte. Nach dem Schlussakkord brach jubelnder Beifall los für das damals recht unbekannte Werk und den ebenso unbekannten Dirigenten: es war Carl St. Clair. Diese Interpretation werde ich nie vergessen und daran jede Einspielung bzw. Aufführung messen. Eine so beeindruckende 2. habe ich seitdem nicht mehr gehört. Von der Bernstein- Aufnahme von 1987 war ich recht enttäuscht, sie ist im Vergleich zu Carl St. Clair sehr brav und in den Mittelsätzen stellenweise arg langsam. Bei St. Clair klang Ives viel moderner, vielschichtiger als bei Bernstein. Seit dieser Konzertübertragung ist Ives einer meiner Lieblingskomponisten.
    Viele Grüße
    Alexa

    "Im Augenblick sehe ich gerade wie Scarpia / Ruggero Raimondi umgemurxt wird, und überlege ob ich einen Schokoladenkuchen essen soll?" oper337

  • RE: Aufnahmen der Sinfonie Nr.2

    Hallo Alexa,

    das die von Dir erlebte Live-Aufführung Dich begeistert hat, kann ich gut nachvollziehen. Live zündet gerade bei der Sinfonie Nr.2 voll !

    Es scheint besonders bezeichnend für gerade dieses Werk, die Sinfonie Nr.2, zu sein, dass man vcn der ersten Aufnahme oder Aufführung besonders geprägt wird und diese auf ewig besonders schätzt. Bei mir war es zwar damals auf CBS-LP, die gleiche Bernstein-Aufnahme von 1958, wie bei Gurnemanz; aber richtig bewußt gehört habe ich das Werk erst viel später in der Bernstein-DG-Aufnahme von 1987, die mich dann prägte.

    Bernstein übertreibt alle Effekte und kostet alles genüsslich aus, woraus sich auch die etwas längeren Spielzeiten in den langsamen Sätzen ergeben - ich finde es umwerfend. Ich war dieser Tage sehr überrascht, als ich nach vielen vielen jahren die Bernstein-Aufnahmen CBS 1958 wieder hörte - die kam mir wesentlich zurückhaltender vor, als die neue auf DG 1987.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,
    leider leider habe ich noch nie eine Ives-Sinfonie live gehört, wenn ich das beschriebene Konzert besucht hätte, hätte ich danach sicher völlig aufgedreht eine schlaflose Nacht verbracht. Ich finde auch, dass der erste Eindruck unvergesslich ist, – sogar übers Radio. Das nicht nur bei Werken vom heutigen Geburtstagskind Ives. Gerade die 2. Sinfonie hat so einen Effekt, der thread konzentriert sich ja schon hauptsächlich auf die 2.
    Viele Grüße
    Alexa

    "Im Augenblick sehe ich gerade wie Scarpia / Ruggero Raimondi umgemurxt wird, und überlege ob ich einen Schokoladenkuchen essen soll?" oper337

  • Zitat

    dass es sich bei der Universe Symphony um ein Stück handelt, das sich sich der Wiedergabe per Tonträger per se widersetzt. Laut ursprünglicher Idee sollen doch mehrere Orchester ihre Standorte in einer Landschaft verändern, eines gar auf einem Fluss treibend spielen.

     

    LG
    C.


    Hallo Carsten,
    wie Ives sich die Aufführung der Universe Symphony gedacht hat, weiß man nicht genau. Dass sie für eine Freilichtaufführung bestimmt war, Orchestergruppen auf Hügel verteilt usw. ist die Meinung von Ives’ Biograph Henry Cowell. In den Memos und Tagebüchern von Ives ist dazu allerdings kein Hinweis zu finden und Ives war sehr ausführlich in seinen Aufzeichnungen. Die Idee ist faszinierend, die Zuhörer würden je nach Standort ganz unterschiedliche Musik hören.
    Viele Grüße
    Alexa

    "Im Augenblick sehe ich gerade wie Scarpia / Ruggero Raimondi umgemurxt wird, und überlege ob ich einen Schokoladenkuchen essen soll?" oper337

  • 2. Symphonie

    Miguel hatte die Aufnahme oben erwähnt; jetzt ist sie auch in meiner Sammlung und ich habe sie eben zweimal gehört:


    Nashville Symphony Orchestra; Ltg.: Kenneth Schermerhorn (Naxos, aufg. 2000)

    Eine spannende Angelegenheit! Zwar bin ich hier noch sehr auf Bernstein geeicht und befürchtete, mich nur schwer auf diese Alternative einlassen zu können. Doch weit gefehlt: Eine frische, flotte Einspielung, leicht musiziert, mit Schmackes im Finale. Der berühmte dissonante Schlußakkord kurz und knackig, nicht so ostentativ ausladend mit Fermate wie bei Bernstein und auch Ormandy. Das scheint wohl der kritischen Ausgabe geschuldet, auf die hier zurückgegriffen wird (Weltersteinspielung nach der von der Ives Society herausgegebenen Edition von Jonathan Elkus). Auffällig auch, wie fein hier Nebenstimmen, besonders in den Holzbläsern herausgearbeitet sind, da habe ich einiges Neue gehört. Ein wenig vermisse ich das Charismatische, das einige Aufnahmen Bernsteins auszeichnet, wobei ich mich frage, ob dies mehr an Bernstein als an Ives liegt...

    Für Ives-Freunde eine wichtige und empfehlenswerte Einspielung. Die außerdem enthaltene Robert Browning Overture klingt ebenfalls recht ansprechend. Ich finde es immer wieder erstaunlich, daß einem ausgewiesenen Billig-Label wie Naxos solche Großtaten gelingen!

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ich habe heute diese neu erhalten und gehört:

    Symphonien Nr. 1 und 4 und Central Park in the Dark

    Dallas Symphony Orchestra - Andrew Litton
    , 2006 aufgenommen.

    Andrew Litton war mir von sehr guten Aufnahmen mit dem Bergen SO bekannt. Vor seiner gegenwärtigen Station als Chef-Dirigent in Bergen war er in Dallas. Auch Litton benutzt die Critical Edition. Die Aufnahmen von Tilson-Thomas, die ich auch habe, finde ich zwar nicht schlecht, sind mir aber auch zu soft gezeichnet. Litton und das Dallas SO spielen wesentlich kontrastreicher und in den Passagen, die sich dafür anbieten, auch kraftvoller. Wer Ives mit Bernstein kennengelernt hat, wird zwar an machen Stellen immer noch den enormen Drive Bernsteins etwas vermissen, dafür hört man hier selbst in Passagen, die mir weitgehend unverändert scheinen, viele neue Details. So sind etwa die heterogenen musikalischen Überlagerungen in der 4. fantastisch klar, ohne an Schwung zu verliehren und der Einbruch der Marching Band kommt kraftvoll, wie es seien muß. Das Dallas SO entfaltet zudem durchgehend einen außerordentlich guten Klang, etwa sehr schöne Holzbläser, die mir wesentlich schöner zu klingen scheinen, als in meinen anderen Aufnahmen mit us-amerikanischen Orchestern, kann aber auch mal, anders als das San Francisco SO bei Tilson-Thomas, 'dirty' klingen. Lediglich der Chor in der 4. fällt demgegenüber deutlich ab, ist zwar rhythmisch und in den Einsätzen präzise, aber wenig akzentuiert und etwas inhomogen klingend. Letzteres passt aber eigentlich zu diesem Werk, meine ich. Etwas nach unprofessionell klingendem Gemeindegesang zu klingen, finde ich hier angemessener als einen sehr schönen Top-Profi-Chor. Nur etwas schärfer akzentuiert und schwungvoller könnte er schon sein.

    "Central Park in the Dark" finde ich ebenso gelungen. Litton gelingt hier das Kunststück, ein pastöses Nachtbild zu schaffen, in dem dennoch keine Details verwischen.

    Es gelingt, in allen drei Werken analytisch klar und doch auch atmosphärisch überzeugend und lebendig, Stimmungsbildfolgen heraufzubeschwören.

    :wink: Matthias

  • Hallo Matthias,

    Ives 4. erklingt zum Saisonauftakt der Berliner unter Metzmacher - nebst der Jazz Symphony von Antheil! Datum: 8./9. September
    Die Concord-Sonate wird am 8. von Aimard im Anschluss an das Konzert gegeben und ist kostenfrei für die Besucher des 20- Uhr-Konzerts:

    "http://www.berliner-philharmoniker.de/konzerte/kalen…12-09-08-20-00/"

    "http://www.berliner-philharmoniker.de/konzerte/kalen…12-09-08-22-30/"


    :wink:

    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Auf der Stokowsky-LP mit der Sinfonie Nr.4 befindet sich die Robert Browning-Ouvertüre --- ein Werk das ich in seiner Verücktheit bis heute nicht sehr schätze - da ist IMO nichts, was dieses 25Minütige Werk liebenswert machen könnte. Ich habe bestimmt nichts gegen auftrumpfende Orchesterwerke (im Gegenteil), aber hier wird andauerndes ff - fff geboten ohne Sinn und Zweck - und ganz wichtig und absolut fehlend - ohne Gänsehautfakotor. Mein erster Gedanke war damals in den 80ern: sch....Musik. Ich muß in den nächsten Tagen mal testen wie das Stück heuite bei mir ankommt !??! Wie bei Euch - soweit bekannt ?

    In der letzten Zeit habe ich mir die Schermerhorn-Einspielung (ich glaube, bei Naxos rausgekommen) auf Youtube angehört (macht einen guten Eindruck, werde ich mir wohl mal gelegentlich auf CD zulegen):

    '

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    Ich kenne das Werk noch nicht gut, aber der allgemeine, grobe Eindruck vom Charakter der Musik, unter dem ich es abgespeichert habe, ist genau andersherum: Nämlich eine im Großen & Ganzen ruhige Musik, die von lauten, vielleicht lärmigen oder chaotischen Passagen unterbrochen wird.
    Gerade läuft der Track wieder, und bislang bestätigt sich der Eindruck - ab der 3. Minute kommt eine 5 Minuten lange, stampfende Episode. "Andauerndes ff-fff [...] ohne Sinn und Zweck" finde ich auch gar nicht so abwegig als Beschreibung für sie, ohne dass ich das so negativ bewerten würde. Erinnern tut mich die Episode entfernt an die "gemeine Musik" hinter der Bühne aus Schönbergs Glücklicher Hand, die freilich viel kürzer ist. Aber beiden Stellen gemeinsam ist vielleicht doch, dass sie sozusagen die Funktion eines Fremdkörpers haben, irgendwie von außen einbrechen. Ab ~ Minute 8 im Ives-Stück kehrt ja die Musik auch wieder zu der ruhigen, vielleicht brütenden Stimmung zurück.
    Und diese ruhig dahinfließende Musik finde ich phänomenal. Ich kenne sie noch nicht gut, thematisch oder motivisch ist sie für mich bislang nicht greifbar. Vielleicht hat sie einen eher resignativen Charakter, aber diese Stimmung trifft voll meinen Geschmack.

    Ah, etwa bei 17:30 geht's wieder lebhaft los. Vielleicht ist es auch mehr als ein Fremdkörper; zunächst steht sie jedenfalls in großem Gegensatz zu dem vornehmlich ruhigen Charakter weiter Passagen.

    Ganz grob hat man diese Gegensätze ja auch bei dem Orchestral Set No. 1 - Three Places in New England. Das schätze ich auch sehr.

    Kurz: Die Robert Browning Overture muss ich noch besser kennenlernen, aber sie traf sofort einen Nerv bei mir.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • danke für den Link und die Anregung zur Robert-Browning-Ouvertüre!

    hatte das Stück wohl jahrzehntelang nicht mehr gehört. Mit den "lärmigen" Passagen gehe ich völlig mit - das konnte Ives wie kein zweiter.

    Wenn ich vorsichtig Vorbehalte hätte, dann in der Hinsicht, daß der Gegensatz von "lämigen" und "stillen", naturstimmungsmäßigen Passagen viellecht etwas unausgetragen, unverarbeitet verbleibt.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Auf der Stokowsky-LP mit der Sinfonie Nr.4 befindet sich die Robert Browning-Ouvertüre - [...]

    Ja, gab es eine LP-Pressung, wo das auf einer LP war?

    Ich selber habe die Sony-Stokowski-Box, die alles von Ives auf CD 4 vereinigt.

    Ich kenne das Werk noch nicht gut, aber der allgemeine, grobe Eindruck vom Charakter der Musik, unter dem ich es abgespeichert habe, ist genau andersherum: Nämlich eine im Großen & Ganzen ruhige Musik, die von lauten, vielleicht lärmigen oder chaotischen Passagen unterbrochen wird.

    Generell halte ich Ives für harten Tobak, worauf man sich wirklich einlassen und dranbleiben muß, damit es mit ihm etwas werden soll. Gerade die RB-Overture macht es einem schon recht schwer. Ives' Stilmittel der parallelgeführten Einzelstimmen (Polystilistik) im Dauertutti muß man erst mal setzen lassen. Daß teleton da aussteigt, wundert mich nicht; Ives denkt kompositorisch wohl in Blöcken, die hintereinandergeschichtet sind. Da ist eine Entwicklung erstmal gar nicht erkennbar, aber Ives interessiert die Art der "Durchführung" wie in Europa nur bedingt. Er funktioniert formal anders. Das macht den Hauptreiz von Ives aus, aber das verhindert auch den Zugang zu seiner Musik extrem.


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Ja, gab es eine LP-Pressung, wo das auf einer LP war?

    Ja, es gab eine Vinyl-Ausgabe im Rahmen der Reihe "Masterworks Portrait" von Columbia/CBS auf der die Sinfonie Nr. 4 mit der Robert Browning-Ouvertüre gekoppelt war:
    "https://www.amazon.com/Charles-Ives-S…=ives+stokowski"
    "https://www.discogs.com/de/Charles-Ive…release/3515446"

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Ja, es gab eine Vinyl-Ausgabe im Rahmen der Reihe "Masterworks Portrait"

    War sicherlich mehr als sinnvoll - die Erstausgabe der Nr. 4 (MS 6775) war nämlich gerade mal 30 Minuten lang... :)


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Ich habe diese als SACD:

    Hat mich irgendwie völlig kalt gelassen beim ersten Hören.

    Muss mir demnächst mal MTT zu Gemüte führen.

    Ives' sind nun keine Sinfonien, die einen gleich umschlingen und herzen. Eher wirken sie zunächst kühl und distanziert. Für mich war beim Einhören in die 4. (und auch 3. Sinfonie) das Voranstellen der geistlichen Chöre (in den Tilson Thomas-Aufnahmen enthalten), die in den jeweiligen Werken verwendet wurden, hilfreich. Heraushören und Wiedererkennen macht immer Spaß beim Hören. Derweil entdeckt man nebenbei Verschlungenes, Außergewöhnliches, Wegweisendes und Vorwegnahmen zukünftiger Musik. Es ist wie bei Menschen - manchmal lernt man auch spröde Typen aufgrund ihrer Eigenart schätzen. Nicht jeder ist so ein Omni-Komponist wie Mahler.

    Ich weise mal den Weg zum informativen Booklet der Tilson Thomas Aufnahmen (bitte weiter nach unten scrollen, deutsche Übersetzung vorhanden):

    Ives 3 & 4

    Gruß
    Josquin

    Also mich hat die Comedy aus der 4. von Ives schon beim ersten Mal Hören begeistert. Origineller geht's kaum. Aber emotional ansprechend ist Ives wohl nicht.

    Angeregt von dieser kurzen Unterhaltung habe ich mir noch einmal die Aufnahme mit Andrew Davis aus Melbourne angehört. Ich fand meinen Eindruck bestätigt, dass die neue Aufnahme mit Michael Tilson Thormas aus San Francisco mich deutlich mehr anspricht. Obwohl ich weit davon entfernt bin, die Vierte zu verstehen, klingt sie bei MTT für mich klarer, schlüssiger und tatsächlich auch geschlossener, wenn man das bei diesem Werk überhaupt sagen kann. Bei Davis habe ich eher den Eindruck eines Neben- und Durcheinanders. In jedem Fall ein äußerst spannendes Stück, von dem es bei anfangs ja sehr schleppender Rezeption mittlerweile auch einige Einspielungen gibt.

    Hier gibt es übrigens die Partitur zum Mitlesen. Man sehe sich nur mal den Einführungstext mit den Anmerkungen zu den Aufführungsmodalitäten an :spock1:

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