Oper übersetzt: prima la Verständlichkeit?

  • Zumindest gibts Rosenkavalier als Stummfilm:

    (...) nicht gerade ein Plädoyer für die Unverzichtbarkeit der Sprachverständlichkeit ...

    Nein, im Stummfilm ist die Sprachverständlichkeit nicht unverzichtbar. Gut, dass Du noch einmal darauf hingewiesen hast.

  • Das ist ja ein interessanter Befund! Hast du einen Erklärungsansatz, warum man sich bei einigen Werken für die Übersetzung entschieden hat, bei anderen für die Originalsprache? (einerseits sind es Stücke mit Dialogen, andererseits durchkomponierte zum Beispiel)

    Zuerst glaube ich, dass Operetten noch öfter in Übersetzung gegeben werden. Wie gesagt, habe ich Aufführungen der Fledermaus auf Französisch z.B. gefunden. Was das Weiße Rössl betrifft, sind auch viele der Gesangsnummern auf Französisch bekannt:
    Was kann der Sigismund dafür:
    https://www.youtube.com/watch?v=u5KF-92Opy4
    Das war 2008. Noch einmal die klassische Aufnahme mit besserer Verständlichkeit:
    https://www.youtube.com/watch?v=0IQ4YtYVWok
    ... danach kommen weitere Rössl-Hits ...

    Von Mam'zelle Nitouche habe ich auch eine hinreißende tschechische Verfilmung gesehen.

    Dies hat wohl damit zu tun, dass Sprachwitz ein unabdingbarer Bestandteil des Genres ist. In "Originalsprache" würde einem viel entgehen. Auch wenn Übertitel vorhanden sind.

    Was die Zauberflöte betrifft, so wird sie oft als Singspiel begriffen, das unmittelbar verständlich sein soll. Bergman hat sie auch auf Schwedisch verfilmt.

    Sonst habe ich GA von Il Trovatore, Werther, Faust, Der Freischütz, Boris Godunov ... auf Tschechisch, Rigoletto auf Französisch, La Cenerentola, L'Italiana in Algeri auf Russisch ... aus einer Zeit, wo es eine Selbstverständlichkeit war.

    Sogar Mahlers Lied von der Erde habe ich auf Tschechisch.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Sogar Mahlers Lied von der Erde habe ich auf Tschechisch.

    OT : Kunststück , Karel Sejna dirigierte immer Tschechisch !

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • @Philbert lies meinen Beitrag nochmal genau.

    Gar nicht; meine Erfahrungen sind mit dem slowakischen Sprachgesetz total unkorreliert.Und es besteht sich auf einzelne Werke (Zauberflöte bzw. Fledermaus). Tannhäuser habe ich in Bratislava auf Deutsch, Eugen Onegin in Košice auf Russich erlebt. Dies nach dem Sprachgesetz. Unter anderem.
    Und bevor Du wieder mit Begriffen rumwirfst, die Slowakei ist Bestandteil meines Alltags seit beinahe 30 Jahren.


    Ich sagte indirekt (habe nicht behauptet, dass das Gesetz auf Oper angewendet werden kann) und habe das weiter erklärt. Hier braucht es also niemandem deshalb heiss unter dem Kragen zu werden.

    Da gegen Slowaken und ihre Sprache lange diskriminiert wurde, war der Geist des Gesetzes, der slowakischen Sprache Vorrang und Schutz zu gewären. Ich habe das weder kritisiert noch befürwortet. (Es gibt inzwischen 2 Amendments und diese sorgen wohl dafür, dass das Gesetz nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet.)

    Deshalb könnte es sein, dass man in den ersten Jahrzehnten seit 1993, wenn es nur irgend ging, also zB bei Singspielen, die slowakische Sprache bevorzugt hat. Das meinte ich mit "demselben Geist" und "indirekt".
    Aber es genauso möglich, dass es nichts damit zu tun hat und man sich einfach nur dem Publikum annähern wollte oder immer noch will. Oder dass es im Ostblock so üblich war auf Landessprache zu singen und man es noch hier und da beibehalten hat.

    Natürlich gibt es die Tradition der Volksoper auch in anderen Ländern. Wir haben ja hier auch eine in London.

    Bloss wird in Bratislava, soweit ich das online sehen kann, nichts mehr auf Slowakisch gegeben, ausser wenn es so komponiert war. Wie steht es also um diese Annäherung generell?

    Ich glaube also, nachdem ich die Diskussion hier verfolgt habe, dass Slowakisch wirklich nur einige Werke betrifft, aus den Gründen die @Felix Meritis darstellte.

    @Philbert srpicht ja nun inzwischen auch nur noch von (ich nehme an alten) Aufnahmen und 2 Werken, die er live auf Slowakisch erlebt hat.

  • Stimmt es, dass man also zusammenfassend sagen könnte, dass übersetzen in Landessprache heutzutage

    1. zwar in Volksopern (wieviele gibt es davon eigentlich?)
    aber
    2. ansonsten nur vereinzelt stattfindet und in diesen Fällen bei Musicals, Operetten und zu erwartendem Kinderpublikum.

    Mich würde interessieren wie es im Ostblock gehandhabt wurde. Musste dort auf Landessprache gesungen werden?

  • "Im Ostblock" gab es kaum Aufführungen mit zusammengewürfelten Sängern aus aller Herren Ländern. Deshalb wurde - in den Ländern, von denen ich Kenntnis habe - in der Ländersprache gesungen.
    War ein Gast-Star anwesend, so sang er seine Rolle in der Sprache, in der er sie einstudiert hatte.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Sonst habe ich GA von Il Trovatore, Werther, Faust, Der Freischütz, Boris Godunov ... auf Tschechisch, Rigoletto auf Französisch, La Cenerentola, L'Italiana in Algeri auf Russisch ... aus einer Zeit, wo es eine Selbstverständlichkeit war.

    Unterhaltsamer Thread....
    .. zu Beginn der 90ziger gabs mal in Tel Aviv Freischütz-Produktion in Hebrew-Übersetzunngs-Version... am Pult Gary Bertini ?( Regiesseur kam aus Österreich oder BRD, Name nicht mehr auf Schirm. :(
    .. später - bis zum Corona-Stop - Produktionen in jeweiliger Original-Sprache (oft italienisches Repertoire; auch mal Wozzeck oder Ariadne auf Naxos); vermulich, weil inzwischen Übertitel.(englisch + hebrew) . schwer vorstellbar dass z.B. Hans-Peter Scheidegger bei einem Engagement dort die offizielle Landessprache drauf hatte ..

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • "Im Ostblock" gab es kaum Aufführungen mit zusammengewürfelten Sängern aus aller Herren Ländern. Deshalb wurde - in den Ländern, von denen ich Kenntnis habe - in der Ländersprache gesungen.
    War ein Gast-Star anwesend, so sang er seine Rolle in der Sprache, in der er sie einstudiert hatte.

    Ok, danke - aber bist Du Dir sicher, dass das der Grund war?

    Denn diese Sänger hätten doch Italienisch oder Deutsch genauso lernen oder singen können, wie andere auch?

  • Ja
    (Antwort auf die erste Frage, bevor die zweite reineditiert wurde).
    In Paris hat man auch La Traviata &co auf Französisch gesungen, als man ein französisches Ensemble hatte (was auch Sänger wie Arthur Endrèze, Albert Lance, Giuseppe Lugo oder Joseph Rogatchewsky mit einbezog, die aus anderen Ländern kamen und Karriere in Frankreich gemacht haben, wobei sie französisch sangen.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • da fällt mir ein Beispiel aus dem Raritätenschatz ein:

    https://www.youtube.com/watch?v=JG4UG78mll8

    Schumanns Genoveva in italienischer Sprache - es war die erste Gesamtaufnahme der Oper auf Schallpl. überhaupt (1961).

    Vielleicht gar kein schlechtes Beispiel, um über die Relevanz des Sprachklangs in der Oper zu meditieren. Ich goutiere das ...

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ok, danke - aber bist Du Dir sicher, dass das der Grund war?
    Denn diese Sänger hätten doch Italienisch oder Deutsch genauso lernen oder singen können, wie andere auch?

    Ja

    Ich glaube unsere Posts haben sich überschnitten. Ich hatte noch etwas ergänzt. Schau nochmal hin, bitte.
    Mich überzeugt das nicht. Diese Sänger sind doch manchmal dann in anderen Häusern im Westen engagiert worden und haben dann ohne Probleme auf Originalsprache gesungen, oder war das nach der allgemeinen Wende erst?

  • @zabki
    Es gibt auch ein sehr schönes Alfonso und Estrella auf Italienisch.
    Damit wird klar, wieviel Schubert von der italienischer Opernstruktur und dem italienischen Szenenaufbau übernommen hat.
    Dazu ist es ein Fall, wo der Librettist (Franz von Schober) ein heilloser Amateur war, so dass eine Profi-Übersetzung besser ist als der Originaltext, der tatsächlich -einmal ist keinmal- nicht besonders vorteilhaft ist.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ja
    (Antwort auf die erste Frage, bevor die zweite reineditiert wurde).
    In Paris hat man auch La Traviata &co auf Französisch gesungen, als man ein französisches Ensemble hatte (was auch Sänger wie Arthur Endrèze, Albert Lance, Giuseppe di Lugo oder Joseph Rogatchewsky mit einbezog, die aus anderen Ländern kamen und Karriere in Frankreich gemacht haben, wobei sie französisch sangen.

    Meinst Du an der Comique in Paris?

  • Auch in der Opéra Garnier, wie sie heute heißt.
    Albert Lance war Mitglied des Ensembles, bis es 1973 von Rolf Liebermann aufgelöst wurde...
    Diese ASIN: B01DZ41RYA bringt Dich zu 3 CD von Verdi auf Französisch, eine ganze Menge davon mit den Kräften des Théâtre National de l'Opéra.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Das sagt doch nur das gleiche, was wir hier seit 18 Seiten feststellen: Früher hat man viel in Landessprache gesungen und aufgeführt, in allen europäischen Ländern, im Westen wie im Süden wie im Osten, heute ist das nicht mehr so üblich.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Hier 1669 King Louis of France zur Gründung von Opernhäusern und Opernbetrieb:

    https://www.operadeparis.fr/en/magazine/350-years/chronology


    “….if it pleases us to grant him Permission to establish in our Kingdom such Academies, to sing publicly therein similar Operas and Performances in Music in the French language, ….”

    Seitdem wurde dort nur auf Französisch gesungen. (Und es war wohl ähnlich in anderen Ländern, jeweils mit der eigenen Sprache.) Man weiss ja, wie schwieirg es für ausländische Komponisten war in Paris Fuss zu fassen. Was Philbert über übersetzten Verdi in Paris sagte ist mE letzter Ausläufer dieser Tradition (und erster Versuch sich dem neuen, sehr interessanten, aber eben nicht-französischen Opernrepertoire anzupassen). Wie hier im Thread ganz am Anfang schon mit anderen Worten gesagt wurde:

    Wir kehren einfach zurück zu Praxis des 19. Jhs., hauptsächlich nur solche Opern zu spielen, die von Haus aus in Landessprache geschrieben wurden.


    Man fand sich nun am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf einmal mit tollen Verdi- und Wagner Opern, die man gerne spielen wollte, aber in der Tradition gefangen alles auf Französisch machen zu wollen, wenn nicht sogar zu müssen (siehe oben). Gemessen an der Masse von Original französischen Opern die dort drei Jahrhunderte lang gespielt wurden, war das wahrscheinlich eher wenig. Aber es war ein Zeichen, dass sich die Situation langsam auflockerte.

    In London war es insgesamt etwas entspannter. (Hier gibt es ja die Tendenz eine Gesetzeslage einfach zu ignorieren, wenn sie einem nicht ins praktische Konzept passt :D .) Man sollte hier ja eigentlich auch alles nur auf Englisch spielen, aber schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es ernstzunehmende Oper (nur?) auf Italienisch, sogar solche, die im Original auf Englisch, Franz oder Deutsch war. Als dann Verdi und Wagner "ankamen", hatte man sich deshalb schon dem Englischen entwöhnt, und es gab wohl ab so etwa 1890 eine Mischung aus Englisch und anderen Sprachen.

    Nach dem 2. Weltkrieg lies sich diese landessprachliche Tradition im Westen nicht mehr halten, da die Sänger wie die Dirigenten zu Jetsettern wurden. Man wollte überall nur die Besten in ihrer Rolle haben und diese hatten keine Lust mehr, die Rolle ständig umzulernen. Es kam nun durch die sehr hohen sängerischen Ansprüche der Verdi- und Wagenrschinken auch bald zu einer Spezialisierung auf bestimmte Rollen. Eine gute Isolde oder Brünnhilde ist eine Rarität, und man will sie überall haben, von Tokyo bis Montreal, einmal un den Globus rum. Das kann man nicht in allen Sprachen, sondern man lernt die Rolle in einer Sprache, und wenn das jemandem nicht passt, dann singt man dort nicht, denn man ist so berühmt, dass man sich das leisten kann. Es ga aber hier anfangs auch Ausnahmen, die sich aber nicht lange hielten.
    Bei Aufnahmen war es natürlich ähnlich. Man konnte die besten Ensembles zusammenwürfeln, egal woher die einzelnen Sänger kamen. Originalsprache war eben das Ticket zur internationalen Karriere.
    Das wurde hier am Anfang des Threads auch schon gesagt:


    Denkt doch bitte mal an die Sänger. Stellen wir uns vor, die machen eine Tournee, von Lissabon über Madrid, Paris, Mailand, Wien, Budapest, Prag, Warschau, Moskau, Helsinki, Stockholm, Kopenhagen, Oslo und Amsterdam nach London, und anschließend geben sie noch ein Gastspiel in Tokyo und Seoul. So, und jetzt sollen sie in jeder dieser Städte in LANDESSPRACHE singen....

    Oder denkt doch mal an die Medienkonzerne. Die machen dann vom selben Werk eine Einspielung in portugisisch, spanisch, französisch, italienisch, deutsch, ungarisch, tschechisch, polnisch, russisch, finnisch, schwedisch, norwegisch, dänisch, niederländisch, englisch, japanisch und koreanisch? Jeweils Nur für den regionalen Markt?


    In London gab es nach dem Krieg noch Versuche, aber man gab es dann irgendwann auf, weil das Haus mit Englisch auf Dauer nicht zu füllen war.

    Ich glaube deshalb, dass die Tendenz weg von Übersetzung in Landessprache einfach im Zuge der Globalisierung geschah. Man kann auch deshalb mE nicht mehr davon sprechen, dass Übersetzung in Landessprache heutzutage in der Aufführungspraxis noch gewöhnlich sei, ausser in Volskopern, bei Operetten und eben der Zauberflöte.

    Was mich interessieren würde:

    Wie war es denn eigentlich in Ost-Berlin von 1950-1990?
    Komische nur auf Deutsch. Aber Unter den Linden? Was hat man da gemacht?

  • Wie war es denn eigentlich in Ost-Berlin von 1950-1990?
    Komische nur auf Deutsch. Aber Unter den Linden? Was hat man da gemacht?

    Da spielt aber auch wieder der Zeit-Apekt eine Rolle: In der Zeit, in der die DDR existierte, war es überall in Europa und auch in Westdeutschland üblich, in Übersetzungen in die Landessprache zu spielen - oder zumindest üblicher als es das heute ist.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Man weiss ja, wie schwieirg es für ausländische Komponisten war in Paris Fuss zu fassen.

    Deswegen sind Komponisten, die die Geschichte der französischen Oper geprägt haben, u.a. Namen wie Gluck, Sacchini, Paer, Cherubini, Spontini, Rossini, Meyerbeer, Verdi ...
    Es hat sogar mit Gianbattista Lulli, aka Jean-Baptiste Lully, angefangen.

    Es war schwierig, für Wagner in Paris Fuß zu fassen, aber das hat eher mit Wagner zu tun.

    Man fand sich nun am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf einmal mit tollen Verdi- und Wagner Opern, die man gerne spielen wollte, aber in der Tradition gefangen alles auf Französisch machen zu wollen, wenn nicht sogar zu müssen (siehe oben). Gemessen an der Masse von Original französischen Opern die dort drei Jahrhunderte lang gespielt wurden, war das wahrscheinlich eher wenig. Aber es war ein Zeichen, dass sich die Situation langsam auflockerte.

    Das war nicht nur Ende des 19ten Jht und nicht nur in Paris so.
    Die französischen Opern Cherubinis und Spontinis wurden in Italien auf Italienisch gesungen. Als Spontini nach Berlin zog, hat er auf Deutsch komponiert, bzw. deutsche Versionen seiner Opern gemacht. So hat man von Fernand Cortez und Olympie deutsche Versionen von Spontini selber. Agnes von Hohenstaufen wurde für Berlin komponiert; in Italien wurde sie als Agnese di Hohenstaufen aufgeführt - vielleicht heute noch; ich habe eine Aufnahme auf Italienisch von 1970 mit Montserrat Caballé, Antonietta Stella, Sesto Bruscantini ... Muti dirigiert.
    Rossinis Opern wurden auf Wien auf Deutsch aufgeführt. Als die Truppe des San Carlo eine Gast-Tournée in Wien machte, selbstverständlich auf Italienisch.

    Meyerbeer wurde in Italien auf Italienisch: Roberto il Diavolo, gli Ugonotti, etc ... in deutschen Ländern auf Deutsch aufgeführt.

    In Paris gab es im 19ten Jht das Théâtre des Italiens, wo Opern auf Italienisch aufgeführt waren, aber das Prestige-Haus war eben die Opéra und dort wurde französisch gesungen. Und zwar auch Opern, die nicht für dieses Theater komponiert worden waren, in Übersetzung.

    Deshalb war Verdi auf Französisch keineswegs

    erster Versuch sich dem neuen, sehr interessanten, aber eben nicht-französischen Opernrepertoire anzupassen

    sondern übliche Praxis.1825 wurde bereits z.B. Rossinis Sémiramis in Paris aufgeführt. Webers Freischütz wurde in Paris zuerst 1824 (als Robin des Bois) auf Französisch, dann 1829 auf Deutsch beim Gastspiel einer deutschen Truppe im Théâtre des Italiens, ab 1841 als Le Freyschütz in einer von Berlioz mit Rezitativen und Ballett ergänzten Fassung gespielt. Mozarts Don Juan oder Les Noces de Figaro waren immer im Répertoire. Man hatte lange vor Verdi und Wagner nicht-französische Opern auf dem Spielplan.

    Aber wie gesagt, war es auf dem Kontinent normale Praxis. Als Donizetti 1845 für Wien sein Dom Sébastien, roi de Portugal bearbeitete, wurde es zum Dom Sebastian, König von Portugal - selbstverständlich sprechen die Italiener von Don Sebastiano, re di Portogallo. Schon Gluck hatte aus Iphigénie en Tauride für Wien Iphigenie auf Tauris gemacht.
    Wie schon erwähnt fand die Uraufführung von Massenets Werther in Wien in einer Übersetzung von Max Kalbeck statt.

    Man konnte die besten Ensembles zusammenwürfeln, egal woher die einzelnen Sänger kamen. Originalsprache war eben das Ticket zur internationalen Karriere.

    Diese Tendenz startete ugf. in den 60er Jahren - nicht von heute auf morgen, selbstverständlich. Wie gesagt, wurde das Ensemble der Pariser Oper 1973 aufgelöst. Die "großen Häuser" übernahmen die Politik des "permanenten Festivals" (das Wort ist von Rolf Liebermann) mit Stars aus Überall. Deshalb war die "Originalsprache" nicht nur Suche nach Authentizität (das gab's auch, es war auch der Anfang der HIP-Bewegung), aber in erster Linie ein gemeinsamer Nenner.
    Deshalb stört sich kaum einer auf ein Don Carlo oder eine La Favorita auf Italienisch, obwohl in beiden Fällen die Übersetzung schlecht bis katastrophal ist. Aber alle machen mit. Und Placido Domingo, Birgit Nilsson & Co nehmen Webers Oberon auf Deutsch auf ...es war wohl für alle eine Rollen-Premiere und sie hätten genausogut das originale Englisch lernen können, aber die DGG hatte wohl das deutsche Publikum zuerst im Visier.

    Im ehemaligen Ostblock, wo man nicht so frei reisen konnte, haben sich die nationalen Ensembles länger gehalten. Und mit ihnen die Aufführungen in Ländersprache.
    Jetzt nimmt man auch dort, oft aus wirtschaftlichen Gründen, Zuflucht auf "Billigware aus dem Osten" (das unschöne Wort ist nicht von mir, sondern von Dagmar Pecková) und singt in "Originalsprache". Prestige-Häuser wie das Prager Nationaltheater haben auch das Star-System eingeführt.

    In London gab es nach dem Krieg noch Versuche, aber man gab es dann irgendwann auf, weil das Haus mit Englisch auf Dauer nicht zu füllen war.

    Die English National Opera füllt man auch mit Aufführungen auf Englisch. Dort habe ich The Barber of Seville erlebt. Chandos hat auch eine Reihe von opera in English Aufnahmen.

    Alles, wie immer, IMHO.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!