Hilde Zadek - Eine der ganz großen Sopranistinnen
Hilde Zadek wurde am 15.12.1917 in Bromberg im damaligen Posen, geboren,
und wuchs in Stettin auf, hatte jedoch 1935 ihre Heimat, in Richtung Palästina, als Jüdin zu verlassen. Dabei hatte sie das Glück, dass sie ihre Familie auch, dorthin, holen konnte. Sie studierte in Jerusalem Gesang am dortigen Konservatorium.
Sie arbeitete in Jerzusalem als Säuglingsschwester, diesen Beruf übte sie auch 1945 in Zürich aus, wo sie der damalige Direktor der Wiener Staatsoper im Theater an der Wien, hörte, und zwar in Mahlers"Kindertoten-Liedern" und sie nach Wien engagierte,was gar nicht so einfach war.
Wenn ich mich an meine eigenen Opernerinnerungen, damals noch passiv, denke, ist mir aufgefallen, dass meine erste Feldmarschallin, meine erste Donna Anna und meine erste "Fidelio" - Leonore ein und dieselbe Sängerin war: Hilde Zadek.
Sie galt seit ihrem Engagement 1947 alseine der vielseitigsten Künstlerinnen unseres Hauses. Seit ihrem Debüt als Aida, die sie extra für Salmhofer in kürzester Zeit, zuerst in Deutsch, dann innerhalb von zehn Tagen inItalienisch gelernt hatte, mit immerhin so großen Partnern wie Elisabeth Höngen, ihre lebenslange beste Freundin, und GiuseppeTaddei, zählte HildeZadek zu den ersten dramatischen Sopranen der damaligen Zeit. In ihrer 25jährigen Verbundenheit mit der Wiener Staatsoper hat sie nur immer große Rollen ihres Faches gesungen und beeindruckte vor allem durch durch die durchschlagskräftige Wucht ihrerStimme, die im italienischen, aber besonders im deutschen Fach bestens zur Geltung kam.
Hier möchte ich im italienischen Fach zwei deutschsprachige Aufnahmen hervorheben:
und
1950 erfolgte ihre Berufung an das Covend Garden Opera House in London, 1951 an die MET, und auch späterhin hielt sie es so, dass sie ihre Abende zwischen der Wiener Staatsoper und einem anderen Haus teilte. Ihre letzte Partie war die Katharina Ismailowa in der gleichnamigen Oper von Schostakowitsch - ihre "kleinste" Partie in dieses Vierteljahrhundert die Erste Dame in der "Zauberflöte"[gar keine so leichte Partei, hat nur den Anschein es zu sein, ich weiß es aus Erfahrung] - das ist, meine ich, wohl ein einmaliges Zeugnis einer großen Künstlerschaft.
Da die Sänger der Wiener Staatsoper, durch einen Vertrag gebunden waren, an der der Staatsoper angegliederten Volksoper, auch Operette zu singen, konnte man Hilde Zadek, die schon längst österreichische Kammersängerin war, auch da zu bewundern. Ihre Stimmsicherheit brachte eine herrliche Saffi im "Zigeunerbaron"und ein Rosalinde in der "Fledermaus" zustande.
Da ich mit Kammersängerin Hilde Zadek befreundet bin, und diese zum letzten Mal, an ihrem, unglaublichen, neunzigsten Geburtstag, persönlich sprechen konnte, kamen wir natürlich auch auf ihre Lieblingsgestalten zu sprechen, das sind zum einen die "Fidelio" - Leonore, und die Feldmarschallin im "Rosenkavalier". Aufs erste mag dies eine Divergenz bedeuten, doch bedenkt man die große Humanität in diesen beiden Partien, so wird der verbindende Bogen ersichtlich. "Ich glaube, dass in den letzten 30 Jahren die Feldmarschallin viel zu weich und zu sentimental dargestellt wurde" eröffnet Hilde Zadek eine längere, sehr angeregte Diskussion über die wohl diffizilste Strauss - Frauengestalt. Für sie [und das unterscheidet sie von einer Schwarzkopf, Reining etc.] ist die Marie Theres eine durch und durch positive Bühnenperson, die wohl manchmal mit sich selbst und dem Akter kokettiert, jedoch immer eine lebensbejahende Frau bleibt. Sie treibt zwar Octavian ganz bewusst in die Arme Sophies, doch deswegen unberührt, denkt sie ab der Begenung mit dem Polizeikommisar schon an ihr nächstes amouröses Abenteuer.
In den letzten acht Jahren ihrer Sängerkarriere begann für Hilde Zadekauch eine neue künstlerische Aufgabe, die bis zu ihrem Abschied, als Professorin an der Wiener Akademie.
Auf die Frage nach dem Opernnachwuchs, meinte sie abschließend: "Ich glaube fest daran, dass es auch heute noch Talente gibt - ja immer einen guten Nachwuchs, nur die Lehrer sind schlechter geworden...."
Hilde Zadek - das war vorallem in der Nachkriegszeit eine derjenigen Opernprimadonnen, die sich nie in den Mittelpunkt gedrängt hat, sondern immer auf die Qualität ihrer Stimme und ihrer hohen Musikalität bauten - auch ein erstrebenswertes Beispielfürgegenwart und Zukunft.