WAGNER: Tristan und Isolde – Wem nie aus Liebe Leid geschah

  • Zitat

    Dann solltest Du in der Höhle des Löwen mit Marthaler ganz gut bedient sein. Da kontrolliert der Hirt als Hausmeister stundenlang die DDR-Leuchten Lampen.


    DDR-Lampen, schön + gut, aber doch nicht mit diesem langweiligen, drögen Orchester.

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • also Rheingold unter Thielemann ist ok. Sogar besser als unter Young in Hamburg.. aber die restlichen Ringteile finde ich orchestral ganz und gar nicht gut... Conlon hat in L.A. (dieses Jahr, ich habe davon einen Radiomitschnit) gezeigt (Rheingold + Walküre), dass es orchestral besser als in Bayreuth geht.. beim Thielemann-Baden-Baden- ROKA war das Orchester gut, aber was nützt das, wenn ich mit dem ROKA nicht so viel anfangen kann (entschuldige bitte Falstaff ! :hide: , ich werde gleich wieder ganz straussbrav)

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Guten Morgen, dank eilender Capriccio- Boten hab ich nun meinen zweiten Tristan begonnen- die Konwitschny-Inszenierung aus München unter Zubin Mehta.
    Erstmal eine Frage in die Runde: wer kennt die sonst noch? Ich hoffe nämlich , es kann überhaupt jemand mitdiskutieren

    Das Vorspiel hat mich ein bisschen enttäuscht. Mehta und sein Orchester fand ich nicht nur total unspektakulâr sondern beinahe langweilig und ziemlich grobgestrickt.
    Aber ich habe nur den Vergleich mit Furtwängler und Barenboim und gebe hier nur einen serh subjektiven ersten Eindruck wieder.

    Dagegen hat mich die Inszenierung sofort in Bann geschlagen und fasziniert und wo ich letzte Woche noch den ersten Akt l öde und als eher qualvolle Schreierei empfand, habe ich hier dank einer phantastischen Personenführung und der herausragenden schauspielerischen Leistungen, endlich verstanden, was da passiert und wie spannend dieses Innenleben Isoldes und die Vorgeschichte auf die Bühne gebracht werden kann.
    Waltraut Meier ist wirklich umwerfend und würde allein durch ihre Mimik schon über eine Stunde in Atem halten! :juhu:
    Wie die Frau das schafft, so zu spielen und zu singen und kräftemässig immer auf der Höhe zu bleiben, ist mir rätselhaft.
    Sie gefällt mir hier noch deutlich besser als bei Chereau und ich habe den Eindruck, dass Konwitschny ihr gesamtes Potential herauskitzeln konnte. Dazu sieht sie mit roter Wallemähne und stolzem Blick auch noch genauso aus, wie man sich eine Irenprinzessin vorstellt- extraordinaire!
    Auch Marjana Lipovsek als Brangäne stellt für mich Michelle de Young weit in den Schatten- ich bin der Figur auch nun ein gutes Stück näher gekommen.
    schade, dass die Männer da bisher(bin erst im ersten Akt) nciht mithalten kônnen! Weder Stimmlich(der Kurwenal am wenigsten) noch in der Bühnenintensität
    Was die Inszenierung angeht, habe ich nciht Alles verstanden, evtl erschliesst sich Manches erst später?
    Warum läuft z.B. der Tristan eine Stunde lang mit Rasierschaum im Gesicht herum????
    Diese Art von Konwitschny Gags fand ich immer schon etwas daneben.
    Hingegen ganz besonders spannend um nciht zu sagen grossartig die Sache mit dem Trank.
    Brangäne schüttet den Todestrank neben die Glâser, tut aber auch keienn liebestrank statt dessen hinein. Trsitan und Isolde werden schon vom Ansehen der Gläser ganz "wurlat"(bitte beim Streifenpeter nachfragen, was das ist- es passt hier einfach zu gut!) und fallen schon vor dem Trinken in Liebeswahn, während sie sichtbar lustvoll die nahende Sühne besingen. Soll das nun heissen: die brauchen gar keinen Liebestrank?

    Aber als sie dann aus den Cocktailglâsern getrunken haben(Was? Gin Tonic oder Bloody Mary oder Bellini ?) - der Schock: und sie erkannten einander und fürchteten sich sehr. Das ist ein magischer Moment und das spürt man ganz genau- eine Meisterleistung der Regie!

    Angescihts dieses emotionalen Ausnahmezustands gibt es auch dann erstmal keinen Körperkontakt mehr- der Kontrast zu dem Duett zuvor ist extrem- und Jeder muss für sich alleine damit fertigwerden.
    Weiter bin ich noch nciht gekommen.

    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Zitat

    Das Vorspiel hat mich ein bisschen enttäuscht. Mehta und sein Orchester fand ich nicht nur total unspektakulâr sondern beinahe langweilig und ziemlich grobgestrickt.

    Das ist auch mein Eindruck. Sogar sehr enttäuscht die ganzen 3 Akte. Sehr schade, weil Mehta viel mehr Möglichkeiten hat. Die Wagnersachen von Mehta in München fand ich alle nicht so dolle. Mehta musiziert unter seinem Niveau. Dass Mehta sehr guten Wagner machen kann, ist im Ringmitschnitt (Radio) aus Chicago hörbar..

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann


  • Warum läuft z.B. der Tristan eine Stunde lang mit Rasierschaum im Gesicht herum????

    Vielleicht findet er sein Rasiermesser nicht ? :hide:

    Tut mir leid Fairy, ich kenne zwar diese Inszenierung, aber ich mag sie nicht.
    Ich habe auch mit anderen Konwitschny Inszenierungen so meine Probleme. zB. Götterdämmerung in Stuttgart.
    Deshalb möchte ich auch nicht mit diskutieren, aber ich es freut mich, dass Du Gefallen dran findest. ;+)

  • Lieber Ulysses, das ist aber schade!Gerade weil Du anderer Meinung bist.
    Alleine diskutieren macht keinen Spass.... :shake:

    Ich schau mir heute abend das Ganze erstmal weiter an, aber wenn der Regisseur sogar eine Anti-Wagnerianerin wie mich so packen kann, muss das was dran sein.
    F.Q.

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  • Nach monatelangem beruflich bedingtem Schweigen, melde ich mich mal wieder zu Wort, wenn auch nur kurz. Eine entscheidende Frage in der Rezeption des Tristan im allgemeinen scheint mir die Funktion des Trankes zu sein. Leider habe ich die Konwitschny-Produktion nicht gesehen, aber aus den Beschreibungen scheint es mir so, dass hier die Rolle des Trankes für das Drama eher marginalisiert wird. Vielleicht kann einer derjenigen, die die Produktion besser kennen, etwas dazu sagen? Es würde mich sehr interessieren, wie Konwitschny zu diesem ganzen Trank-Zauber steht.

    Anlass für mein neu erwachtes Interesse an dem Gebräu ist ein Interview des Regisseurs Christof Loy, das eben die Marginalisierung des Trankes für ein Missverständnis hält. Das mMn sehr lesenswerte Interview ist unter "http://www.christof-loy.de" zu finden, wenn die Moderation nichts dagegen hat, füge ich eine Kopie an. Mir scheint da insbesondere die folgende Passage bemerkenswert:

    "Eine Sache ist ganz wichtig, die oft missverstanden wurde.
    Dieser Blick, der zwischen Tristan und Isolde stattgefunden hat ... wurde meist
    interpretiert als großer Moment der Liebe: Da hätten sie ihre Liebe
    erkannt und beschlossen, dass sie aus politischen Gründen nicht lebbar
    sei. Meines Erachtens ist das eine absolute Fehlinterpretation. ... dass sich beide in diesem Blick zwar verliebt haben, aber aus
    Befangenheit dem eigenen Schicksal gegenüber nicht in der Lage sind,
    die Liebe des anderen zu erkennen
    . ... Er kann aus seiner
    Position heraus sich nicht liebenswert fühlen. ... In
    dem Moment, wo beide denken, dass sie sterben, verlieren sie ihre
    erlernten Schutzschilder
    und lassen es zu, den anderen tatsächlich in
    seiner ganzen Sensibilität wahrzunehmen. Erst dadurch entdecken sie
    nicht nur die eigenen Gefühle, sondern zugleich die des anderen." (Hervorhebung durch mich)


    Für Loy ist es zentral, dass beide glauben den Todestrank zu trinken, weil nur im Angesicht des sicheren Todes, die "erlernten Schutzschilder" fallengelassen werden können. Es bedarf da vielleicht nicht unbedingt der Kraft des Liebestranks, aber ganz sicher der Kraft des Todestranks. Die Beschreibungen, die ich über den Konwitschny-Tristan gelesen habe, scheinen mir in die Richtung zu deuten, dass dieser diesem ganzen Trank-Hokospokus nicht allzu sehr traut. Das wirft natürlich, um mit Christof Loy zu argumentieren, ggf. die Frage nach dem Verhältnis zwischen Tristan und Isolde zu Beginn des 1. Aktes auf. Was hält die beiden voneinandern fern, was braucht es, um diese Barriere zu überwinden? Ist es nur die Gesellschaft? Ein Missverständnis? Oder, wie Loy es anscheinend sieht, tieferliegende Schuldkomplexe, die es unmöglich machen, das geliebt werden durch den anderen auch nur als Möglichkeit in Betracht zu ziehen? Mich würde vor allem interessieren, wie verschieden Regisseure diese Frage umsetzen, insbesondere auch Konwitschny.

    :wink: Konrad Vogelsang

  • PS: Der folgende Satz fasst aus meiner Sicht sehr schön zwei Rezeptionslinien des Tristan zusammen (wobei sich Loy hier eindeutig positioniert):

    "Ich glaube aber, man

    kann nicht behaupten, es sei die Gesellschaft, die diese Liebe

    verhindert. Es gibt in den Figuren selbst unaufgelöste Traumata, die

    mit menschlichen Grundsituationen zu tun haben: das existenzielle

    Grundgefühl eines In-das-Leben-geworfen-seins."

    Um diese Positionen noch einmal entgegenzustellen:

    (A) Es ist die Gesellschaft, die eine ihren Konventionen entgegenstehende Liebe verhindert. Es bedarf der Revision der gesellschaftlichen Verhältnisse, um die wahre Liebe zu ermöglichen. (Sozialkritischer Blickwinkel)
    (B) Menschen mit ihren Fehlern können "dies kleine Wörtlein und" zwischen Mann und Frau letztenendes nicht überwinden, das Ideal des gemeinsamen Liebestods scheitert an der unüberwindbaren Angst des Menschen, sich selbst aufzugeben, und so sterben auch Tristan und Isolde am Ende getrennt. (Humanistischer(?) Blickwinkel)

    Gehe ich recht in der Annahme, dass sich Konwitschnys Sichtweise eher unter (A) einordnen lässt? Christof Loy scheint sich ja doch recht klar für (B) auszusprechen. Oder sind auch (A) und (B) nur zwei Seiten derselben Medaille, weil ja auch Tristan und Isolde noch der alten, korrumpierten Gesellschaft (der "Tag"-Gesellschaft) enstammen? Ich hoffe, das bietet genügend Zündstoff,

    :wink: Konrad

  • Zitat

    Oder sind auch (A) und (B) nur zwei Seiten derselben Medaille, weil ja auch Tristan und Isolde noch der alten, korrumpierten Gesellschaft (der "Tag"-Gesellschaft) enstammen?

    Ja ! Grund:

    Zitat

    In dem Moment, wo beide denken, dass sie sterben, verlieren sie ihre erlernten Schutzschilder und lassen es zu, den anderen tatsächlich in seiner ganzen Sensibilität wahrzunehmen

    Diese erlernten Schutzschilder (Schutzschilder = ein sehr erhellendes Wort!) sind Funktionen der Subjektivität. Subjektivität, also der Zwang eine "gepanzerte" Identität zu bilden, ist - nicht nur - aber überwiegend gesellschaftlich (aber auch naturgeschichtlich; Trennung aber schwierig, da Gesellschaft sich in gewisser Weise Naturgeschichte bezieht und umgekehrt) geprägt: Der "Tagesknecht" Tristan...
    Ferner. In dieser Überlegung ist keine unmittelbare Zivilisationskritik: Die Sympathie mit dem Tod bei beiden Protagonisten könnte daraus resultieren, dass das Moment der erotischen Erfüllung (auch wenn er durch Marke gestört wird) kurzfristig ist. Das Leben nach dieser Ahnung von Rausch, in der Schalheit + Leere muss für beide bedeutungslos sein....
    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Lieber Ulysses, das ist aber schade!Gerade weil Du anderer Meinung bist.
    Alleine diskutieren macht keinen Spass.... :shake:

    Ich schau mir heute abend das Ganze erstmal weiter an, aber wenn der Regisseur sogar eine Anti-Wagnerianerin wie mich so packen kann, muss das was dran sein.
    F.Q.

    Liebe Fairy,
    gerne würde ich mit Dir weiter über den Konwitschny Tristan diskutieren. Leider habe ich diese Inszenierung seit längerem nicht mehr gesehen. Sie wurde vor ca. 5 Jahren im Fernsehen übertragen und ich kann mich nur noch an einzelne Szenen erinnern und dass sie mir damals überhaupt nicht gefallen hat. Aber dies ist sicher eine sehr dünne Grundlage für eine vernünftige Diskussion. Also bitte nicht böse sein!
    Vielleicht würde ich zum heutigen Zeitpunkt ganz anders empfinden. Damals hat mich der Tristan emotional viel tiefer berührt und Konwitschnys Inszenierung empfand ich schlichtweg unerträglich.
    Aber ich freue mich sehr, dass Du durch diese Inszenierung einen Zugang zu diesem wunderbaren Werk und Wagner gefunden hast.
    Als "Einstiegsdroge" zu Wagner ist der Tristan schon eine sehr hohe Dosis. Danach bist Du mit Sicherheit keine "Anti-Wagnerianerin" mehr.
    Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude mit Deiner Aufnahme und lass uns wissen wie Dir die restlichen Aufzüge gefallen haben.

    Liebe Grüße
    Ulysses

  • Lieber Ulysses, du scheinst ja ein sehr liebes Exemplar der Wagnerianer Spezies zu sein- danke!
    Für mich ist der Tristan ein WIEDER -Einstieg, und eigentlich interessierte mich nur die Geschichte und deren Unterschied zu dem Epos des Gottfried von Strassburg. Die Musik wollte ich dabei eher notgedrungen mit in Kauf nehmen- aber das Schöne im Leben sind ja immer die unerwarteten Dinge..... :angel:

    Ich werde sicher keine Wagnerin mehr werden, dazu ist mir das Denken dieses Menschen viel zu fremd und unsympathisch(ich meine jetzt nciht seine unsäglichen Schriften sondern beziehe das rein auf das Wesen seiner Werke) und insbesondere der Gesang darinnen stösst mich in weiten Teilen ab.

    Aber die Musik des Tristan ist so geschaffen, dass sie für mich etwas abseits der anderen Wagner-Opern steht und einfach ein aussergewöhnliches Monument darstellt, dessen Schönheit ich mich nicht verschliessen will. Auch die Story ist mir persönlcih weit angenehmer als etwa der grässliche Parsifal oder die Meistersinger oder der Tannhäuser oder oder
    Ich glaube im Moment , dass ich mich mit Tristan und dem Ring in wirklich guten Inszenierungen(wie sie für mich Konwitschny gemacht hat) und guten musikalischen Aufführungen(also nciht mit Mehta) mit Sängern, die singen-(z.B. Ben Heppner) und nciht kreischen(wie Michelle de Young beim Chereau) anfreunden kann und damit eine Phobie nach vielen Jahren ad acta legen könnte.
    Das ist aber dann wirklich ein Verdienst meiner Forenkollegen, denn ohne deren Beharrlichkeit und Rat ..... :rolleyes:

    Lieber Konrad, danke für diese ausgiebigen Einlassungen!
    Ich muss all das erst aufmerksam lesen, scheint mir serh interessant zu sein!
    Ich halte die Problematik um den Trank auch für das entscheidende Moment der Geschichte, denn hier stellt sich auch die Frage nach der Verantwortung.
    Sind Tristan und Isolde willenlose Opfer des Trankes oder haben sie eine Eigenverantwortung in dieser fatalen Entwicklung?
    Ist man der Liebe machtlos ausgeleifert oder kann man mitentscheiden?
    Und was heisst hier überhaupt Liebe?
    Bei Wagner ist das ja weit weniger das physische Zueinadnergetriebensein wie es bei Gottfried eine nicht geringe Rolle spielt sodnern die Verknüpfung zweier schicksale zum Tode hin.
    Und ist der Tod nicht auch nur ein Symbol?

    Ich hoffe, dass sich Peter Brixius hier bald meldet, denn hat im letzten Semester ein Seminar zum Tristan gemacht und weiss sicher viel dazu zu sagen.


    Nun muss ich aber weiter Akt zwei ansehen.
    Bonne nuit

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Lieber Parsifal

    Könntest Du das mit dem "Pseudo-Live" etwas erläutern? Sind Teile im Studio entstanden?

    Danke
    Michel

    Hallo Michael,

    soweit ich weiss, ist Böhms Aufnahme (zumindest teilweise), nicht während der Aufführung vor Publikum, sondern bei den Proben entstanden.
    Allerdings im Festspielhaus. Vielleicht hat man damals auch die Positionen der Mikrophone (oder der Sänger) geändert.
    Diesen Eindruck habe ich zumindest, wenn ich Brangänes "Einsam wachend.." höre, was überhaupt nicht so klingt, als käme ihre Stimme aus dem Hintergrund, wie bei Wagner vorgesehen.
    Das mag szenisch unkorrekt sein, jedoch einer der Momente, die Christa Ludwig unsterblich gemacht hat. :juhu:

    Grüße
    Parsifal

  • Weiter zu der Konwitschny-Inszenierung: Akt zwei hat mich leider serh enttäuscht und ich begreife bisher nciht, was das bonbonfarbene Ikea-Sofa, eine Deko-Papierfackel und zwei Teeleuchten in den Händen der Protagonisten als einzige Szenerie zu suchen haben. ?(
    Es sei denn der Regissuer wollte sich üiber die Szene als heeren Kitsch an sich lustig machen. Letzteres kann ich zwar gut nachvollziehen, aber wenn er die Oper als Ganzes ernst genommen haben will,(wovon ich ausgegangen bin) kam das bei mir als schlechter Kalauer rüber.
    Vielleicht kann hier jemand eine plausible Erklärung liefern, denn ich hoffe zugunsten der Inszenierung eher, dass ich die Intentionen einfach noch nciht kapiert habe.
    Jedenfalls hat Chereau diese Szene in ihrer Innigkeit wie vorausweisenden Beklommenheit für mich weit überzeugender dargestellt.
    Tristan und Isolde als Parodie ihrer selbst... na ja... für Antiwagnerianerein gefundenes Fressen.

    Von erotischer spannung , die da ja nun wirklich hingehört "Sink hernieder, Nacht der Liebe", auch keine Spur- geht auch ziemlich schlecht wenn man ununterbrochen auf seien Teeleuchten in den Händen achtgeben muss. ;(

    Schade- der Anfang war mit dem ersten Akt so vielversprechend! :cry:

    Aber Akt drei werde ich trotzdem noch ansehen, evtl erschliesst sich erst dann das ganze Konzept.

    Oder ich bin einfach zu blöd für Konwitschny.

    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)


  • Es sei denn der Regissuer wollte sich üiber die Szene als heeren Kitsch an sich lustig machen.

    Liebe Fairy,
    diesen Eindruck habe ich bei Konwitschny- Inszenierungen des öfteren. Das erklärt auch meine Antipathie diesem Regisseur gegenüber. Ich glaube auch, dass er Wagner und seine Musik überhaupt nicht mag. Ich bin sehr gespannt, wie Du den 3. Akt empfindest. Diesen habe ich in übelster Erinnerung.
    Vielleicht erklärt uns auch noch ein Konwitschny-Fan die Interpretation, falls wir beide zu dumm sind, die Aussage zu begreifen. ;+)

    Liebe Grüße
    Ulysses

  • Lieber Ulysses, ich habe den dritten Akt eben zu Ende gesehen und bin noch ganz im Bann der Schlussszene, in der Waltraut Meier über sich hinauswächst! Umwerfend diese Frau Der müsste doch eigentlich die gesamte Männerwelt zu Füssen liegen.:juhu: :juhu: :juhu:
    Was du an diesem Akt in übelster Erinnerung haben magst?
    Ich fand ihn das stimmungs- und personenregiemässig und auch musikalisch Gelungenste an der ganzen Sache und er hat mich mit dem zweiten Akt wieder ausgesöhnt.
    Allein der Schluss als das Liebespaar statt irgendwo auf der Bühne zu liegen und zu sterben, einfach den Vorhang vor den Anderen zuzieht und im Tod erst richtig zu leben anfängt, fand ich genial gemacht.
    Überhaupt die ganze Atmosphäre der Burg , die Weise aus alten Tagen mit enger Einbeziehung der Orchestersolisten in die Inszenierung udn dann die Ankunft Brangänes, Merlots und Markes und das Sterben Kurwenals, das Tristan und Isolde gar nichts mehr angeht. Sie sind in einer anderen Welt, die ncihts mehr mit dem Geschehen zu tun hat und während Alle sterben, leben sie auf.
    Die beiden Särge, die man am Ende sieht und vor denen Brangäne und Marke beten, sind in meiner Vorstellung leer und nur Staffage bzw eine Krücke für Brangäne und Marke.
    Für mcih war dieser dritte Akt serh ergreifend und umso mehr bedaure ich , dass der Regisseur im zweiten Akt nicht genauso der Wagnerschen Musik bzw der Emotion und seinen Sing-Schauspielern vertraut hat . Dieses grässliche Sofa hat leider alles ins Lâcherliche gezogen. :(

    Dass Konwitschny Wagner nicht liebt, glaube ich beim besten Willen nicht.
    Es gibt da Momente, da spürt man physisch die Leidenschaft, mit der er Wagner vermitteln und vor sich selbst schützen will. Wenn das gelingt, ist es stückweise ganz grosses Oper.
    Bedauerlich ist, dass er in diesem Tristan keinen guten bzw ebenbürtigen Dirigenten als Partner hatte.
    Ich finde Mehtas Dirigat unsensibel, oft viel zu wuchtig udn überhaupt nicht nuanciert . Schade!!!!!

    Aber vielleicht erbarmt sich noch jemand und erklärt mir Akt zwei...... ?(
    Darf auch mild und leise und lächelnd sein. :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • im Interesse an einen gepflegteren Diskussionsstil plädiere ich dafür, die ins Marsfeld verlegten Postings noch einige Stunden im Tristanthread verbleiben zu lassen.

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Lieber Amfortas, ich fand die Folge-Diskussion eher ungepflegt und wäre froh, wenn es hier nun wieder zum Thema weitergehen könnte- das ist nämlich interessant genug und mir hat leider immer noch niemand etwas zum zweiten Konwitschny-Akt oder Liebestrank gesagt.

    Inzwischen mache ich aber weiter mit Furtwängler und Wapnewski und das gibt es eine ganz tolle CD-Box. Furtwänglers letzter Tristan aus London und Peter Wapnewski kommentiert die Geschichte und Entstehung.
    Faszinierend!

    Man kommt da sogar in den Genuss, Christa Ludwig mit einigen Wesendonck-Liedern zu hören. Gestern abend bin ich nicht serh weit gekommen, aber ein Zitat aus einem Brief Wagners an Liszt fand ich besonders schön. Wagner schrieb seinem Schwiegervater in spe, lange bevor Cosima in seinem Leben eine Rolle spielte, dass er niemals eine glücklche Liebe erlebt habe und sich daher mit dem Tristan nun ein Werk konzipiert habe, in dem die Liebe von Anfang bis Ende Erfüllung/Sâttigung findet.

    Das hiesse also, dass Konwitschny mit dem Konzept ganz im Sinne des Erfinders liegt. Es gibt ein seliges Happy End, der störende Ehemann wird einfach zum verständnisvollen Gutmenschen erklärt und der Liebestod ist kein Liebestod sondern eine Liebesauferstehung. die särge sind nur Attrappe und das Liebespaar schwebt schon lange weit weg davon in Elysium.


    Dass der Tristan, als er dann endlich aufgeführt, nochmal in eine andere Dreierkonstellation in Wagners Leben hineinreichte, in der von Bülow dann den Marke übernahm, ist schon ein seltsamer Wink des Schicksals.
    Der Tristan des Gottfried von Strassburg stand übrigens in mehfacher Ausführung in Wagners Bibliothek, aber diese Geschichte passte nicht so ganz in das Idealbild einer unteilbaren Liebe und musste sicher auch deshalb viele Änderungen erfahren.


    F.Q.

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Zitat

    Lieber Amfortas, ich fand die Folge-Diskussion eher ungepflegt

    Liebe Fairy
    Ich auch. Und um in Zukunft einen gepflegteren Diskussionsstil überhaupt zu erreichen, hätte ich ganz gerne noch für ein paar Stunden diese Postings im Thread gehabt. Aber egal jetzt...

    Zitat

    Das hiesse also, dass Konwitschny mit dem Konzept ganz imù Sinne des Erfinders liegt. Es gibt ein seliges Happy End, der störende Ehemann wird einfach zum verständnisvollen Gutmenschen erklärt und der Liebestod ist kein Liebestod sondern eine Liebesauferstehung. die särge sind nur Attrappe und das Liebespaar schwebt schon lange weit weg davon in Elysium.

    Bin ich mir noch gar nicht im Klaren darüber, ob das im Sinne des Tristans liegt ?( ?( ?( . In Wagners Tristan wird Vieles rätselhaft in der Schwebe gehalten: Und das sollte Regie deutlich machen. Einerseits der Schlussmonolog Isoldes Totenkult: „unbewusst, höchste Lust“ bedeutet ja, die Auslöschung, die Auflösung der Subjektivität. Andererseits aus einem Tristanmonolog im 3. Akt.

    Wo ich erwacht -
    weilt' ich nicht;
    doch, wo ich weilte,
    das kann ich dir nicht sagen.
    Die Sonne sah ich nicht,
    noch sah ich Land und Leute:
    doch, was ich sah,
    das kann ich dir nicht sagen.
    Ich war,
    wo ich von je gewesen,
    wohin auf je ich geh'
    im weiten Reich
    der Weltennacht.

    ..göttlich .. Urvergessen..

    Das was Tristan erlebt hat, ist anscheinend nur in Negationen ausdrückbar. Aber wenn Tristan vom

    Wie schwand mir seine Ahnung?
    Sehnsücht'ge Mahnung,
    nenn' ich dich,


    singt, dann versucht er ein – in der Tageswelt - flüchtiges, verschwindendendes Substrat zu beschwören. Das ist – nach meiner Meinung - wiederum kein rigoroser Totenkult. Auch keinesfalls die Gleichsetzung von Tod mit absolutem Nichtsein.
    Wichtig – auch orchestral für mich sehr beeindruckend – ist mir diese Passage im 2. Akt, hier wird diese Diskrepanz zwischen Tod und Liebe aufgezeigt:

    Unsre Liebe?
    Tristans Liebe?
    Dein' und mein',
    Isoldes Liebe?
    Welches Todes Streichen
    könnte je sie weichen?
    Stünd' er vor mir,
    der mächt'ge Tod,
    wie er mir Leib
    und Leben bedroht',
    die ich so willig
    der Liebe lasse,
    wie wäre seinen Streichen
    die Liebe selbst zu erreichen?
    immer inniger mit dem Haupt
    sich an Isolde schmiegend
    Stürb' ich nun ihr,
    der so gern ich sterbe,
    wie könnte die Liebe
    mit mir sterben,
    die ewig lebende
    mit mir enden?
    Doch stürbe nie seine Liebe,
    wie stürbe dann Tristan
    seiner Liebe?

    Ich leite daraus Folgendes ab: Der Marke als Gutmenschen (ich mag eigentlich dieses Wort nicht so besonders) das ist zweifellos aus dem Stück raushör- und rauslesbar. Das Happy-End bzw. Die Auferstehung beträfe allerdings höchstens einen eher oberflächlichen Aspekt des Tristans, vielleicht sogar mit satirischem Unterton, (der ist manchmal etwas typisch für Konwitschnys Arbeiten); wäre aber gar nicht abwegig und würde mich bei Wagner überhaupt nicht stören :D , ganz im Gegentum.

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

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